Das süße Gift des Geldes. Bhavya Heubisch

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Das süße Gift des Geldes - Bhavya Heubisch

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gearbeitet, für halb so viel Lohn wie die Einheimischen. Die konnten nicht mehr mithalten, mussten sich eine andere Arbeit suchen, wenn ihre Kinder nicht verhungern sollten. Ihr Emeran hatte ausgehalten. Bis ihn das Fieber erwischte. Und dann die tödliche Lungenentzündung.

      Mit klopfendem Herzen horchte sie auf die Schritte im Treppenhaus. Die Tür flog auf. „Elsbeth, meinen Mietzins will ich.“ Drohend, die Daumen in die Ärmellöcher seiner Weste gehakt, stand der Kramer vor ihr.

      „Nächste Woche zahl ich ganz bestimmt. Wenn ich wieder auf Arbeit bin.“

      „Ich wart nicht ewig auf mein Geld. Drei Tag lass ich dir noch. Wennst dann nicht zahlst, fliegst raus. Warten genug andre auf das Zimmer.“

      „Aber, wenn ich doch krank bin.“

      „Meinst, ich hab die Spendierhosen an? Drei Tag und keinen Tag länger.“ Schon war der Kramer draußen bei der Tür und donnerte die Treppe hinunter.

      Draußen schaute er, von dem vermatschten Weg aus, hinauf zum Haus. Der Anstrich großflächig abgeblättert, lehnte es windschief am Nachbarhaus. Sah auch nicht besser aus als die anderen armseligen Behausungen. Aber Geld brachten die Zimmer. Wenn man schlau war und wie er Spezln im Magistrat hatte. Dann konnte man sie umgehen, die Verordnung gegen die Wohnungsnot, die es Arbeitern erlaubte, für wenig Geld ein Zimmer in einem Herbergshaus zu kaufen. Konnte Zimmer erwerben und sie teuer vermieten. Er feixte. So marod, wie die Elsbeth ausschaute, würde sie nie und nimmer zahlen, schon gar nicht bis in drei Tag. Und wenn er sie draußen hatte, würde er statt einem Bett drei Betten hineinstellen in die Kammer. Würden sich schnell Aftermieter finden. Wo so viele ein Dach über dem Kopf suchten.

      Elsbeth in ihrer Kammer atmete schwer. Mühsam stand sie auf und betrachtete sich im Spiegel über dem Waschtisch. Ihre grünen Augen blickten ihr matt entgegen, ihre vollen Lippen hatten jede Farbe verloren. Sie band ihr Haar zusammen, wechselte das durchgeschwitzte Hemd gegen eine frische Bluse und machte die Rollgerste3, die seit gestern auf dem Herd stand, noch einmal warm. Löffelte lustlos den faden Brei. Gesund musste sie werden. Sonst war sie weg, die Stelle bei der Frau Magistratsrat, bei der sie jede Woche einen halben Gulden bekam fürs Putzen, Waschen und Bügeln. Und bei der sie, wenn Besuch kam, sogar in der Küch helfen durfte. Beim Gedanken an den Kalbsrollbraten, die sauren Nierchen, an die fein geschabten Butterspatzen brachte sie die Rollgerste nicht mehr hinunter.

      Es klopfte. Marei, die Bedienung vom Schleibingerbräu trat ein und blickte die Elsbeth prüfend an. „Schlecht schaust aus.“

      „Was Gscheits zum Essen bräucht ich. So komm ich nie auf die Füß.“

      Marei strich Elsbeth übers Haar. „Komm doch runter zu uns. Ich hab was aus der Wirtschaft mitgebracht.“

      Elsbeth schlurfte hinter der Marei die ausgetretene Stiege hinunter. Kam kaum hinein in die Kammer, in der die Marei mit noch drei Bedienungen hauste. Die Kleider hingen an rostigen Haken, für einen Tisch oder Stuhl war kein Platz. Die Bedienungen saßen auf den Betten, hielten die Teller fest auf den Knien.

      Elsbeth setzte sich zu ihnen, verschlang gierig das Wammerl, das sie ihr hinschoben. „Grad war der Kramer bei mir.“

      Zornig stieß die Marei hervor: „Bei uns war er auch, der Sauhund. Will nächste Woche noch drei Bedienungen bei uns einquartieren. Sagt, es könnten leicht zwei in einem Bett schlafen.“

      Elsbeth schleckte das Messer ab. „Wissts, von was ich träum? Von einem Klo im Stiegenhaus. Damit ich mich nicht immer so fürcht, wenn ich nachts raus muss in den stinkigen Verschlag.“

      „Schauts die Elsbeth an“, kicherte die Marei. „Willst vielleicht auch noch ein fließendes Wasser wie in den feinen Häusern?“

      „Mir tät’s schon reichen, wenn der Brunnen nicht so weit weg wär.“

      Marei zog die Plane vom Fenster und ließ frische Luft herein. „Wissts was? Der Baurat Gruber ist Stammgast bei uns. Den frag ich. Vielleicht weiß der eine Wohnung für uns.“

       Zinsen

      Adele saß mit dem Braumeister Kreitner im „Café Tambosi“ und griff nach dem Schmuckstück, das er ihr über den Tisch zuschob. Sie zwang sich zu einem Lächeln. „So eine schöne Brosche!“ Sie drehte den scheußlichen Klunker in der Hand. Eine grob gefertigte Gemme mit dem Konterfei König Ludwigs, verziert mit billigem Strass. Lohnte kaum den Pfandleiher. Lustlos aß sie ein Stück von dem Apfelkuchen auf ihrem Teller, führte mit abgespreiztem Finger die Tasse zum Mund. Blickte ihrem Verehrer tief in die Augen. „Was tät ich nur ohne Sie?“

      „Ein schöner Schmuck für eine schöne Frau.“ Mit aufgeschwemmten Fingern fummelte Kreitner die Brosche an ihre Bluse. Grob zerstach die Nadel den feinen Stoff.

      Adele lehnte sich zurück, steckte eine Zigarette in die Elfenbeinspitze und blies den Rauch in die Luft. Worüber sollte sie mit dem Kreitner reden? Über das Wetter? Über das Essen?

      Am Nebentisch knallten die Champagnerkorken. Die Offiziere grölten, feierten den neuen Sieg über Frankreich. So ein schneidiger Offizier hätte ihr besser gefallen, doch der Braumeister war der Erste, der angebissen hatte.

      Der Ober kam an den Tisch, lächelte süffisant. „Darf es noch was sein?“ Diese Sorte Frau kannte er. Kamen genug her zum Anbandeln mit einem vom Militär.

      „Noch einen Schampus.“ In einem Zug leerte Adele das Glas, das ihr der Ober hingestellt hatte. Damit sie ihn besser ertrug, den Kreitner.

      „Nennens mich doch Gustl.“ Er rückte näher, pratschte nach ihrem Schenkel: „Ich wüsst schon, was wir zwei jetzt machen könnten. Kommens doch auf ein Stünderl mit zu mir. Ich wohn nicht weit weg. Nur zehn Minuten zu Fuß.“

      Adele, eisern entschlossen durchzuhalten, ging mit.

      Am Odeonsplatz legte er ihr den Arm um die Schulter und säuselte ihr ins Ohr: „Schöne Sachen werden wir machen.“ Er hakte sich bei ihr unter und tänzelte in freudiger Erwartung neben ihr her bis zu seiner Wohnung in der Filserbräugasse.

      „Tretens nur ein.“ Schon schob er sie in den Salon.

      Adele blickte sich um. Wenigstens das mit dem Geld stimmte. Dicke Samtvorhänge hingen an den Fenstern, Teppiche bedeckten den Boden. Zögernd legte sie den Mantel ab. Noch konnte sie umkehren. Aber so schlimm würde es schon nicht werden.

      „Kommens weiter.“ Kreitner drängte sie ins Schlafgemach und drückte sie aufs Bett.

      Adele schloss die Augen.

      Aufgeregt fummelte er seine Hose herunter, schob ihren Rock hoch. Lag schwer auf ihr. Sie drehte den Kopf zur Seite, ihr graute vor den klebrigen Borsten in seiner Nase.

      Mit den Beinen schabte er über ihre Schenkel, fuhr mit schwitzigen Händen über ihre Brüste.

      Adele sah den Speichel, der ihm im Mundwinkel hing. „Runter! Sofort gehst runter!“ Sie stemmte ihn zur Seite und sprang auf.

      „Was hast denn?“

      „Ich kann nicht.“ Sie rannte zurück in den Salon, nahm ihren Mantel, schlug die Tür hinter sich zu und verließ das Haus.

      Auf der Straße lehnte sie sich an eine Hauswand, strich die Strümpfe glatt, steckte die Bluse ordentlich in den Rock.

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