Im Nebel auf dem Wasser gehen. Adrian Plass
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Und dennoch.
Eben dieser Mann sagte neulich zu mir: „Ich versuche gerade, eine Predigt für Ostersonntag vorzubereiten. Gestern habe ich mich an den Schreibtisch gesetzt und zu Gott gesagt:, Wenn du existierst, hilf mir bitte, etwas Brauchbares zusammenzukriegen.`”
Das war kein Witz. Er meinte es genau so, wie er es sagte. Das ist einfach die Art meines Freundes. Wenn ich mehr Zeit hätte, könnte ich Ihnen erklären, wie verschiedene negative Aspekte seiner Kindheit es ihm sehr schwer gemacht haben, sich zuversichtlich an seiner Gotteskindschaft zu erfreuen. Andere Leute, die ich kenne, haben in solchen Bereichen Heilung erfahren. Dieser Mann nicht. Im Tun seiner Arbeit für Gott erwächst die Gabe des Glaubens in ihm und nistet sich in jenen Worten ein, die imstande sind, Menschenleben zu verändern.
Zwischen den Zeiten, in denen er sich im Normalzustand des Glaubens befindet und andere mit dem Evangelium erreicht, ist er fähig, in einem Sumpf der Verzweiflung zu versinken, in dem es keinen Gott gibt, und selbst wenn es einen gäbe, würde diese strenge Gottheit für eine so unwürdige und unentschlossene Pflaume von einem Diener niemals die Himmelspforten auftun.
Vielleicht finden Sie, dass mein Freund das alles inzwischen eigentlich überwunden haben müsste. Vielleicht ist da etwas dran. Ich bitte Gott schon seit vielen Jahren, ihm dabei zu helfen, und wenn Sie meinen, dass Ihre Gebete helfen können, bitte beten Sie, aber wann immer ich diesen Mann erwähne, bemerke ich aus dem Augenwinkel einen rätselhaften Ausdruck auf dem Gesicht Jesu.
Der Herr kennt meinen Freund und er kennt mich. Meinem Freund fehlt es an Gewissheit. Ich kann in anderer Hinsicht furchtbar unbeständig sein. Beide zusammen ergeben wir einen Christen, der an die Vaterschaft Gottes glaubt und zuverlässig und konsequent in seinem Umgang mit anderen Menschen ist. Wir sind der Leib Christi. Kann man ein Teil von etwas Besserem sein, wenn man weiß, dass man in vielen Bereichen unzulänglich ist und allein nicht zurechtkommt? Ich bezweifle es.
Heilung
Gehen wir weiter zu dem zweiten Bereich, in den wir etwas Licht zu bringen und über den wir einige Wahrheiten zu sagen versuchen wollen. Soweit ich sehe, werden nicht viele Leute von Gott geheilt. Ich höre zwar viel über Heilung, wenn ich durchs Land und durch die Welt reise, und habe schon eine Menge über so genannte ganzheitliche Heilung gelesen – worunter offenbar zu verstehen ist, dass zwar niemand geheilt, aber viel mit ernster Miene vor sich hin genickt wird. Vor ein paar Jahren besuchte ich einmal ein christliches Heilungszentrum und erkundigte mich, ob dort schon einmal jemand tatsächlich geheilt worden sei. Die Person, mit der ich sprach, lächelte geheimnisvoll und erwiderte: „Nun, das kommt darauf an, was Sie unter Heilung verstehen.”
„Ach so”, sagte ich ein wenig verdattert. „Ich schätze, darunter verstehe ich, dass jemand krank oder verletzt ist und im nächsten Moment nicht mehr, oder jedenfalls wenig später. So wie bei Jesus, als er hier war. Aussätzige und Blinde. So etwas eben.”
„Nun, Sie müssen wissen”, erklärte mir der Mann, „dass unser Anliegen hier darin besteht, auf die Heilung des ganzen Menschen an Leib, Seele und Geist abzuzielen.”
„Verstehe. Würde das dann auch den Ellbogen des Menschen einschließen, wenn der nicht richtig funktioniert?”
Er überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf.
„Ich glaube, regelrechte körperliche Heilungen von dieser Art haben wir hier noch nicht gehabt, aber es gab einmal eine Frau, deren Genesungszeit erheblich verkürzt wurde …”
Untersuchungen über dramatische Heilungsdienste sind allzu oft zu ausgesprochen niederschmetternden Ergebnissen gelangt. Mich packen Zorn und Traurigkeit, wenn ich an verletzliche Menschen denke, die in Scharen in riesige Stadien strömen, in der verzweifelten Hoffnung, irgend so ein unverschämt selbstbewusster Showstar, der für die meisten von ihnen nur ein Punkt in weiter Ferne ist, werde eine göttliche Heilungskraft in ihr Leben ausgießen. Ich wünsche jedem, der einen echten Heilungsdienst hat, reichen Segen, aber ich bete, dass Gott all die überführen möge, die in ihrem innersten Herzen wissen, dass sie Betrüger sind, die sich eben jene Menschenmassen zunutze machen, die in Jesus solch zupackende Barmherzigkeit entfachten. Eine schlimmere, teuflischere Grausamkeit, als Leidenden die Gewissheit der Heilung anzubieten, wenn dieses Versprechen nichts als eine Lüge und eine Illusion ist, lässt sich kaum vorstellen.
Die Wahrheit über Heilung ist so leicht zu verschleiern. Ich habe oft zu dieser Vernebelung beigetragen und hätte mir jedes Mal hinterher am liebsten in den Hintern getreten. Eine Frau erzählt mir, die Kusine eines Freundes ihres Bruders sei von einer unheilbaren Krankheit geheilt worden, und ich lächle und nicke unverbindlich, weil es mir unfreundlich und mühsam erscheint, das Gesagte in Frage zu stellen oder zu widersprechen, obwohl ich mir völlig sicher bin, dass hier keine übernatürliche Heilung im Spiel war.
Und was ist so furchtbar falsch an dieser unverbindlichen Zustimmung, fragen Sie? Gott bekommt doch die Ehre und wir fühlen uns alle ein bisschen besser. Warum nicht? Nun, es ist doch blendend offensichtlich, dass Gott keine Ehre für ein Wunder einheimsen will, das er gar nicht getan hat. Danken Sie ihm von ganzem Herzen für Ihre Genesung oder alles Gute, was Ihnen passiert, sicher, denn alles Gute kommt sowieso von ihm, aber lassen Sie uns keine Spielchen mit der übernatürlichen Macht Gottes treiben, und seien sie noch so gut gemeint. Erbärmliche Reaktionen wie die eben geschilderte haben den Effekt, den echten Heilungsdienst des Heiligen Geistes zu verwässern und davon abzulenken, und das wollen wir doch nicht, oder?
Wenn mein Bein wehtut
In vielen Teilen der Gemeinde Jesu geht man irgendwie davon aus, nur mangelhafte Technik und Methode seien daran schuld, dass wir nicht die Art von Heilungen erleben, von denen in den Evangelien die Rede ist. Vielleicht muss man nur ein bisschen an den Reglern drehen. Auf der persönlichen Ebene ist es leicht, in diese Falle zu tappen. Als ich anfing, diesen Abschnitt zu schreiben, wurde mir klar, dass ich es selbst in letzter Zeit nicht anders gemacht habe, weil mir mein Bein ziemlich wehtat. Auf die absurde Spitze getrieben, läuft das Spielchen so:
Phase eins: Mein Bein tut weh; also frage ich Gott, ob er so nett ist, es zu heilen. Er tut es nicht. (Es sei denn nach der Definition unserer ganzheitlichen Freunde, deren Anliegen es wäre, darauf hinzuweisen, dass meine Seele und mein Geist doch in Ordnung seien, und wäre ich nicht auch der Meinung, dass zwei von drei gar nicht übel sei? Worauf ich mit einiger Schärfe erwidern würde, ich hätte mir ja auch bei meinem Sturz im Bad nicht die Seele oder den Geist verletzt.)
Phase zwei: Mein Bein tut immer noch weh, aber ich habe mich an ein Buch aus den Sechzigern erinnert, geschrieben von jemandem, dessen Namen ich nicht mehr weiß, in dem es heißt, wenn wir Gott laut für seine Antwort auf unsere Gebete preisen, obwohl er noch gar nicht darauf geantwortet hat, dann werde er es tun. Ich lege einen weiten Weg zu einer abgeschiedenen Stelle zurück