Im Nebel auf dem Wasser gehen. Adrian Plass

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Im Nebel auf dem Wasser gehen - Adrian Plass

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gelungen ist, meinen eigenen Ratschlag zu befolgen, was die Notwendigkeit angeht, den albernen Traum aufzugeben, von dem ich gerade gesprochen habe – den von Gott und der Nachfolge Jesu und dem ganzen Unsinn -, damit ich den Rest meines Lebens mit Dingen verbringen kann, die mir Spaß machen. Ich weiß, dass das meine tiefsten Bedürfnisse nicht befriedigen würde. An anderer Stelle habe ich gesagt, dass die Vorstellung einer Auslöschung, der Gedanke, am Ende der komplexen, mit Emotionen angefüllten Lebensreise auf eine stumme, finstere Wand zu treffen, in mir ein überwältigendes Gefühl der Klaustrophobie auslöst. Ich würde lieber glauben und mich dabei irren, als in einer Welt ohne Gott zu leben. Das ist einer der fundamentalen Gründe, warum Phasen des Zweifels bei mir immer damit enden, dass ich mich wieder in die Arme Gottes werfe wie ein kleiner Junge, der sich selbst mit einem Spiel erschreckt hat, das für ihn plötzlich so real wurde, dass er es mit der Angst zu tun bekam.

      Das hört sich für Sie möglicherweise nicht besonders rational an, aber ich kann Ihnen sagen, dass es ein gutes Gefühl ist und dass es mich wieder auf die Spur setzt. Außerdem dürfte es wenig geben, was theologisch korrekter wäre als der Gedanke, sich Gott hinzugeben.

       Wahre Barmherzigkeit

      Zweitens gibt es eine Aufforderung im Brief des Judas (wahrscheinlich ein Bruder Jesu), von der wir annehmen können, dass sie wiedergibt, wie Gott zu diesen Dingen steht:

       Und erbarmt euch derer, die zweifeln …

      Und Jesus selbst gebietet im sechsten Kapitel des Lukasevangeliums:

       Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.

      Ja, was für eine gute Idee. Seid barmherzig gegenüber anderen, wenn ihr auf Wolke neun schwebt und euch fühlt wie Billy Graham hoch drei und sie sich elend durch die graue Wüste der Erde schleppen und sich fragen, warum sie überhaupt je an Gott geglaubt haben. Nächste Woche, nächsten Monat oder nächstes Jahr seid ihr an der Reihe damit, dass ihr Ermutigung braucht. Seid barmherzig gegenüber Gott, der ständig verletzt wird durch die Härte, mit der seine Kinder manchmal sich selbst und andere verurteilen. Los, seid barmherzig.

      Seid barmherzig gegenüber euch selbst, wenn der Zweifel sich bei euch einschleicht und ihr das nicht wollt, er es aber trotzdem tut. Wissen Sie, in einem gewissen Sinne ist es besser, diese negativen Gefühle anzunehmen, als gegen sie zu kämpfen. In den letzten Jahren habe mich mir eine Art und Weise des Umgangs mit diesem Problem angewöhnt, die für mich sehr wirkungsvoll ist. Versuchen Sie es einmal, vielleicht hilft es Ihnen auch. Es funktioniert so:

      Wenn der Zweifel an Ihre Tür klopft, lassen Sie ihn herein. Bieten Sie ihm einen Platz in der Ecke an, aber unterhalten Sie sich nicht mit ihm und vor allem füttern Sie ihn nicht. Lassen Sie ihn bleiben, solange er möchte. Irgendwann wird er, gelangweilt und hungrig, von selbst verschwinden, wahrscheinlich dann, wenn Sie ihm den Rücken zuwenden und gerade mit etwas anderem beschäftigt sind. Im besten Fall werden Sie vergessen, dass er je da war; im schlimmsten Fall werden Sie erleichtert aufatmen, wenn Sie merken, dass Sie den Platz wieder zur Verfügung haben, den er eingenommen hat.

      Natürlich weiß ich, dass das nur Worte sind, aber sie basieren auf etwas, was viel substanzieller und wichtiger ist. Der Zweifel wohnt nämlich nicht wirklich in Ihrem Haus, auch wenn er Sie beharrlich von Zeit zu Zeit besucht. Wenn wir einmal Nachfolger Jesu geworden sind, gibt uns Gott den Glauben ins Zentrum unseres Wesens hinein. Erinnern Sie sich an die folgenden Verse aus dem zweiten Kapitel des Epheserbriefes?

       Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.

      Das ist deutlich, oder? Der Glaube ist eine Gabe Gottes, keine Laune, die wir uns selbst ausgedacht haben; und deshalb können wir davon ausgehen, dass der Glaube für uns der Normalzustand ist, so wie für Gott Barmherzigkeit der Normalzustand ist. Mit anderen Worten: Der Zweifel mag der schwarze Drachen sein, den wir manchmal in der Nacht steigen lassen, aber der Glaube ist der feste Boden unter unseren Füßen, selbst wenn unser Blick auf etwas anderes gerichtet ist und wir die Natur des festen Bodens, der uns trägt, vergessen haben. Wenn Gott mir die Gabe des Glaubens geschenkt und durch qualifizierte Engelschirurgen hat einpflanzen lassen, dann ist die Annahme, mein Glaube wäre wirklich verschwunden, ungefähr ebenso sinnvoll wie die Einbildung, eines meiner Beine wäre plötzlich weg.

      Ja, wir wissen, dass der Glaube verloren gehen kann. Die Bibel macht deutlich, dass gläubige Menschen von der Wahrheit weggezogen werden und dass wir unseres Glaubens beraubt werden können, aber in der wunderbar gewöhnlichen, alltäglichen Welt von Christen wie Ihnen und mir, so glaube ich, dürfen wir gelassen und zuversichtlich sein, dass der Zweifel die Illusion ist (und was für eine lästige Illusion), der Glaube hingegen die Wirklichkeit.

      Und wenn ich darüber nachdenke, bestätigt sich das ganz und gar in meiner täglichen Erfahrung als Christ. Wissen Sie, mitten in jenen dunklen und schweren Zweifelserfahrungen habe ich mich oft dabei ertappt, dass ich mit Jesus über diese Gefühle sprach, fast so, als hätten Glaube und Zweifel nur wenig miteinander zu tun. Nun, ich glaube tatsächlich nicht, dass sie viel miteinander zu tun haben. Ein solches Gespräch mag sich etwas neurotisch anhören, aber ich vermute, dass es in Wirklichkeit äußerst vernünftig ist. Die Jahre vergehen und ich leide immer noch an Zweifeln, aber was ihre Realität angeht, bin ich ein Agnostiker, ja fast ein Atheist.

       Wahre Individualität

      Mein dritter Punkt betrifft individuelle Unterschiede, und dies ist natürlich ein Bereich, der viel mehr umfasst als nur den Zweifel. Wir alle stecken in gewissem Maße in dem Dickicht aus all den Dingen fest, zu denen wir geworden sind, und auch wenn Gott uns erlöst, bleibt die völlige Beseitigung dieses Dickichts eine Aufgabe, mit der der Heilige Geist (mit unserer Mitarbeit) unser ganzes Leben lang beschäftigt sein wird. Bitte machen wir uns da nichts vor. Ich weiß, es gibt Leute, die den Gedanken nicht ertragen, dass das Leben als Christ ausgefranst und unbeholfen und manchmal zäh sein kann. Sie wollen Verklärung in Herrlichkeit oder gar nichts. Das ist der Grund, weshalb die Mehrzahl ihrer Mitglieder einer Täuschung erliegt, wenn man solche Leute eine Gemeinde leiten lässt, es ist auch der Grund dafür, dass die Gemeinde großes Geschick im Vorspiegeln falscher Tatsachen entwickelt oder verwirrt und nervös über ihre mangelnden Fortschritte im Vergleich mit dem „triumphalen“ Leben der anderen wird. Die Wahrheit, die in „Unser Gott ist vielerlei“ dramatisch zum Vorschein kommt, ist, dass wir Christen nicht nur sehr unterschiedliche Leute sind, sondern dass wir auch in unserem Verständnis, was Leben mit Jesus eigentlich bedeutet, auf völlig unterschiedlicher Stufe stehen.

      Zum Beispiel hatten Bridget und ich einen Freund – inzwischen ist er bei Jesus -, der nach seiner katastrophalen Kindheit ein solches psychisches Wrack war, dass unsere Beziehung, was uns betraf, hauptsächlich dem Zweck diente, ihm gerade so das emotionale, manchmal auch das physische Überleben zu ermöglichen. Vielleicht gab es noch etwas anderes, was wir hätten tun können. Ich bezweifle es. Ich glaube, unsere Aufgabe war es, für diesen zerbrochenen Menschen Jesus zu sein, bis seine leidvolle Zeit auf der Erde zu Ende war und er durch einen einzigen Atemzug in der heilsamen Luft des Himmels und eine einzige Berührung durch die Hand des Vaters vollkommen geheilt werden konnte. Wir beten und wir arbeiten, und die Wunder überlassen wir Gott.

      Was können wir auch sonst tun, so, wie wir nun einmal sind? Das ist die vernünftige Frage, die wir stellen müssen. Weil Gott Gott ist, wissen wir, dass es manchmal eine übernatürliche Antwort auf diese Frage gibt, aber in der Mehrzahl der Fälle und bis es so weit ist, müssen wir mit dem arbeiten, was wir haben und was wir sind. Das gilt für den Zweifel ebenso wie für alles andere. Das folgende Beispiel

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