Im Nebel auf dem Wasser gehen. Adrian Plass
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Manche Leute fühlen sich bei alledem etwas unbehaglich, aber meist hilft es, dass wir ihnen volle Anonymität zusichern. Am Ende haben wir dann einen kleinen Haufen von dreißig oder vierzig Aussagen und Bridget ist sehr geschickt darin, diese sofort vorzulesen, wobei sie wörtliche Wiederholungen vermeidet und den Titel und das Thema des „Gedichts“ hinzufügt, während sie es vorträgt. Die Ergebnisse, zusammengesetzt in nahezu der zufälligen Reihenfolge, in der sie eingesammelt wurden, sind sehr packend und manchmal äußerst bewegend.
Hier ein Beispiel aus einer Gruppe:
Unser Gott ist vielerlei
Er ist ein guter Vater, liebevoll und immer gegenwärtig
Er ist mein Fels
Er ist nie bei mir, wenn ich ihn am meisten brauche
Ein ferner Gott auf der Suche nach Gründen zum Strafen
Mein bester Freund
Das Licht, das meine Finsternis erträglich macht
Unser Gott ist vielerlei
Die Sonne im Winter, die den kommenden Frühling verheißt
Er ist irgendwo im Urlaub
Der Vater, den ich nie hatte
Es ist unmöglich, ihn zu kennen
Das innerste Wesen der Liebe
Er ist ein Rätsel, das der Tod lösen wird
Unser Gott ist vielerlei
Er ist wie das Meer, tief und still
Voller Vergebung
Er liebt jeden – nur nicht mich
Er lebt in uns
Er muss doch meine Qualen sehen,
aber er tut nichts dagegen
Seine Liebe hält die Welt in Gang
Unser Gott ist vielerlei
Furchtbar und gewaltig
Die Rose von Scharon
Unser Gott ist der, der den Regenbogen gemalt hat
Er ist kalt und schweigsam, voller Verheißungen,
die er nie zu erfüllen scheint
Unser Gott ist der Gott der Juden
Er hört und sieht alles, was wir tun
Unser Gott ist vielerlei
Der, den ich mein Leben lang gesucht habe
Ein Fremder hinter einer Maske
Er hilft dem Himmel, das Meer zu küssen
Herrlicher, als sich mit Worten sagen lässt
Der Vater unseres Herrn Jesus Christus
Nicht groß der Rede wert
Unser Gott ist vielerlei
Alles, was ich jemals wollen oder brauchen werde
Ich weiß nicht, was aus mir werden soll,
wenn es nicht bald anders wird
Unser Gott ist derselbe gestern, heute und morgen
Gott ist Liebe
Ich rede mit ihm, aber hört er auch zu?
Unser Gott ist vielerlei
Nicht gerade geeignet für die Aufnahme in Ihr Gemeindeliederbuch, stimmt's? Die Gruppen, die solche Reaktionen hervorbringen, sind oft ganz erschrocken über die Dinge, die zutage treten, wenn ein kleiner Ausschnitt des Leibes Christi die Erlaubnis bekommt, innere Empfindungen zum Ausdruck zu bringen, ohne gleich mit einem jener schrecklichen Zwillingslümmel namens Verurteilung und Seelsorge bedroht zu werden. In diesem Beispiel eines Aufschreis aus dem Herzen des Leibes steckt so ziemlich alles drin, nicht wahr? Da sind Freude und Traurigkeit, Zweifel und Gleichgültigkeit, Furcht und Schmerz, Lobpreis und Liebe und tiefe Wertschätzung und die bohrenden Fragen, die sich allzu oft auf der dunklen Seite des Herzens verbergen.
Bei den vielen Gelegenheiten, bei denen wir diese Übung durchgeführt haben, ist uns nicht ein einziges Mal ein Ergebnis untergekommen, in dem sich die Gruppe als einmütig positiv und im Frieden gezeigt hat. So ist es nun einmal im Leib Jesu auf Erden, und mir schwant, es wäre gut, wenn wir dieser Tatsache ins Gesicht sehen würden. Wir können der Sache auch nicht ausweichen, indem wir sagen, dass manche der negativeren Aussagen in einem solchen Gedicht von Leuten stammen müssten, die eigentlich keine Christen seien. Das stimmt nicht. Ich weiß, dass es nicht stimmt. Und Sie wissen es auch. Die meisten von uns gehen im Laufe ihres Lebens als Christen durch viele verschiedene Phasen. Der Charakter dieser Phasen schwankt, wenn es Ihnen so ähnlich geht wie mir, zwischen Verzweiflung und Ekstase, aber egal, wo wir zu einem gegebenen Zeitpunkt gerade stehen, wir bleiben immer Glieder am Leib, wenn nicht etwas einzigartig Drastisches und Schreckliches geschehen ist.
Die Herausforderung, vor der jeder Einzelne von uns steht, ist ganz einfach, wenn auch manchmal erschreckend. Einmal abgesehen von einem bewussten Beharren in Ungehorsam und Sünde, werden wir uns zu all den guten und schlechten Dingen bekennen, die in unseren Brüdern und Schwestern vor sich gehen, als gingen sie in uns selbst vor sich und wären tatsächlich ein Teil von uns? Wenn Sie so wollen, ist das die andere Seite der Medaille, die Jesus uns zeigte, als er im siebten Kapitel des Matthäusevangeliums davon sprach, wie gefährlich und unerwünscht es ist, andere zu richten:
Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst.
Ganz ähnlich äußert sich Paulus im vierzehnten Kapitel des Römerbriefes:
Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden.
Denn es steht geschrieben (Jesaja 45,23): „So wahr ich lebe, spricht der