Das Lebende Universum. Duane Elgin
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Eine persönliche Perspektive
Um diesen Fragen eine persönlichere Perspektive zu verleihen, möchte ich ein paar Erfahrungen mit Ihnen teilen, die sich wie goldene Fäden durch den Wandteppich ziehen, aus dem mein Leben gewebt ist. Seit ich in den 1940er und 1950er Jahren auf einer Farm in Idaho aufwuchs, interessiere ich mich leidenschaftlich für den Bezug zum Wunder des Lebens. Ich war eine Frühgeburt. Meine Mutter war Krankenschwester, mein Vater Farmer. Wir lebten mit meinem Bruder, zwei Hunden, einem halben Dutzend Katzen und verschiedenen Farmtieren auf dem Land – genauer gesagt, ein paar Meilen außerhalb eines kleinen Dorfs mit ungefähr fünfhundert Einwohnern. Ich wuchs in Idaho, dem Land mit dem großen Himmel, auf und empfand mich als ein kleines Wesen in einer riesigen Landschaft. Da ich auf dem Hof arbeitete, bis ich Anfang Zwanzig war, bin ich mit dem Land fest verwurzelt und empfinde meine Identität als Farmer genauso stark wie die als Akademiker, Dozent oder Aktivist.
Zu meinen frühesten Erinnerungen zählen die Momente, in denen ich auf dem Boden des Wohnzimmers lag und zusah, wie das Sonnenlicht durchs Fenster schien und über den Teppich wanderte, während die goldenen Strahlen den Raum mit einer lebenden Präsenz und wohltuenden Lebendigkeit erfüllten. Als junger Mann bescherte mir das Farmleben das Geschenk tiefer Stille in einer Umgebung voller subtiler Pracht, die sich regelmäßig zeigte: der Duft frischen Heus, der Geruch trockener Erde nach einem kurzen Sommerregen, der Sonnenuntergang hinter den Bergen in der Ferne. Wenn ich allein war, legte ich mich manchmal in eine Bodenfurche, um die Erde und das Meer aus blühenden Erntefrüchten zu erleben. Ich erinnere mich daran, wie ich mich in ein Salatfeld gelegt habe und von seinen üppigen Blättern fast völlig zugedeckt wurde, und wie ich die summende Lebendigkeit der Erde, der Wiesen und des Himmels über mir aufsog. Felder zu bewässern, Apfelbäume zu beschneiden, Farmtiere zu versorgen – all das waren regelmäßige Einladungen, das Naturwunder strahlender Lebendigkeit zu feiern. Wie Wasser, das in einen trockenen Schwamm einzieht, wurde ich über viele Jahreszeiten hinweg von einer namenlosen und doch greifbaren Präsenz durchdrungen.
Mit Anfang Zwanzig zog ich in die Großstadt, wo ich ein starkes Trennungsgefühl von der vertrauten Lebendigkeit meiner Jahre auf der Farm spürte. 1971 arbeitete ich als leitendes Mitglied des Stabs einer Präsidentschafts- und Kongresskommission, die sich mit der Zukunft Amerikas beschäftigte. Gedanken über die Lebendigkeit der Natur wurden nebensächlich, als wir uns auf die nächsten dreißig Jahre und Probleme wie Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und Mangel an lebensnotwendigen Ressourcen wie zum Beispiel Wasser konzentrierten. Auch wenn ich in meinem Inneren immer noch ein lebendiges Universum spürte, schienen diese Intuitionen in der intensiven Welt der Politik eine weichliche Sensibilität zu sein, die ich zu ignorieren hatte. Dennoch befand ich mich in einem Konflikt. Hatte ich mir die lebendige Präsenz nur eingebildet, die ich auf der Farm in Idaho erlebt hatte? Oder durchdrang diese unsichtbare Lebendigkeit sogar die harsche Welt der Politik in Washington? Wie wichtig konnte etwas sein, das kaum greifbar und zugleich so reich an gefühlter Erfahrung war?
Nach zwei Jahren in Washington war ich von der Machtpolitik desillusioniert und wollte etwas ganz Neues machen. Ich zog mit meiner Familie in die Bucht von San Francisco und fing an, mit einem kleinen Team aus erfahrenen Forschern in der »Futures Group« von SRI International, einer der größten Denkfabriken der Welt, zusammenzuarbeiten. Für die nächsten fünf Jahre untersuchten wir die langfristige Zukunft von Regierungsbehörden und Unternehmen. In dieser Zeit schrieb ich zusammen mit einem kleinen Team, zu dem auch der berühmte wissenschaftliche Forscher Joseph Campbell gehörte, das Buch Changing Images of Man (Die Kraft der Mythen: Bilder der Seele im Leben des Menschen, Artemis, 1994). Wir erforschten archetypische Bilder, die die Familie der Menschheit wie Lichtstrahlen in die Zukunft weisen. Ein zweites Projekt umfasste eine einjährige Studie zu den globalen Zukunftsproblemen des wissenschaftlichen Präsidentschaftsrats. In einem weiteren Projekt für die amerikanische Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency) blickten wir fünfundzwanzig Jahre weiter und projizierten eine Reihe alternativer Szenarien und ihrer jeweiligen Bedeutungen für die Umweltschutzpolitik der USA. All diese Forschungen machten mir deutlich bewusst, dass unsere Welt auf ein Zeitalter profunder Veränderungen unserer irdischen Lebensweise und wie wir das Universum, uns selbst und die Reise der Menschheit sehen, zusteuert.
Während ich an der Erforschung der langfristigen Zukunft arbeitete, beschäftigte ich mich gleichzeitig mit einer intensiven Meditationspraktik, die im tibetanischen Buddhismus verwurzelt ist. Dann wollte es das Schicksal, dass ich als Forschungsobjekt für die früheste Seelenforschung am SRI ausgewählt wurde, die im Auftrag der National Aeronautics and Space Administration (Raumfahrtbehörde) durchgeführt wurde. Diese wissenschaftlichen Experimente ermöglichten es mir, über einen Zeitraum von fast drei Jahren die Grundsatzfrage zu untersuchen, die hier erhoben wird: Ist das Universum ein lebendes System? Die Kombination von intensiver Meditation und gleichermaßen intensiven Laborexperimenten gab mir eine ungewöhnliche Lernchance. Dieses Buch basiert auf der Sicherheit, die ich in diesen Jahren der inneren und äußeren Forschungen gewonnen habe.
Die Untersuchungen des SRI zur globalen Zukunft ergaben eindeutig, dass die Welt schon bald unerbittliche Grenzen der jetzigen Wachstumsstufen und -muster erleben wird. Da ich das sah, wollte ich mehr tun, als nur auf der Wartebank der Geschichte zu sitzen und zuzusehen. So verließ ich SRI, um mich für kreative Veränderungen einzusetzen und zu meditieren.
Mein Meditieren erfolgte in Form eines halben Jahres der nach innen gerichteten Reflexion und des Nachdenkens in meiner Hütte. Der Höhepunkt war eine transformierende Erfahrung, die seitdem mein ganzes Leben beeinflusst hat (wie in meinem Buch Awakening Earth, Anhang II beschrieben). Die Einsichten, die ich in dem halben Jahr des Meditierens gewonnen habe, fließen in das vorliegende Buch ein.
Mein Ruf nach Veränderungen schließt das Verfassen von drei Ausgaben des Buchs Voluntary Simplicity ein und Reden, die ich weltweit über Themen gehalten habe, wie sich eine Zukunft aufbauen lässt, die das Leben unseres Planeten erhält. Außerdem bin ich Mitgründer dreier gemeinnütziger Organisationen, die sich überparteilich mit Medienverantwortung und der Stärkung der Macht der Bürger befasst.
Im Rückblick haben diese vielfältigen Lebenserfahrungen mir verschiedene Sichtweisen der Welt vermittelt. Bisher habe ich in mindestens drei verschiedenen Wahrnehmungsparadigmen gelebt. Ich wuchs mit der Denkweise des Agrarzeitalters auf – auf einer Farm, auf der das Leben von den Jahreszeiten und den Naturzyklen geprägt ist. Dann wechselte ich zur Denkweise des industriellen Zeitalters über, während ich zusah, wie unser Familienbetrieb sich zu einem kleinen Agrarunternehmen entwickelte und wir von der Farm in ein Städtchen in der Nachbarschaft zogen. Später wechselte ich zur Denkweise des Kommunikationszeitalters über, als ich langfristige Zukunftsformen recherchierte und eine bewusstere Demokratie befürwortete. Ich habe erlebt, wie sich jedes Denkschema ganz logisch aus dem vorherigen entwickelt, und dass jedes von ihnen seine einzigartige Sicht der Welt und seiner selbst hat.
Ich glaube, dass viele Leute wie ich mit einem Fuß in mindestens zwei Welten leben: Sie bewegen sich zwischen zwei oder mehr verschiedenen Wahrnehmungsperspektiven hin und her und bemühen sich krampfhaft, das Universum zu begreifen. Vielleicht fühlen Sie sich – wie ich – hin und her gezogen zwischen der Verwundbarkeit, sich der subtilen Lebendigkeit der natürlichen Welt zu öffnen, und dem Versuch, Ihr Erleben der Lebendigkeit vor der Leblosigkeit einer materiell besessenen Kultur zu schützen.
Bevor wir die Vorstellung eines lebendigen Universums näher untersuchen, ist es wichtig, seine Antithese ernst zu nehmen – eine extreme Sichtweise, die das Universum in seinem Fundament als leblos oder tot betrachtet. Ich glaube, das Universum als eine Materie, die zum größten Teil tot ist, als leeren Raum ohne Lebensformen anzusehen, stellt eine wichtige Phase in der menschlichen Individuation und Stärkung der Selbstbestimmung dar. Auch bin ich überzeugt, dass das noch nicht die ganze Wahrheit ist, sondern nur ein Kapitel in