Die Rache des Inquisitors. Alexander Hartung
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Читать онлайн книгу Die Rache des Inquisitors - Alexander Hartung страница 7
»Es gibt keinen Grund, an meinem Wort zu zweifeln«, sagte Liborius etwas beleidigt.
Agnes richtete kurz die Augen zum Himmel und schüttelte den Kopf.
»Du glaubst also, dass sich die Inquisitoren ausschließlich auf deine Aussagen verlassen, wenn es um die Beurteilung des Gottesglaubens der Bürger Reheims geht?«
»Wem sonst sollten sie vertrauen? Auch wenn sie noch andere befragen, sie werden kaum zu einem anderen Urteil kommen.«
»Du redest von den gleichen Bürgern, die mich als verrückte Einsiedlerin und alte Hexe bezeichnen?«
»Du kennst doch die Leute. Das ist nicht ernst gemeint. Auch wissen längst nicht alle so gut wie ich um deine Fähigkeiten und dass du nicht schlecht über Gott und die Kirche sprichst.«
Agnes lächelte verschmitzt und schien sich eine bissige Bemerkung nur mit Mühe verkneifen zu können.
»Und wenn du dir so sicher bist, dass deine Meinung wesentlich für die Inquisitoren ist, dann frage ich dich, woher sie so viel über die Bürger Reheims wissen?«
»Sie werden vorher Erkundigungen eingezogen haben …«
»Erkundigungen bei wem?«, fuhr Agnes dazwischen. »Ich habe in den letzten Wochen keinen Inquisitor hier herumlaufen und Leute befragen sehen. Dich haben sie nicht aufgesucht und sicher auch niemanden vom Stadtrat, daher frage ich dich, wer hat die Inquisition auf uns hingewiesen? Woher wissen sie, was sie wissen?«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Liborius unsicher.
»Wer immer die Inquisition aufgesucht hat, hatte nichts Gutes im Sinn. Es geht doch niemand einfach so zu diesen Männern und erzählt ihnen, wie sehr oder nicht so sehr ehrfürchtig und gottesgläubig die Menschen in Reheim sind.«
Liborius schwieg einen Moment, doch dann straffte er die Schultern und fuhr fort.
»Hier leben nur anständige Leute«, sagte er selbstsicher. »Selbst wenn die Inquisitoren böswillig ausgesprochenen Beschuldigungen nachgehen, so werden sie nichts finden, was ihren Unmut erregen wird.«
Agnes seufzte. Dann stand sie auf und fachte das Feuer in dem kleinen Ofen an.
»Ich habe deine Meinung schon immer geschätzt«, sagte Agnes und stocherte mit einem Stock in der Glut herum, »aber ich bin überrascht, wie groß dein Vertrauen in die Redlichkeit der Inquisition ist.«
»Es sind Männer Gottes«, versuchte Liborius, sich zu rechtfertigen.
»Aber sie wären nicht gekommen, wenn sie nicht schon jemanden der Ketzerei verdächtigen würden. Deine Befragung diente bestenfalls zur Bestätigung ihrer Vermutungen. Wahrscheinlich haben sie dich nur gerufen, um den Schein zu wahren.«
»Aber es gab hier keine Fälle von Ketzerei, Unzucht oder Hexentum …«
»Ich fürchte, es ist im Grunde nicht wichtig, ob es diese Fälle wirklich gibt. Die Beschuldigungen, die der Inquisition zugetragen wurden, waren schwerwiegend genug, dass sie hierhergekommen sind. Glaubst du denn tatsächlich, dass sie einfach unverrichteter Dinge wieder wegfahren, nur weil sie auf den ersten Blick keine ketzerischen Umtriebe entdecken?«
»Aber hier gibt es keine Häresie«, fuhr Liborius auf.
»Schon gut«, unterbrach Agnes den Priester kopfschüttelnd. Sie rieb sich müde über die Augen. Dann wurde ihr Gesichtsausdruck wieder milder. »Wenn du schon den langen Weg auf dich genommen hast, um mitten in der Nacht zu einer allein lebenden Frau in den Wald zu schleichen, dann kann ich uns auch gleich einen Kräuteraufguss machen.«
Liborius stand noch immer sichtlich angespannt vor dem Tisch.
»Jetzt setz dich endlich, Liborius, und werde wieder ruhiger«, sagte sie milde. »Wir alten Leute brauchen sowieso wenig Schlaf, und wenn du mich jetzt schon aus dem Bett geholt hast, dann können wir uns auch weiter unterhalten.«
Liborius lächelte die Frau an und setzte sich an den Tisch. Seine Aufregung legte sich, als er Agnes zusah, wie sie Kräuter in ein kleines Gefäß gab und mit dem Stößel zerrieb. Er wollte bald wieder zurückgehen, aber für einen Schluck von Agnes’ wohlschmeckendem Kräuteraufguss würde er sich noch Zeit nehmen.
Rainald rannte mit seiner Frau und dem Stallburschen hektisch im Stall umher. Sie hatten sich schon zu Bett begeben, als die Soldaten an seine Tür gehämmert hatten. Er hatte den Stall öffnen und den Soldaten beim Satteln ihrer Pferde helfen müssen. Der Wirt konnte sich vor Müdigkeit kaum auf den Beinen halten, aber die Angst vor einer möglichen Bestrafung ließ ihn jeden Wunsch der Soldaten mit größter Eile befolgen.
Rainald hatte keine Ahnung, wohin die Männer mitten in der Nacht aufbrachen. Einer von ihnen hatte eine grob gezeichnete Karte dabei, die er aufmerksam im Licht einer Lampe studierte, während die anderen Soldaten ihre Pferde sattelten. Der Wirt unterdrückte den Drang, einen Blick auf die Karte zu werfen, und hielt die Augen gesenkt. Er wollte sich nicht in die Arbeit der Inquisition einmischen, aber er ahnte schon, dass der eilige Aufbruch in der Nacht kein gutes Zeichen war.
Klara blieb lange auf. Ihr Onkel hatte den Kamin befeuert, während sie einen Kräuteraufguss gekocht hatte. Seit Sonnenuntergang saßen sie schon auf den alten Holzstühlen und sprachen über die Ereignisse des Tages.
»Aber es sind doch Priester«, rief Klara erregt. »Sie haben sich doch dem Wort Gottes und seiner Gnade verpflichtet.«
»Kaum ein Mensch ist weiter von Gott entfernt als ein Inquisitor«, antwortete Markus mit seiner ruhigen Stimme und trank noch einen Schluck des Gebräus. Dann blickte er Klara in die Augen, wie immer, wenn sie ein ernstes Gespräch führten. »Sie kennen keine Gnade, keine Liebe und keine Vergebung. Sie predigen Gottes Wort, doch nichts ist ihnen ferner.«
»Ich habe viele Geschichten über die Inquisition gehört«, murmelte Klara, »und kann nicht glauben, dass Menschen so grausam sein können.«
Markus erhob sich von seinem Stuhl, ging zum Kamin und legte noch ein Scheit Holz nach. Das Scheit verschwand fast in seinen großen, kräftigen Händen. Sein langsamer Gang zeigte Klara, dass er wieder Schmerzen hatte. Eine Verletzung am Rücken, die noch von seiner Zeit als Soldat herrührte, quälte ihn ab und an. Mehr wusste Klara nicht, da Markus nicht gerne über diese Zeit sprach. Er blickte einen Moment ins Feuer, dann seufzte er.
»Als deine Eltern starben, habe ich dich bei mir aufgenommen und geschworen, dich vor allem Leid zu bewahren. Deine Mutter und ich, wir liebten uns, wie es nur Bruder und Schwester können. Ich habe getan, was ich konnte, damit du eine junge Frau wirst, auf die deine Mutter einmal stolz sein kann.« Markus drehte sich um und schaute Klara wieder ins Gesicht. »Die Welt ist unvorstellbar grausam, Klara. Ich habe Menschen Taten von solchem Gräuel begehen sehen, dass sie mir heute noch den Schlaf rauben. Vielleicht war meine Verletzung ein Geschenk Gottes, auch wenn sie mich fast zum Krüppel gemacht hat, denn sie hat mich weggebracht von den Schlachtfeldern dieser Welt, hierher, wo Krieg und Mord nur Geschichten sind.«
Markus biss sich auf die Lippen, als überlegte er genau seine nächsten Worte, und lächelte dann. »Du bist eine schöne junge Frau geworden, ebenso bezaubernd, wie deine Mutter es war. Vielleicht noch etwas klüger, als sie in deinem Alter war, daher ist es an der Zeit, dich nicht mehr wie ein kleines Mädchen zu behandeln.« Er schlurfte zu seinem Stuhl zurück und setzte sich. »Ich war der Diener vieler