»Wir kriegen euch alle!« Braune Spur durchs Frankenland. Werner Rosenzweig

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»Wir kriegen euch alle!« Braune Spur durchs Frankenland - Werner Rosenzweig

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er sich auf den Afrikaner und schmetterte ihm mit seinen Hammerfäusten zwei wohl platzierte Kinnhaken ins Gesicht. Von der Wucht der beiden Boxhiebe überrascht geriet der Ausländer ins Straucheln. Bernd Auerbach nutzte die Gunst der Situation und zog seinem Gegner die Beine weg. Der schlug mit seinem schwarzen Schädel hart auf der Bordsteinkante auf und stöhnte vor Schmerz. Sofort war der junge Einheimische über ihm und versetzte ihm mit seinen schweren Schuhen zwei Fußtritte gegen die rechte Schläfe und mitten ins Gesicht. Die wulstige Unterlippe des am Boden Liegenden platzte auf. Blut floss auf den Gehsteig. Dann, nach zwei weiteren Fußtritten gegen den Kopf und gegen die Rippen, verlor der Afrikaner das Bewusstsein. Bernd Auerbach hatte noch nicht genug. Aus dem Innern seiner Jacke zog er eine Stahlrute hervor und schlug damit wie wild auf die Beine seines Opfers ein. Dann trat er erneut mit seinen Schuhen zu. Er hörte das Brechen des rechten Oberschenkelknochens. Hätte die kühle Nacht nicht nahende Schritte an die Ohren des Schlägers getragen, wäre es um den Afrikaner wohl geschehen gewesen. Schnell trat er den Schwarzen ein letztes Mal in die Weichteile, bevor er eiligst in der Dunkelheit verschwand.

      »Hallo, was ist mit Ihnen los? Können Sie mich hören? Brauchen Sie Hilfe?« Die Fragen kamen vom Ort des Überfalls. Dann gellten laute Hilferufe durch die Nacht.

      Der Täter konnte nie ermittelt werden, und Bernd Auerbach, der kräftige junge Mann, der normalerweise immer innere Ruhe ausströmte und für seine Mitmenschen Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft in einer Person verbildlichte, hatte Blut geleckt. Niemand vermutete, dass sich hinter diesem attraktiven jungen Mann mit den strahlend blauen Augen und dem wie mit dem Lineal korrekt gezogenen Seitenscheitel ein Mensch mit so hohem Gewaltpotenzial versteckte. Bald würde er nun die Türken und Bimbos in Mittelfranken aufmischen. Diese Nichtsnutze. Er freute sich auf seine neue Aufgabe. Die Franken würden ihm insgeheim dankbar sein. Davon war er fest überzeugt.

      Um zehn Uhr vormittags, am 2. September, trat Bernd Auerbach in das Bürgerbüro des Röttenbacher Rathauses ein. Vierzig Minuten später verließ er es wieder und hielt seine Gemeinde-Anmeldung und seinen Gewerbeschein in den Händen. »Beratertätigkeit« stand in dem Feld Beruf. Er würde oft unterwegs sein, um mit Thomas Keller »Beratergespräche« zu führen. Er machte sich auf den Weg zur örtlichen Sparkasse. Schließlich brauchte ein Beratungsunternehmen auch ein Geschäftskonto, auf welches seine Kunden die Gelder für seine Dienstleistungen überweisen konnten. Morgen würde er sich noch einen Laptop, einen Geschäftsstempel und Visitenkarten für seine Firma Auerbach-Asylberatung besorgen. Ach ja, zum Finanzamt Erlangen musste er auch, um eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu beantragen. Seine Finanzplanung für die nächsten drei Geschäftsjahre hatte er peinlichst genau vorbereitet. Alles musste seine Ordnung haben. Nur nicht negativ auffallen. Nur nicht gegen gültige Gesetze verstoßen, zumindest nicht nach außen hin. Immer schön den Schein wahren. Die Gespräche, die er bisher mit Thomas Keller geführt hatte, waren für ihn wie ein »Aha-Effekt«. Sie erweiterten seinen intellektuellen Horizont. Noch nie hatte er die Dinge so klar gesehen. Thomas Keller war ein kluger Kopf, reich an Erfahrung. Auch die Geschichte bestätigte, dass Veränderungen nur von wenigen, klugen Köpfen ausgingen. Er wollte ein Teil dieser Veränderungen werden, koste es, was es wolle.

       4

      Drei Wochen vergingen, und wieder einmal war es Zeit für die Röttenbacher Kirchweih. Die Kirchweihburschen trafen sich schon seit zwei Wochen regelmäßig beim Sauers-Wirt, um das lokale Großereignis vorzubereiten und dem Kirchweihablauf ein festes Programm zu verpassen. Auch Norbert Amon war, wie auch im letzten Jahr, wieder dabei.

      »Wo ist denn der Walter?«, wollte der Müllers Luggi von ihm wissen, »kommt der nicht mehr? Ihr zwei seid doch die besten Freunde?«

      »Keine Ahnung«, entgegnete der Gefragte lustlos, »hab ihn schon länger nicht mehr gesehn. Seit der mit der Türkin zamm ist, interessiert der sich nicht mehr für mich.« Norbert Amon antwortete oberflächlich und emotionslos, aber innerlich hatte ihn die Frage sehr aufgewühlt. Er war stinksauer auf seinen Freund Walter Fuchs. Walter war mit dieser geilen Türkin eine Beziehung eingegangen, ohne seiner bisherigen Freundin etwas davon zu sagen. Er hatte sie einfach links liegengelassen. Kein feiner Zug. Auch Akgüls bisheriger Freund, dieser Türke mit der Riesengurke im Gesicht, einer Nase die ihresgleichen suchte, wusste offensichtlich von nichts. Aber am meisten ärgerte er sich, dass Walter auch für ihn keine Zeit mehr hatte. Er rief nicht mal mehr an. Norbert Amon konnte nicht mehr an sich halten vor Wut, wenn er darüber nachdachte. Vor zwei Tagen griff er zum Erlanger Telefonbuch und suchte nach der Telefonnummer von Yilmaz Müselüm.

      »Mit was für einer Türkin?”, wollte der Faulhammers Jupp wissen, der gerade seinen Bierkrug leerte und rülpsend auf den Tisch stellte. »Herbert, bring mir noch eins!«

      »Herbert, bring uns noch fünf!«, schrie der Holzmanns Hanni, ein weiterer Kirchweihbursche, dem Wirt hinterher.

      »Na, mit der Akgül aus der Amselstraß«, antwortete Norbert Amon widerstrebend, »und etz lass mir meine Ruh mit der Gschicht. Ich will nix mehr davon hörn!«

      »Aber die hat doch einen türkischen Freund, den Müselüm«, wunderte sich Josef Faulhammer.

      »Gehabt«, stellte Norbert Amon richtig. »Gehabt!«

      »Oh weh«, äußerte sich der Holzmanns Hanni, »das gibt Ärger! Wenn der das erfährt …«

      »Wenn er es nicht schon weiß, wenn er es nicht schon weiß”, orakelte Norbert Amon und stierte weiterhin finster vor sich hin.

      »Wer?« Günther Siebenschläger war immer etwas schwer von Begriff.

      »Na der Türke, der Müselüm.«

      »Hast du es ihm wohl schon erzählt?«, mutmaßte der Faulhammers Jupp.

      »Könnt schon sein«, brummte Norbert zurück.

      »Dann gibts Mord und Totschlag!«

      »Soll nicht meine Sorge sein und etz endgültig Schluss mit dem Thema.«

      »Wenn das auffliegt, gibts noch einen viel größeren Ärger«, mischte sich nun auch der Wirt in die Unterhaltung ein, welcher der Diskussion der Kirchweihburschen zugehört hatte.

      »Warum?«, kam es mehrstimmig zurück.

      »Denkt doch mal nach«, forderte der Sauers-Wirt die Meute auf.

      »Auweierla, die Doris!«, fiel es dem Jupp ein.

      »Genau, die Doris!«, bestätigte der Wirt, und knallte fünf Steinkrüge, bis zum Rand mit seinem dunklen, süffigen Kellerbier gefüllt, auf die dicke, hölzerne Tischplatte. »Hoffentlich weiß die das noch nicht!«

      »Aber die zwei sollen doch beim Betzn-Raustanzen mit dabei sein?« Günther Siebenschläger runzelte die Stirn, und blickte fragend in die Runde.

      »Günther, bist bleed? Da wird doch nix mehr draus«, klärte ihn Jupp Faulhammer auf.

      »Aber dann merkt die Doris das doch?«, ließ Günther Siebenschläger nicht locker.

      »Hast du das auch schon geschnallt?«

       5

      Nicht nur im Kreise der Kirchweihburschen sorgte die vermeintliche neue Liebschaft für heftige Diskussionen. Auch im Familienkreis der Familie Özkan war Feuer unterm Dach. Vor vier Jahren waren die Özkans aus der südostanatolischen

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