Herzensöffnung (4). Neue Familien. Hero Leander

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Herzensöffnung (4). Neue Familien - Hero Leander

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denn das Draufgängertum war nicht seine Art. So war Eva genau genommen seine erste wahrhafte Liebe. Bei ihr wollte er jetzt nichts falsch machen und genau das hemmte ihn. Eva spürte das. Deshalb fragte sie ihn: „Warst du schon oft verliebt?“

      Harald schüttelte den Kopf. „So richtig erst einmal“, gestand er.

      „Ich auch“, antwortete sie. „Und war das Mädchen hübsch?“, fragte Eva weiter.

      Er nickte.

      „Warum habt ihr euch dann getrennt?“

      „Das haben wir nicht.“

      Entsetzt rückte Eva von ihm ab.

      Erschrocken sagte Harald: „Aber Eva. Das einzige Mädchen, was ich wirklich geliebt habe, sitzt hier neben mir.“

      Ungläubig schaute sie ihn an. „Ich?“

      Er strahlte sie an und nickte. Da war für Eva die Welt wieder in Ordnung. Wie konnte sie nur an ihm zweifeln? „Bitte verzeih mir, weil ich für einen Augenblick glaubte, da gäbe es noch ein anderes Mädchen.“

      Er nahm sie wieder in den Arm und sagte: „Wozu brauche ich noch ein anderes Mädchen, wenn du bei mir bist. Man kann doch immer nur ein Mädchen lieben.“

      „Manche Jungs können schon mehrere zur gleichen Zeit lieben“, antwortete Eva nun besserwissend.

      Da schüttelte Harald den Kopf. „Nein, Eva. Die lieben überhaupt nicht. Diese Jungs wissen oft gar nicht, was Liebe wirklich ist. Sie haben die Liebe nie kennen gelernt.“

      Eva seufzte. „Da könntest du recht haben. - Und du hast nie vor mir ein Mädchen geliebt?“

      Harald lächelte und sah sie ganz lieb an. „Doch schon. Im Urlaub mit meiner Mutter, als ich dreizehn war. Da traf ich dort ein Mädchen. Sie war erst zwölf. Das war meine erste große Liebe. Doch nach dem Urlaub haben wir uns nie wieder gesehen. Zwei Jahre später lernte ich auf dem Gymnasium ein Mädchen kennen. Auch in sie war ich verliebt. Ich war inzwischen fünfzehn und sie war dreizehn. Wir sind ein Jahr zusammen gegangen und dann war plötzlich Schluss. Ich weiß bis heute nicht so richtig warum. Das tat damals schon weh. Na ja, das Leben ging weiter. Da war erst mal das Abitur wichtiger und dann der Beruf. Zwischendurch starb meine Mutter und ich war ganz allein.“

      Harald holte tief Luft, hob die Schultern und sah Eva unschuldig an. Sie sagte verträumt: „Dann bist du ja fast ein Heiliger. Oh Harald, ich liebe dich. Mir ist so, als würden wir uns schon ewig kennen.“

      Da wurde er plötzlich ernst und meinte: „Vielleicht ist es so. Hast du schon einmal etwas von Reinkarnation gehört?“

      Eva schüttelte den Kopf und er erklärte ihr: „In Asien glauben die Menschen, dass man immer wieder geboren wird und der Tod nur eine Inkarnation beendet, bevor man eine neue beginnen kann. Vielleicht kennen wir uns aus einem vergangenen Leben. Mir kommt es auch so vor, als kennen wir uns schon sehr lange.“

      „Und du glaubst, dass es so etwas gibt?“, fragte Eva unsicher.

      „Ja. Meine Mutter hat sich viel mit solchen Dingen befasst. Sie hat mir alles darüber erzählt. Alle Völker glauben an Reinkarnation. Nur die Juden, Christen und Muslime nicht. Alle anderen glauben daran. Glaubst du, dass sich so viele Menschen irren können?“

      Eva zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Vielleicht unterhältst du dich mal mit meinem Vati darüber. Der weiß über solche Sachen sicher mehr als ich.“ Harald nickte. Als ihn Evas Vater nach der Göttlichen Nummerologie fragte, hatte Harald auch das Gefühl, dass er mehr über Esoterik wusste.

      Da fing Eva erneut an: „Was machen wir, wenn wir wieder in Sonnenberg sind? Da musst du arbeiten und bei mir gehts aufs Abi zu. Wann sehen wir uns dann?“

      „Ich habe nach der Arbeit immer viel Zeit und sonnabends können wir uns doch auch auf dem Saal treffen.“

      Sie nickte. „Arbeitest du am Montag wieder?“

      „Ja, natürlich. Ich muss doch. Warum fragst du?“

      „Darf ich dich am Werkstor abholen?“

      „Ja willst du das wirklich?“

      Eva nickte heftig. Da schlang er seine Arme um ihre Schultern und küsste sie. Als er locker ließ, sah Eva, dass aus seinen Augen Tränen liefen. Erschrocken fragte sie: „Was ist mit dir?“

      Und Harald antwortete: „Mich hat noch nie jemand nach der Arbeit abgeholt; außer meiner Mutter. Und du willst mich wirklich abholen?“

      „Ja.“ Und Eva schmiegte sich noch fester an ihn. Er war so gefühlvoll, so völlig anders als André. Sie fühlte, dass sie nur mit Harald wirklich glücklich werden konnte.

      Plötzlich standen Julia und Michael vor ihnen und Julia fragte: „Ihr kommt wohl nicht wieder rüber zu uns?“

      Eva sah Harald an und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Warum eigentlich nicht? Willst du auch, Harald?“

      „Klar.“ Sie standen auf und folgten Michael und Julia zu den anderen.

      Am 5. Januar feierten sie wie jedes Jahr den Geburtstag von Marias und Andreas Mutter. Doch dieser 67. Geburtstag stand in einem völlig neuen Licht. Es war das erste Mal, dass auf ihrer Geburtstagsfeier nur deutsch gesprochen wurde, da ja Martin und auch Harald kein Norwegisch verstanden. Annefried freute sich sogar darüber. War es doch die Sprache ihres Vaters, den sie nie kennen gelernt hatte. Durch Maria und ihre Kinder verband sie immer mehr mit diesem Land, von dem auch ihre Mutter damals nur aus den Erzählungen von Hermann Berger wusste. Das, was ihrer Mutter damals nicht vergönnt war, lebte dafür jetzt ihre Tochter Maria. Annefried gönnte ihrer Tochter dieses große Glück in Deutschland von ganzem Herzen. Wehmütig dachte sie daran, was wohl aus ihrem Leben geworden wäre, wenn sie damals nach dem Krieg nach Deutschland zu ihrem Vater gezogen wären.

      Weil die Gratulanten inzwischen auf elf Personen angewachsen waren, feierten sie ab Mittag im Sovende Elg. Der Wirt hatte seit vier Jahren für Familienfeiern einen Extraraum. Im Wohnzimmer von Sven und Andrea hatten einfach nicht so viele Personen Platz. Für Harald hingegen war das sehr praktisch. Wohnte er doch im gleichen Haus.

      „Ich begrüße euch alle an meinem Geburtstag“, begann Annefried. „Dass meine Familie einmal so zahlreich wird, hätte ich mir vor zwanzig Jahren nicht vorstellen können. Leider hat mein lieber Mann das nicht mehr erleben können. Trotzdem weilt sein Andenken an diesem Tag immer unter uns.“

      Wolfram Junior stöhnte schon in sich hinein. Erwartete er jetzt den Rückblick auf die vergangenen zwanzig Jahre. Er kannte dies schon fast auswendig, so oft hatte er dies gehört. Uwe, sein Cousin, ging es ebenso. Doch beide hatten sich diesmal geirrt. Ihre Großmutter verzichtete auf den Rückblick. „Ich begrüße heute Harald und Martin mit an meiner Geburtstagstafel. Sie zeigen, dass das Leben weiter geht. Und so Gott will, wird nächstes Jahr auch mein erster Urenkel mitfeiern.“ Dabei sah sie Harald und Eva mit warmherzigem Blick an. „Es ist der größte Segen für eine Großmutter, wenn sie miterleben kann, dass ihre Kinder und Enkel glücklich sind.“ Da wurden ihre Augen feucht. „Ich freue mich jedes Jahr, dass ihr es immer möglich macht und alle meinen Geburtstag mitfeiert.“ Mit Tränen in den Augen schloss sie ihre kurze Rede ab.

      Nun standen alle außer Annefried auf und erhoben ihr Glas auf ihre Gesundheit.

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