Der Tanz des Mörders. Miriam Rademacher

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Der Tanz des Mörders - Miriam Rademacher

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er würde sich hüten, jetzt Jaspers Partei zu ergreifen. Stattdessen würde er die beiden jetzt sich selbst überlassen, umso schneller würde er in seinem Zimmer ankommen. Er zahlte, winkte den beiden, zwischen denen eine Diskussion über Wahrheit und Höflichkeit entbrannt war, noch kurz zu und trat hinaus auf die Straße. Feiner Nieselregen fiel aus einer dichten grauen Wolkendecke auf ihn herab. Heute würde es nicht mehr aufklaren. Der perfekte Tag für ein gutes Buch.

      Hustle

      Eins führt zum Anderen

      In seinem Zimmer herrschte aufgrund des trüben Tages bereits leichtes Dämmerlicht. Colin schaltete die altmodische Stehlampe mit dem Messingfuß und dem an Elefantenhaut erinnernden Lampenschirm an und lächelte beim Anblick des in goldenes Licht getauchten Raumes.

      Colin liebte dieses Zimmer. Er liebte das großformatige Motiv der Tapete aus den frühen Siebzigern, die altmodischen Ohrensessel mit ihrem ockerfarbenen Samtbezug und das klobige Bett mit dem aufwändig geschnitzten Kopfende. Jedes Möbelstück hier drinnen hatte seinen eigenen Charakter, seine Geschichte. Keine dieser Geschichten war abendfüllend oder würde die Welt verändern, aber sie alle hier drinnen in diesem warmen Licht anzutreffen, gab dem Raum Charakter und machte ihn liebenswert.

      Colin ging in die winzige Kochnische und stellte den Wasserkessel auf eine der beiden Elektroplatten. Lange bevor das Wasser kochte, nahm er den Kessel herunter und füllte den Großteil seines Inhalts in seine Wärmflasche. Den Rest des Wassers ließ er weiter kochen. Es war der perfekte Tag für heißen Tee.

      Nebenan wurde ebenfalls das Wasser aufgedreht. Seine Nachbarin bereitete ihr allabendliches Bad vor. Colin sah auf die Uhr. Es war gerade erst Nachmittag. Doch auch seine Nachbarin schien beschlossen zu haben, dass der heutige Tag früher in den Abend übergehen durfte als üblich. Colin hörte das Wasser in den Rohren gluckern, untermalt von einem fröhlichen Summen. Er seufzte, denn er wusste, dass es gleich in enthusiastisches Singen übergehen würde. Und da kam es auch schon. Diesmal kein Chanson. Es war The Ballad of Bonnie und Clyde. Großartig. Jetzt verhunzte sie mal eben rasch eine seiner Lieblingsballaden. Einen wundervollen und ausdrucksstarken Slow Foxtrott. Er würde doch mal ein ernstes Gespräch mit ihr führen müssen. Eines, das über Guten Tag und Guten Abend hinausging.

      Der Wasserkessel pfiff. Colin goss Tee auf einen Teebeutel, trug Tasse, Wärmflasche und einen angefangenen Roman zum Ohrensessel hinüber und machte es sich so bequem wie es eben ging. Sein Rücken reagierte freundlich auf die wohlige Wärme, und in der folgenden Stunde gelang es Colin, sich trotz der schauerlichen Sangesdarbietung aus dem Badezimmer auf sein Buch zu konzentrieren.

      Laute Stimmen auf dem Flur vor seiner Zimmertür weckten ihn. Er musste eingenickt sein. Ein Blick zum Fenster verriet ihm, dass es mittlerweile wirklich Abend geworden war. Der Gesang nebenan war verstummt.

      Colin lauschte und versuchte gleichzeitig, wieder in die Realität zurückzufinden. War etwas geschehen? Warum wurde nebenan nicht mehr gesungen?

      Eine unschöne Vision von einer nackten Frauenleiche mit einem Bratenthermometer im Ohr inmitten knisternden Badeschaums, der sich stellenweise dezent rot färbte, trieb ihn aus dem Sessel. Kaum war er in der Senkrechten angekommen, schalt er sich selbst einen Idioten. Zwei Morde bedeuteten nicht zwangsläufig eine ganze Serie von Morden. Er hielt inne und lauschte erneut. Mit einer gewissen Erleichterung erkannte er draußen vor der Tür die Stimme seiner Zimmernachbarin.

      »Aber er ist doch wirklich so niedlich. Schauen Sie doch nur! Diese lustigen Öhrchen!«

      Öhrchen? Colin stutzte.

      »Die Öhrchen sind mir völlig egal! Es ist nicht erlaubt und dabei bleibt es.« Das war zweifellos die Stimme seiner Vermieterin gewesen. Mrs Grey schien ernsthaft erbost.

      »Wenn es aber doch ein Notfall ist. Wo soll der Kleine denn sonst hin? Meine Haushälterin verbietet mir, mehr als einen bei mir aufzunehmen. Haben Sie doch ein Herz für die arme Waise, Mrs Grey.« Colin riss überrascht den Mund auf, als er die dritte Stimme erkannte. Jasper? Was tat Jasper in seiner Pension?

      Mit drei schnellen Schritten war Colin an der Zimmertür und riss sie auf. Vor ihm auf dem Treppenabsatz standen drei Personen. Doch vier Augenpaare sahen ihn an. Jasper fröhlich, Mrs Grey äußerst verärgert und die Dame im Frotteebademantel aus dem anderen Zimmer sichtlich amüsiert. Das vierte Augenpaar gehörte einem karamellfarbenen Cockerspaniel auf Jaspers Arm.

      »Mr Duffot. Sagen Sie Ihrem Freund, dass das nicht geht. Ich dulde keine Hunde in den Zimmern meiner Mieter!«

      Colin glaubte, die Situation erfasst zu haben. Er schenkte Mrs Grey ein Lächeln von ganz besonderer Qualität. »Das verstehe ich natürlich, Mrs Grey. Ich würde doch auch keinen Hund wollen. Ich denke nur, da es sich um ein vorrübergehendes Ereignis handelt, können wir beide ja großzügig sein.« Er kam sich recht geschickt vor und strahlte in die Runde.

      Doch sein Lächeln erstarb, als Mrs Grey antwortete. »Wieso vorrübergehend? Wollen Sie etwa ausziehen?«

      »Ähm. Nein. Aber der Hund ist doch nur ein Gast. Wenn der Pfarrer geht, wird er den Hund wieder mitnehmen.«

      »Mitnichten«, mischte sich Jasper ein, und drückte dem völlig überraschten Colin den glücklich sabbernden Cocker in den Arm. »Das ist Huey. Er gehört jetzt dir. Ich habe Dewey bei mir im Pfarrhaus, und Louie habe ich soeben bei Norma abgegeben. Wo sollen die armen Tiere denn sonst hin, jetzt, wo Mrs Summers tot ist?«

      Trotz der feuchtwarmen Hundezunge, die ihm durchs Gesicht fuhr, wurde Colin kalt. Das konnte doch unmöglich Jaspers Ernst sein.

      »Komm schon, Colin. Du hast heute Abend gegen mich verloren und wir hatten noch gar keinen Einsatz ausgemacht. Nun, ich habe den Fehler nachträglich korrigiert. Huey war der Einsatz und du hast ihn gewonnen.«

      »Ich habe doch verloren!«

      »Eben.«

      Colin fühlte instinktiv, dass es dieser Antwort an Logik mangelte. Er versuchte es auf einem anderen Wege. »Selbst wenn ich wollte, Mrs Grey ist dagegen. Das musst du akzeptieren.«

      »Ach kommen Sie schon, Mrs Grey«, verlegte Jasper sich nun aufs Betteln und fand auch gleich Unterstützung in Form der Badewannendiva.

      Beide sahen die zierliche Witwe so flehend an, dass diese verunsichert murmelte: »Aber er will den Hund doch gar nicht.«

      »Siehst du, Colin? Es liegt doch nur an dir«, rief Jasper triumphierend und wandte sich zu ihm um.

      Colin unterdrückte einen Fluch. »Vielen Dank, Mrs Grey. Ich hätte nicht gedacht, dass sie mir in den Rücken fallen. Gut, bleibt der Hund eben hier, aber Sie, junge Dame«, er deutete mit dem Finger auf seine amüsierte Mitbewohnerin, »Sie gehen morgens die erste Runde mit ihm. Mal sehen, wie süß sie ihn an einem windigen Regentag noch finden.« Den Hund auf dem Arm trat Colin den Rückzug an und ließ Mrs Grey und die andere Frau einfach stehen. Jasper machte jedoch einen unerwarteten Hopser über seine Türschwelle und lud sich damit selbst ein. Netterweise übernahm er auch das Schließen der Tür.

      »Das hast du großartig gemacht, Colin. Du bist auch noch ein echter Stratege, Hut ab.«

      »Ich? Das bist du gewesen und das weißt du ganz genau! Was sind das überhaupt für alberne Namen, Huey, Dewey und Louie? Du willst mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass eine Frau wie Mrs Summers ihre

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