Equinox. Dana Schwarz-Haderek

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Equinox - Dana Schwarz-Haderek

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natürlich. Macht’s gut. Bis bald mal wieder. War nett, euch kennen gelernt zu haben«, verabschiedete sich Robert von allen.

      »Ja, bis Montag. Habt noch ´nen schönen Abend! Man sieht sich«, sagte ich.

      »Tschüssi, alles klar!«, riefen die drei und eilten ebenso Richtung Saal, wo das Konzert von Midnight Ego gerade losging.

      Im Rausgehen zogen wir unsere Jacken an. Die frische klare Nachtluft tat gut nach der stickigen Hitze in der Moritzbastei. Ich atmete tief durch und merkte, dass Robert das gleiche tat.

      Er nahm meine Hand und fragte mich liebevoll anblickend: »Und was machen wir zwei jetzt? Willst Du schon nach Hause oder hättest Du noch Lust auf einen kleinen Spaziergang?«

      »Spaziergang klingt gut. Wo wollen wir hin?«

      »Wie wäre es mit dem Clara-Zetkin-Park? Es ist zwar kühler geworden, aber endlich trocken. Und dort ist es immer schön, finde ich.«

      Es stimmte, das Regenwetter hatte sich nun komplett verzogen. Der Mond schien hell. Es schien nicht mehr weit bis Vollmond zu sein und es glitzerten tausende Sterne am dunklen Himmel.

      Wir liefen mit ineinander verschlungenen Händen durch die Nacht und nach kurzer Zeit waren wir schon mitten im Park. Der Mond erhellte die Wege gut genug, dass wir nicht stolperten. Wir gingen manchmal schweigend, aber noch häufiger angeregt plaudernd nebeneinander her und genossen unsere Zweisamkeit.

       7

      Ganz Gentleman hatte Robert mich am Abend bis zur Tür gebracht und mir mit einem sanften Kuss eine gute Nacht gewünscht. Nicht jedoch, ohne mir das Versprechen zu entlocken, am Morgen mit ihm zu frühstücken. Ich stimmte nur zu gern zu und er versprach, mich um acht Uhr abzuholen. Wir würden also nicht bei mir bleiben. Ich war wirklich schon neugierig, was er sich wohl einfallen lassen hatte.

      Hatte ich noch vor vierundzwanzig Stunden das Gefühl, die Zeit würde langsamer als jemals sonst vergehen, zerrann sie mir nun sprichwörtlich zwischen den Fingern. Es war Mitternacht, als ich ins Bett ging. Als mein Wecker kurz vor halb 8 klingelt, war es mir, als sei ich gerade erst eingeschlafen. Verwunderlich! Nachdem ich nächtelang vor Angst und Ungewissheit, Robert nicht mehr wiederzusehen, nicht schlafen konnte, war ich endlich einmal wieder ausgeruht und erholt. Obwohl ich unglaublich aufgeregt war, wie es nun mit uns beiden weitergehen würde, hatte sich die Gewissheit, dass meine schlimmsten Ängste vorbei zu sein schienen, offenbar so beruhigend auf mich ausgewirkt, dass ich trotz meines überlauten, freudigen Herzklopfens zur Ruhe gefunden hatte. Robert wirkte sich also ganz wunderbar auf mein Wohlbefinden aus, stellte ich glücklich fest und schaute dem nun kommenden Tag mit ihm voller Vorfreude und beseelter Leichtigkeit entgegen.

      Ich sprang aus dem Bett und duschte schnell. Robert hatte mich mehrmals gebeten, für das Frühstück warme, robuste Kleidung anzuziehen. Was er wohl vorhatte? Ich streifte mir also eine Jeans und ein hellblaues, langärmliges Shirt über und zog noch einen dicken weißen Rollkragenpullover darüber. Ich war gerade fertig mit Anziehen und Haare trocknen, als es auch schon klingelte. Ich schlüpfte in meine Schuhe und zog mir die Jacke treppabwärts laufend an. Obwohl ich immer noch dachte, dass ich nur geträumt haben konnte und ganz bestimmt nicht Robert in diesem Augenblick unten vor der Tür stehen würde, um mich abzuholen, freute ich mich unbändig auf den Morgen mit ihm. Wo wir wohl frühstücken würden? Ich flog die Treppe förmlich hinab.

      Unten angelangt, riss ich die Tür auf und war völlig überrascht, als er direkt vor mir stand, dichter, als ich erwartet hatte. Mit dem letzten Schwung des Türöffnens fiel ich ihm direkt in die Arme, unfähig noch irgendwie die Balance zu halten. Robert fing mich mühelos auf und lächelte mich dann verschmitzt an, als ich wieder sicher auf meinen eigenen Beinen stand.

      »Du bist aber stürmisch! Guten Morgen!«

      »Guten Morgen!«, mir schoss das Blut in die Wangen. Wie peinlich, direkt mit der Tür nicht ins, sondern aus dem Haus zu fallen … So etwas konnte auch nur mir passieren!

      Robert trug wieder seine Bikerjacke, eine dunkle Jeans, Bikerboots und um den Hals einen dunkelgestreiften Stoffschal. Mir fiel es erneut unendlich schwer, meine Augen von ihm abzuwenden. Und mir wurde klar, dass ich dies ja auch eigentlich nicht mehr tun müsste. Diese Erkenntnis jagte mit einem einmaligen, überwältigenden Gefühl gleich eines Stromstoßes durch mich hindurch, als hätte ich direkt in eine Steckdose gefasst und verursachte eine Gänsehaut, die man sicher sogar durch Pullover und Jacke noch sah.

      »Hast Du Hunger?«, fragte er mich.

      Ich nickte. Immer noch bedeckt mit kribbelnder Gänsehaut von Kopf bis Fuß.

      »Na dann mal los.« Sein Gesicht leuchtete vor Freude. Er drehte sich um und nahm von einem hinter ihm parkenden Motorrad einen Helm und reichte ihn mir.

      »Wir fahren Motorrad?«, fragte ich verwundert und begeistert zu gleich.

      »Wenn du nichts dagegen hast …?«

      »Natürlich nicht! Wow! Ich meine, das wollte ich schon immer mal! Was ist das denn für eins?« Ich strahlte ihn überglücklich an und versuchte, den Helm aufzusetzen. Das war gar nicht so einfach, aber es klappte.

      »Eine BMW R69S von 1965«, antwortete er mit Kennerblick auf die Maschine, als müsste ich spätestens jetzt Bescheid wissen.

      »Aha, ein Oldtimer. Sieht aber immer noch chic aus«, versuchte ich sein Motorrad ehrlich zu loben, was zu einem amüsierten Grinsen bei Robert führte.

      »Chic?«, fragte er breit grinsend.

      »Allerdings müsstest Du jetzt den Rucksack nehmen. Ich hoffe, das ist okay für dich?« Robert reichte mir mit fragendem Blick einen gut gefüllten Rucksack. Kein Problem, warum sollte ich etwas dagegen haben? Ich setzte ihn auf und sagte: »Klar, kein Thema.«

      »Warm angezogen scheinst Du ja zu sein. Halte dich gut an mir fest, am besten mit deinen Armen um meinen Bauch«, erklärte er mir fürsorglich.

      Oh mein Gott! Meine Arme um seinen Bauch …?

      Er schlüpfte in den zweiten Helm, saß auf und ich kletterte hinter ihn. Ich hatte ihn in meiner Freude über die Motorradtour noch gar nicht gefragt, wohin wir fahren würden. Aber zum Fragen war es nun zu spät, denn Robert hatte die Maschine schon gestartet, drehte sich nochmal zu mir um, nickte kurz und es ging rasant los. Der Klang des Motors hallte von den Häuserwänden wider. Wir brachten bestimmt gerade alle Leute in der Straße um ihren Plan, am Samstag auszuschlafen. Na und? Ich musste leise lachen. Das war alles so gar nicht ich. Aber ich fühlte mich ausgesprochen wohl!

      Ich achtete nicht darauf, wohin wir fuhren, sondern schloss die Augen und schmiegte mich eng an Robert. Ich spürte, dass er nach einem kurzen Moment ziemlich schnell fuhr, konzentrierte mich aber nur auf das Gefühl, ihm so nahe zu sein und genoss es, mit ihm förmlich durch Raum und Zeit zu fliegen.

      Wir wurden langsamer und der Untergrund schien nicht mehr eben. Das Motorrad fuhr nun behutsam über einen wurzeligen Weg, als ich die Augen wieder öffnete. Wir fuhren unterhalb eines langgezogenen, grünen Hanges. Links neben uns war Wald. Leichte Nebelschwaden zogen rechts über dem Hang entlang. Hier und da brach die leuchtende Oktobermorgensonne durch den Nebel und ließ den Tau auf dem Rasen märchenhaft glitzern. Die Büsche am Waldrand waren überzogen mit tausenden Spinnweben, die, ebenfalls vom Tau feucht, in allen Regenbogenfarben strahlten. Es war wunderschön. Wie ein Zauber!

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