Schwarzer Kokon. Matthias Kluger
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Schwarzer Kokon - Matthias Kluger страница 8
Im Bruchteil einer Sekunde und ohne jegliche Vorwarnung schlug die Lederjacke zu. Marc konnte seinen Kopf noch leicht zur Seite bewegen, doch die Faust des Angreifers traf ihn am rechten Wangenknochen. Er spürte den Schmerz, taumelte und wäre gefallen, hätte Patrick, hinter ihm stehend, ihn nicht gehalten. Blitzschnell duckte sich Marc, schnellte wie ein Puma vor, seinen Kopf in den Bauch des überraschten Angreifers rammend. Die umherstehende Menge stob lauthals auseinander, während einige Gläser klirrend zu Bruch gingen. Prustend flogen beide zu Boden, als Marc auf seinem Gegner landete. Noch ehe sich die Lederjacke vom Gewicht Marcs Körpers befreien konnte, schlug dieser ihm mitten ins Gesicht. In seiner Faust spürte er das Knacken der Nasenknochen. Blut spritzte, wodurch sein Rivale derart benommen war, dass er mit beiden Händen sein Gesicht vor weiteren Schlägen zu schützen suchte.
Heftiger Schmerz durchfuhr nun Marcs Rücken, da der zweite Randalierer zu einem Queue gegriffen, diesen, mit heftigem Schwung ausholend, krachend auf Marc niederschlug.
Abel stand zu weit abseits, um eingreifen zu können, und auch Patricks Reaktion war zu langsam gewesen. Nun aber reagierte Patrick mit einem Hieb in die Nieren des Angreifers. Sofort war Marc wieder auf seinen Beinen und ging prügelnd auf diesen los. Beide, Marc und Patrick, hatten ihn in der Mangel. Er war chancenlos.
Das Ganze hatte sich innerhalb weniger Minuten abgespielt und wäre als Schlägerei in einer Bar nicht weiter erwähnenswert gewesen – hätten nicht zwei Polizisten der USCP (United States Capitol Police) an einem der hinteren Tische im Barbereich ein verspätetes Frühstück zu sich genommen. Vom Krach des Hinterzimmers aufgeschreckt, eilten sie durch die Schwenktür, an der noch wie angewurzelt die zwei Mädchen standen. Die Polizisten sahen den am Boden Liegenden mit blutender Nase sowie Marc, der gerade seinem Gegenüber in den Magen boxte. Einer der Cops packte Marc von hinten und drehte ihm, im geübten, schon hundertmal erprobten Griff, den rechten Arm auf dessen Rücken. Der Polizist zog Marc in leichte Rückenlage. Zwar sah Marc nicht, wer hinter ihm stand, doch dessen Partner in schwarzer Polizeiuniform. Der Blondschopf leistete daher keinen weiteren Widerstand, als der Polizist am Hosenbund zu Handschellen griff und sich diese um Marcs Handgelenke am Rücken schlossen.
Der zweite Cop beugte sich über den Verletzten, zog ihn helfend auf die Beine, während dieser schmerzverzerrt seine gebrochene Nase hielt: »So ein Schwein, so ein besoffenes Schwein.« Blut und Speichel spritzten bei seinen Worten. Anscheinend hatte auch seine Oberlippe eine Platzwunde; er sah blutverschmiert zu Marc, während auch bei ihm die Handschellen klickten.
»Ihr beiden kommt mit aufs Revier und ihr anderen«, der Blick des Officers wanderte erst zum zweiten Lederjackenträger, danach zu Patrick, »haltet die Füße still, ist das klar?!«
Beide Raufbolde stolperten, fest im Griff der Cops, an den beiden Mädchen vorbei durch die Schwenktüre.
Auf dem Parkplatz vor der Bar wurden sie unsanft in einen weißen Polizeiwagen, Ford Crown Victoria mit blauen Streifen und orangefarbener Aufschrift POLICE, verfrachtet. Immer noch in Handschellen saßen sie hinten im Wagen, während die beiden Cops vorne Platz nahmen. Der Polizist auf der Beifahrerseite drehte sich um und Marc erkannte dessen dunklen Oberlippenbart durch das Gitter, welches den Fond des Wagens zu ihm trennte.
»Mach mir bloß keine Scheißflecken aufs Polster.« Grimmig blickte der Cop ins Gesicht des Blutenden, anschließend wandte er sich an seinen Kollegen am Steuer: »Lass uns den zuerst ins Foggy fahren.«
Foggy war das nahe gelegene George Washington University Hospital in der 23rd NW im Stadtviertel Foggy Bottom. Sie fuhren los Richtung Pennsylvania Avenue und erreichten nach knapp zehn Minuten die Klinik. Der Bärtige öffnete die hintere Tür, zog Marcs Widersacher, mit seinen Händen an Kopf und Schulter, aus dem Wagen und verschwand mit ihm durch den Haupteingang. Derweil wurde im Streifenwagen nicht gesprochen, sodass Marc dem Polizeifunk, der rauschend wie knackend irgendwelche Informationen einer weit entfernten weiblichen Stimme von sich gab, lauschte.
Nach fünfzehn Minuten kam der Polizist zurück in den Wagen und sie setzten ihre Fahrt in Richtung 119th über die Virginia Avenue fort. In der Nähe des Supreme Courts parkten sie direkt vor dem Eingang des Gebäudes der United States Capitol Police. Am Rücken gefesselt, führten sie Marc wie einen Schwerverbrecher die breiten Steinstufen hinauf ins Innere des Gebäudes. Sie durchschritten die große, hohe Eingangshalle, in der durch reges Treiben an Polizisten und Zivilpersonen ein hoher Geräuschpegel herrschte. An einer Theke, hinter der ein Kaugummi kauernder Cop mit schütterem Haar und geschätzten hundertzwanzig Kilogramm Körpergewicht schon auf sie zu warten schien, machten sie halt.
»Was haben wir?«, fragte dieser gelangweilt.
Der Schnauzbart in schwarzer Uniform erklärte kurz: »Schlägerei im Marie Inn. Den anderen haben wir ins Foggy gebracht. Der Typ hier hat ihm die Nase zu Brei geschlagen.«
»Name, Adresse?«, wollte der Dicke monoton wissen, ohne den Blick von seinem alten IBM-Monitor abzuwenden.
»Marc Haskins«, antwortete Marc und gab seine Adresse Nähe Upper Northwest an.
Erstmals sah der speckig wirkende Cop vom Bildschirm auf, blickte Marc mit seinen Fettaugen an und pfiff durch die Zähne. »Marc Haskins, der Sohn von Fredrik Haskins?«
Marc nickte bejahend.
»Na, das ist ja mal ein Fang!« Er grinste und pfiff erneut durch seine Zahnlücke.
Fredrik Haskins stand hinter seinem Schreibtisch des Homeoffice im Gespräch mit zwei in dunklen Anzügen gekleideten Herren, die es sich in schweren Ledersesseln vor seinem Tisch bequem gemacht hatten. Einer der beiden, mit grau meliertem Haar, war wie Haskins Senator der Republikanischen Partei, der andere sein persönlicher Assistent.
Durch das Läuten des Telefons wurde das Gespräch unterbrochen und Haskins hob mit kurzem entschuldigendem Wink den Hörer ab. »Fred Haskins«, sagte er in die Hörermuschel und lauschte.
Sowohl der Senator als auch sein Assistent sahen Fredrik teilnahmslos an. Dieser wandte ihnen den Rücken zu, nickte mehrmals in den Hörer.
»Okay, ich werde mich persönlich darum kümmern. Bitte geben Sie mir kurz Zeit, ich melde mich gleich wieder.« Er notierte sich eine Rufnummer, dann legte er auf. »Bitte entschuldige, Frank«, wandte sich Haskins an den Senator. »Ich muss unser Gespräch leider vertagen. Wir könnten es doch später im Club weiterführen!« Dies war weniger eine Frage als eine Aufforderung an den Senator.
»Klar, ist kein Problem, Fred. Wir sind so gegen 13 Uhr im Club.« Senator Frank Brown nickte zustimmend erst Fredrik, danach seinem Assistenten zu.
Nachdem beide gegangen waren, blickte Haskins abermals, nun rot vor Zorn, aus dem Fenster in Richtung United States Capitol, dessen Gelände und imposanten Bau er aus seiner Wohnung in der New Jersey Avenue sehen konnte.
»So ein Scheißkerl.« Fluchend überlegte er, was als Erstes zu unternehmen sei. Er hob den Hörer und wählte die Nummer von Michael Thomson, seinem Anwalt und Jugendfreund. Von Thomsons Sekretärin erfuhr Fredrik, dass dieser bei Gericht und erst wieder gegen 14 Uhr erreichbar sein würde.
Jetzt wählte er die vorhin auf dem Notizzettel notierte Nummer, wartete ein langes Läuten ab, bis sich am anderen Ende jemand meldete. »Haskins hier, Senator Haskins. Sie haben mich vorhin angerufen. Es geht um meinen Sohn Marc Haskins.«
»Ah, Senator, ja, wir hatten vorhin schon das Vergnügen.« Haskins gewann den Eindruck, dass, neben dem schmatzenden Geräusch eines Kaugummis, Sarkasmus