Der Club der scharfen Tanten. Heinz-Dietmar Lütje

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Der Club der scharfen Tanten - Heinz-Dietmar Lütje

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zu anderen Menschen möchte ich ja keine falschen Beschuldigungen von mir geben.“

      Auffordernd sah sie Nadine Göricke an, die Anwältin und Scheidungsexpertin unter den Ladies. Diese tat, als merke sie nichts. Auch wenn Etta sie bereits vorab gebeten hatte, bei rechtlich eventuell zu beachtenden Problemen zu übernehmen, wollte sie sich hier lieber nicht den Mund verbrennen. Bei Etta, die sich schnell mit einem weiteren Glas ihres Lieblingschampagners gestärkt hatte, verfing das aber nicht. „Ja, vielleicht sollte hier Frau Göricke, als Juristin, übernehmen, damit alles in den richtigen Bahnen bleibt“, spielte sie jetzt den Ball gezielt in Richtung der einen bösen Blick absendenden Anwältin.

      Nadine Göricke schluckte den aufkommenden Wutanfall hinunter. Die Presse hatte ihr schon oft allein durch Berichterstattung darüber, wen sie in Scheidungssachen vertreten hatte, interessante Mandanten und damit meist auch lukrative Honorare verschafft, also fraß sie sinnbildlich Kreide und blickte den ihr bekannten Chefredakteur der „Allgemeinen“, wie das bedeutende Blatt oft kurz genannt wurde, freundlich lächelnd an.

      „Ja, Herr Schöler, das ist ja immer juristisch sehr vorsichtig zu formulieren, wenn es zwar – vielleicht sogar hinreichende – Verdachtsmomente, aber eben keine gerichtsfesten Beweise gibt. Hier ist es so, dass einige Damen der Gesellschaft sich um Aufnahme beworben haben, aber aufgrund unserer Statuten abgelehnt wurden, weil es eben keine einstimmige Zustimmung für die Aufnahme gab.“

      „Donnerwetter, Ladies, da seid ihr aber hart“, kommentierte Schöler.

      „Aus gutem Grund“, erwiderte Nadine, „denn das vermeidet internen Streit von vornherein.“

      Der Zeitungsmensch nickte anerkennend: „Aber, wer die abgelehnten Damen sind, werden Sie mir wohl nicht verraten – oder etwa doch?“

      Nadine lächelte wie die Schlange vor ihrer Verwandlung: „Namen bekommen Sie von mir nicht, aber soviel kann ich sagen, nach Ablehnung von zwei Damen, eine davon aus den wirklich sogenannten allerbesten Kreisen, wurden die Ehemänner einiger Ladies unter Druck gesetzt, und zwar massiv.“

      „Wie denn das?“ Schöler schaute unschuldig drein, was Nadine natürlich sofort durchschaute. Sie wusste schließlich genau, wenn es der eigenen Sache oder aber dem gerade vertretenen Fall oder der Auflage half, dann waren weder Anwälte, noch Journalisten um einen Trick verlegen. „Nun, einigen Ehemännern unserer Ladies wurde unverblümt klargemacht, dass sie selbst keine Aufträge mehr von ihnen zu erwarten hätten, wenn sie nicht entsprechenden Druck auf ihre Frauen ausüben, dass die Damen dieser Herren doch noch aufgenommen werden.“

      „Das ist ja die Höhe“, empörte sich Schöler künstlich und brachte es tatsächlich fertig, einen entsetzten Ausdruck auf sein Gesicht zu zaubern. Der könnte auch beim Theater Karriere machen, dachte die Anwältin, der ist ja fast so gut wie ich.

      „In der Tat, in der Tat, Sie sagen es, Herr Schöler“, antwortete sie und sah dabei ernsthaft betrübt aus, „aber dabei ist es ja nicht geblieben. Es soll, ich betone, soll, auch aus heiterem Himmel eine Steuerprüfung bei einem Unternehmen“, sie verbesserte sich, „na, Unternehmen trifft es vielleicht nicht ganz, sagen wir einmal Institut, gegeben haben. Völlig unzyklisch, wenn man weiß, wie diese Prüfungen eigentlich erfolgen. Dazu gab es auch keine Veranlassung, weil nirgends auch nur die kleinste Unregelmäßigkeit aufgefallen ist.“

      „Eine anonyme Anzeige?“, mutmaßte der Chefredakteur, der Mühe hatte, seine Freude nicht offen zu zeigen. Hier witterte er einen Aufmacher für sein Blatt.

      „Könnte man denken, wenn nicht eine direkte Verbindung zur entsprechenden Behörde bestehen würde.“

      „Was, das wird ja immer schöner!“, empörte sich Schöler, der im Geist schon die Schlagzeile entwarf, „Sie meinen damit zum Finanzamt, gar zur Betriebsprüfung?“

      Nadine Göricke setzte jetzt ihr Anwaltsgesicht auf: „Das habe ich weder gesagt, noch gemeint, wie ich ausdrücklich betone.“ Während dieser Satz ihre Lippen verließ, zeigte ihr Finger, wie zufällig, gen Himmel.

      „Wow, ganz oben, etwa im Senat?“ Gunther Schöler konnte sein Glück kaum fassen.

      „Wie kommen Sie denn darauf? Das habe ich mit keinem Wort angedeutet!“, stellte die Juristin klar, nickte aber dabei heftig mit dem Kopf.

      Das wird ja immer besser, dachte der Zeitungsmacher, der seinen Reporterinstinkt nie abgelegt hatte, und blickte in die Runde der Ladies. Sein Blick blieb auf Annemarie Felten haften, die rot angelaufen war und wie erstarrt in ihrem Polsterstuhl saß. Der Tag hatte sich in der Tat gelohnt. Jetzt brauchte er nur noch Zwei und Zwei zusammenzählen. Noch weiter zu bohren würde wenig bringen, vielleicht nur bewirken, dass auch andere Fragen nur sehr ausweichend beantwortet werden würden, sagte sich der erfahrene Menschenkenner.

      „Nun, es ist schon schlimm, was alles in unserer Gesellschaft möglich ist“, meinte Schöler und legte sein Gesicht in nachdenkliche Falten, „aber Sie wollten noch darauf zu sprechen kommen, dass einige von Ihnen, meine Damen, auch etwas Ärger mit den Gatten bekommen haben.“

      „Ja“, führte Etta, die zwischenzeitlich zwei weitere Gläser des teuren Prickelwassers geschlürft hatte, aus, „einige der ach so treusorgenden Ehemänner, die sich selbst auch als Spitzen der Gesellschaft sehen, haben nicht einmal davor zurückgescheut, einigen Ladies ganz klar zu verstehen zu geben, dass sie ihnen den Geldhahn zudrehen, wenn sie sich nicht für die Aufnahme irgendwelcher Damen bei uns verwenden.“ Nach der langen Rede, die sie trotz der reichlich geleerten Champagnergläser unfallfrei zustande gebracht hatte, stärkte die Clubgründerin sich erst einmal mit einem weiteren tiefen Schluck. „Hm, traurig, traurig, aber ich werde in dem Artikel über Ihren schon fast nicht mehr wegzudenkenden Damenstammtisch auch nochmals darauf hinweisen, dass nach Ihren Regeln nur einstimmiges Votum aller Members eine Aufnahme ermöglicht.“

      Das hörten die Ladies natürlich gern, aber würde es helfen? Das war doch wohl sehr fraglich.

      Dann brachte Rita Schaller endlich das Gespräch auf die Sorgen, die ihr jüngstes Mitglied, Erika Boll, plagten. Dieses brachte ihr einen mehr als dankbaren Blick der Betroffenen ein, die schon gar nicht mehr damit gerechnet hatte, dass auch ihr Problem noch zur Sprache kommen würde. Aber als Etta dann, jetzt doch schon leicht angeschlagen, erwähnte, dass die Ladies natürlich ihr Member Erika nicht allein im Regen stehen lassen würden und hierbei ein Bündel Scheine aus ihrem Täschchen zog und auf den Tisch warf, was von dem sich bisher völlig im Hintergrund gehaltenen Fotografen abgelichtet wurde, kam richtig Schwung in die Sache. „So, Sie alle, meine Damen, wollen also dazu beisteuern, dann mal die Scheinchen auf den Tisch. Geld ist sexy, viel mehr, als die Meisten glauben.“

      Was sollten die so gelobten „Members of Ladies Power“ machen? Vor den Augen der Kamera war schlecht kneifen. Einige warfen durchaus höhere Beträge, als eingeplant, auf den Tisch – und dann einen bedauernden Blick hinterher. Einige Male flammte das Blitzlicht auf und schließlich, als die Scheinchen mitten auf dem Tisch ein schönes Stillleben darstellten, meinte Gunther Schöler: „Dann wollen wir doch mal sehen, ich darf doch?“ Die Ladies nickten und der Chefredakteur begann zu zählen.

      „Donnerwetter, sechsundachtzigtausendzweihundert Euro, alle Achtung. Also, ich schlage vor, ich nehme die Kohle mit, sperre sie bei uns in den Safe und nehme Kontakt zu Ihren Gläubigern auf“, wobei er Erika Boll freundlich zunickte. Wenn wir das Einverständnis bekommen, dann bringen wir die Kohle zu den Herrschaften oder bitten diese in die Redaktion, wobei dann Sie, Frau Boll, und zwei, drei andere Damen mit dabei sein sollten.“ Die Damen nickten. Die einen, mit Etta an der Spitze, hoheitsvoll, andere freundlich und zufrieden, Erika erwartungsvoll und ob des Geldsegens ihrer Stammtischschwestern glücklich. Daran, dass ohne

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