Im Nebel auf dem Wasser gehen. Adrian Plass

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Im Nebel auf dem Wasser gehen - Adrian Plass

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So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben.

       Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite.

      So schwer es auch sein und so sehr es auch unser Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit herausfordern mag, es ist Gott sehr wichtig, dass wir fest zu unseren Mitchristen stehen, was immer sie auch gerade durchmachen. Sollten wir uns nicht darin abwechseln, füreinander Jesus zu sein, und zulassen, dass die Wahrheit gesagt wird, ohne dass wir mit Ablehnung oder Aggression reagieren oder bühnenreif in Ohnmacht fallen wie einer unserer modernen schauspielbegabten Fußballspieler oder wie eine viktorianische Romanheldin, die gerade herausgefunden hat, dass nicht alle Männer vollkommen sind? Jesus ist in der wirklichen Welt mitten unter uns, und es ist sein Gebot, dass wir die Wahrheit über uns selbst und über ihn sagen. So jedenfalls hat Paulus es gemacht, als er im ersten Kapitel seines ersten Briefes an Timotheus offen über sein Leben vor der Bekehrung sprach.

       Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt, mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist.

       Das ist gewisslich wahr und ein Wort, des Glaubens wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der Erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben. Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen.

      Darüber hinaus macht er in dem folgenden Auszug aus dem ersten Korintherbrief deutlich, dass er immer noch unter Schwächen leidet, obwohl wir frustrierenderweise in diesem Leben nie genau herausfinden werden, was sein berühmter „Pfahl im Fleisch“ eigentlich war.

       Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche. Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne.

      Die Wahrheit wird uns frei machen – fürchte ich. Aber wo soll ich anfangen? Worüber soll ich die Wahrheit sagen? Die Liste der Kandidaten ist lang, aber auf Anhieb fallen mir vier Bereiche ein, von denen ich zwei in diesem Kapitel betrachten möchte und zwei im nächsten. Fangen wir mit einem besonders ergiebigen Thema an.

       Zweifel

      Verzeihen Sie, wenn sich das jetzt eingebildet anhört, aber ich habe die Goldmedaille in drei aufeinander folgenden Zweifelsolympiaden gewonnen und in weiteren vier Silber und Gold errungen. Ich bin vielseitig. Die Mühe, mich zu spezialisieren, habe ich mir nie gemacht. Sprint oder Marathon, das ist mir ganz egal. Ich liege bei den meisten Wettkämpfen vorn.

      Der Zweifel war ein ständiger Begleiter in meinem Leben als Christ, seit ich vor vierzig Jahren zu Jesus sagte, ich wolle ihn „ja“ zu mir sagen hören, so wie er es zu dem Verbrecher am Kreuz auf Golgatha gesagt hatte. Besonders in Phasen, in denen alles, was ich tue, höre und sage, eine zermürbende, trostlose Gewöhnlichkeit an sich hat, hat es Zeiten gegeben, in denen ich die Achseln gezuckt und mir gesagt habe: „Warum in aller Welt glaube ich diesen Blödsinn überhaupt noch? Wir werden geboren, wir leben, wir sterben, und damit hat es sich. Sonst nichts. Kein Himmel, keine Hölle, kein Garnichts. Sei doch nicht blöd. Hör auf zu träumen und fülle endlich die Lebensjahre, die dir noch bleiben, mit Dingen, die dir Spaß machen.”

      Als ich noch viel jünger im Glauben war als jetzt, las ich Abschnitte wie den folgenden aus dem ersten Kapitel des Jakobusbriefes und sie versetzten mich in Furcht und Zittern:

       Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt und niemanden schilt; so wird sie ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde. Ein Zweifler ist unbeständig auf allen seinen Wegen.

      Das hat mich ziemlich deprimiert. Es war eine unbestreitbare Tatsache, dass ich häufig an Gottes Fähigkeit oder Bereitschaft zweifelte, auf meine Gebete zu antworten. Da hatte ich es also. Das traf genau auf mich zu. Hoffnungslos. Ich war wie eine Meereswoge, jemand, der nicht denken durfte, er werde etwas vom Herrn empfangen, ein Zweifler, unbeständig auf allen meinen Wegen. Welche Hoffnung gab es da noch für mich?

      Um die Sache noch schlimmer zu machen, las ich auch, wie Petrus aus dem Boot auf das Wasser stieg und dann beim zweiten Schritt versank, weil sein Glaube plötzlich abtauchte. Plötzlich abtauchte? Ich wusste genau, dass ich nie in der Lage sein würde, auch nur jenen ersten Schritt zu tun, ohne die gelbe selbstaufblasende Rettungsweste unter meinem Sitz im Boot anzuhaben, mit einem Licht, das anging, sobald es nass wurde, und einer Pfeife, mit der ich auf mich aufmerksam machen könnte.

      Ich dachte an die Jünger, die bei einer anderen Bootsfahrt mit Jesus die Nerven verloren, als ein Sturm aufkam und er fest schlief. Wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich mich dann wohl gelassen im Heck des Bootes zurückgelehnt und etwas Glaubensstarkes und Optimistisches gesagt wie dies:

      „Also, um ehrlich zu sein, ich weiß gar nicht, wieso ihr euch so aufregt. Ich habe mir überhaupt keine Gedanken gemacht, und offen gesagt, ich bin überrascht und schockiert, dass ihr Burschen so einen albernen Aufruhr veranstaltet, wo ihr doch wisst, dass der Herr hier ist und alles bestens im Griff hat. Habt ihr denn aus der Sache mit den Broten und den Fischen gar nichts gelernt? Ich schon. Der arme Kerl ist völlig übermüdet. Ihr hättet ihn wirklich schlafen lassen sollen.”

      Wohl kaum, fürchte ich. Im Gegenteil, ich wusste, ich wäre einer der Ersten gewesen, die panisch an seinem Ärmel gezerrt und im Boot herumgeschrien und ihn angefleht hätten, doch endlich aufzuwachen und etwas zu tun.

      Es mag Sie überraschen oder auch nicht, dass es Momente am Ende von Veranstaltungen gegeben hat – Veranstaltungen, bei denen ich leidenschaftlich über den allgegenwärtigen, lebendigen Gott gesprochen hatte -, in denen mein Glaube mich komplett verließ und ich mich fühlte wie eine leere Hülle, eine Schale, und nichts hörte außer den schwachen Echos meiner eigenen faselnden Stimme in der dumpfen inneren Stille, die sich so plötzlich und unerwartet auf mich gesenkt hatte. Solche Momente sind kalt und finster und verwirrend. Ich hoffe, Sie haben solche Momente noch nie erlebt. Ich hoffe, Sie werden sie nie erleben. Sie sind der Abgrund und sie kommen aus dem Abgrund.

      Da wären wir also. Das ist es, was ich über den Zweifel erfahren habe, oder zumindest so viel, wie ich für nötig halte, Ihnen zu erzählen. Auf den ersten Blick, denke ich, scheint es da gute Argumente dafür zu geben, mich mit Trommelschlag aus der christlichen Gemeinde zu verbannen. Ich soll doch ein Gläubiger sein, meine Güte, nicht jemand, der sich von einem zerbrechlichen Fleckchen Glauben zum nächsten schleppt und sich mit den Fingerspitzen an die Realität Jesu klammert. Doch die Wahrheit ist, dass die meisten von uns, wenn nicht sogar wir alle, schon durch das dunkle Tal des Zweifels gewandert sind. Was wir brauchen, ist ein bisschen Ehrlichkeit und Ermutigung. Was können wir also Nützliches über diesen ganzen Bereich sagen?

       Wahre Hingabe

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