Hannibal Mayer - Der Zug der Elefanten. Fabian Vogt

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Hannibal Mayer - Der Zug der Elefanten - Fabian Vogt

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ihr Realisten, die ihr immer nur glaubt, was ihr logisch beweisen könnt. Ich kann das alles natürlich nicht erklären. Und ich weiß auch nicht, was diese ganze Geschichte mit den Rei hern bedeutet. Ich weiß nur eines: dass dort vor dem Voortrekker Monument plötzlich Bongani vor mir stand. Mit einer Gruppe von Kindern. Er hatte am Morgen kurzfristig beschlossen, mit eini gen der Aidswaisen, für die er verantwortlich war, einen Ausflug zu machen.«

      Bongani nickte. »Wegen des Reihers vor dem Heim.«

      Hannibal riss begeistert die Augen auf und fasste mich am Arm. »Ich war total verblüfft, Fabian. Einerseits glaubte ich ziemlich sicher, dass ich ihn wiedererkannte, andererseits hatten wir uns ja dreißig Jahre nicht gesehen. Und es wäre mir doch peinlich gewesen, einen Wildfremden anzusprechen. Da erinnerte ich mich … Bongani, lass mich bitte erzählen … Also, ich erinnerte mich an den Brunftschrei der Gnus, den Bongani mir damals im Krügerpark beigebracht hatte. Das war unser Erkennungszeichen gewesen - und wir hatten immer gewetteifert, wem von uns es zuerst gelingen würde, mal eine echte Gnukuh zu täuschen. Nun, du musst es dir bildlich vorstellen … Ich stelle mich also auf den großen Vorplatz des Voortrekker Monuments, hole tief Luft und lasse ein gewaltiges Röhren los. Uööööhh. «

      Alle Gäste in der Lounge des Hotels zuckten schlagartig zusammen, als Hannibal mir exzessiv demonstrierte, wie er vor einem Jahr geblökt hatte. Doch ihm schien das nichts auszumachen.

      »Ja, Fabian, das war ein tolles Gefühl. Uööööhh. Erst bot mir eine ängstlich dreinblickende Frau ihr Asthmaspray an - doch dann löste sich der große Schwarze aus der Kindergruppe, rannte mit offenen Armen auf mich zu und schrie: ›Tshwane!‹ Laut schallte mein Name über den Platz. Nicht nur einmal, immer wieder. Dann lagen wir uns minutenlang lachend in den Armen. Bis die Polizei kam.«

      »Die Polizei?« Ich verstand ihn nicht.

      Doch Hannibal war in seinen Gedanken wieder ganz bei ihrem Wiedersehen. Er sprach mit halb geschlossenen Augen, als sähe er die Szene noch einmal vor sich. »Ja, an diesem Tag war auch irgendein hochrangiger Vertreter Pretorias am Voortrekker Monument, um eine ausländische Delegation dort herumzuführen. Unser animalischer Lärm war den Bodyguards offensichtlich verdächtig - und sie schickten einige Beamte zu uns. Doch als wir ihnen die Situation erklärten - zwei Freunde treffen sich nach dreißig Jah ren wieder -, holten sie den Bürgermeister oder was das war und baten uns, ihm die Geschichte ebenfalls zu erzählen. Der Politiker war sehr gerührt und wollte mehrfach hören, wie wir uns umarmt hatten - ein Weißer und ein Schwarzer - und wie Bongani mich genannt hatte. ›Tshwane‹, sagte mein Freund immer wieder, ›Tshwane. Wir sind gleich. Den Namen hab ich ihm damals gegeben.‹ Und der Bürgermeister schien sehr nachdenklich, als er …«

      Bongani konnte sich jetzt nicht mehr beherrschen. Er fasste Hannibal am Arm und fiel ihm ins Wort: »Und weißt du, was das Verrückteste an der ganzen Geschichte ist? Nein, kannst du auch nicht. Seit April dieses Jahres heißt Pretoria nicht mehr Pretoria, sondern offiziell Tshwane. Ja, echt.Tshwane. Glaub mir.«

      Das Lächeln in seinem Gesicht wurde immer verschmitzter: »Vielleicht, wir wissen es natürlich nicht, aber es könnte sein, dass dieser ehrwürdige Mensch von der Stadt an jenem Tag die entscheidende Inspiration für die Namensgebung bekommen hat. Ich meine: In Südafrika gibt es offiziell elf Amtssprachen.Warum sollten sie gerade ein Wort aus der relativ kleinen Gruppe der Sotho sprechenden Stämme wählen? Ich persönlich bin überzeugt, dass die Hauptstadt Südafrikas jetzt nach Hannibal hier benannt ist - weil dieser Politiker unser Wiedersehen mitbekommen hat. Schwarz und Weiß umarmen sich vor einem Monument, das ja auch an die verheerenden Kriege zwischen den Siedlern und den Ureinwohnern erinnert. Du kannst es ruhig glauben: Hannibal und ich - wir sind ein einzigartiges Symbol für die Versöhnung geworden.«

      Hannibal grinste wieder. »Und selbst wenn wir es uns nur einbilden, macht das nichts. Es ist eine schöne Geschichte.«

      Ich stutzte. »Sag mal, Bongani. Du hast doch eben den Namen ›Hannibal‹ einwandfrei ausgesprochen. Ich dachte, das fiele dir so schwer. Und deshalb hättest du einen Sotho-Namen für ihn ausgesucht.«

      »Sag es nicht«, flehte Hannibal. Aber Bongani lachte schon Tränen. »Die Familie Mayer hatte Vorfahren im Osten und Hannibal heißt mit vollem Namen Hannibal Ari Dragoslav Winfried Mayer. Ich glaube, wegen seiner Urgroßväter. Jedenfalls legte seine penible Mutter viel Wert auf diese Zweitnamen. Und das war mir dann doch zu kompliziert.«

      Jetzt lachten wir alle drei.

      Herzlich.

      Als wir uns wieder beruhigt hatten, tranken wir noch einmal auf unser Unternehmen. Und Hannibal zwinkerte mir dabei verschwörerisch zu. Mehrfach. Dann lehnte er sich zurück und sagte: »Weißt du, was mich im Museum des Voortrekker Monuments am meisten fasziniert hat? Da liegt in einer der Vitrinen eine Heirats urkunde. Schön, oder? Eine junge Frau und ein junger Mann lernen sich auf dem gefährlichen und unbequemen Weg in die geheimnisvolle Steppe kennen, verlieben sich, treffen sich heimlich zwischen den Planwagen und beschließen, noch unterwegs zu heiraten. Warum sollte dir das nicht auch passieren? In Afrika ist alles möglich.«

      An diesem Tag waren wir sehr entspannt. Und ich frage mich bis heute, ob diese scherzhafte Prophetie Hannibals der Grund dafür war, dass ich auf unserem Treck die Frauen besonders aufmerksam studierte. Und schließlich auch die Richtige fand.

      11. August 2005

      Zwei Tage später verstauten wir unser Gepäck in große Seesäcke, checkten im Hotel aus und machten uns auf den Weg in den Krügerpark.

      Bongani hatte mir stundenlang erklärt, wie man Elefanten mit dem Ankus, dem Hakenstab, lenkt, und mich zugleich beruhigt: »Die Elefanten folgen alle der Matriarchin. Und die werde ich lenken. Hannibal reitet auf Epila, der Tochter von Shingwezi, die wir damals gerettet haben. Und du sitzt auf Didimale, einer jüngeren Schwester von Shingwezi.«

      Wir fuhren zügig auf der N4 nach Osten aus Pretoria hinaus und bogen dann kurz vor Waterval-Boven Richtung Nordosten ab. Ich saß einfach nur da, schaute aus dem Fenster und staunte. Über die endlose Savannenlandschaft und die Hügelreihen des Highveld. Die dunklen, kleinen Schweine, die am Straßenrand in Abfällen wühlten. Die Weite. Und die so unterschiedlichen Menschen, die mit Handkarren oder Jeeps von allen Seiten über die Straße stoben.

      Irgendwann, kurz vor Mogaba, beugte ich mich zu Bongani rüber und fragte: »Mit wie vielen Leuten werde ich denn arbeiten? Und welche Aufgabe habe ich genau in dem Team?«

      Der Schwarze sah mich verständnislos an. »Was meinst du mit ›Team‹?«

      Ich spitzte die Lippen. »Na ja. Also all die Leute, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind. PR-Manager, Pressesprecher, Marketing-Fachleute, IT-Experten und so weiter. Ich bin schon gespannt, sie alle kennenzulernen.«

      Bongani grinste und hob begeistert die Hände. »Hey, das Team sind wir. Ja, wir drei. Mehr brauchen wir nicht.«

      Ich muss ihn derart fassungslos angestarrt haben, dass er losprusten musste. »Was ist?«

      »Halt sofort an!«, brüllte ich nach vorne zu Hannibal.

      Tshwane drehte sich um. »Wieso? Musst du so dringend? Oder kannst du bis zur nächsten Raststätte warten?«

      »Halt sofort an.«

      Offensichtlich klang meine Stimme jetzt so energisch, dass er sofort an den Rand fuhr.Wir stiegen aus.

      »Was ist denn

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