Eva langt zu. Liza Cody

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Eva langt zu - Liza  Cody

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geht mich der Jack an? Immerhin jammert und weint er nicht. Er schreit und tobt, aber er lässt sich nicht unterkriegen. Genau wie ich.

      »Hörf«, sagte Milo.

      »Klappe«, sagte ich.

      »Eva«, sagte Anna Lee.

      »Scheiße«, sagte ich. »Was soll denn das, dass Sie sich so ranschleichen?«

      »Wieso schleichen?«, sagte sie. »Ich habe das Tor aufgemacht und bin ganz normal hereingekommen. Du hast mich nur nicht gehört. Milo hat mich gehört. Aber du nicht.«

      Milo ist ein echter Schleimi. Er küsste ihr die Hand und wedelte wie blöde mit dem Schwanz.

      »Eva«, sagte sie. »Du hast während der Arbeit getrunken.«

      »Quatsch«, sagte ich. »Das zählt doch nicht als Trinken. Das hilft gegen die Kälte.« Wenn man mit einer Dose Bier in der Hand erwischt wird, kann man schließlich kaum behaupten, es wäre Kaffee.

      »Ich bringe dich nach Hause«, sagte Anna Lee, die Feindin.

      »Sie bringen mich nirgendwohin.«

      »Nach Hause«, sagte sie.

      »Auf der Stelle«, sagte sie.

      »Beweg dich«, sagte sie.

      Im nächsten Moment hatte sie Milo und mich in ihren weißen Peugeot verfrachtet und raste die Jamaica Road runter. Unterwegs sagte sie: »Es tut mir leid.«

      »Was?«

      »Das war das Ende der Fahnenstange. Du hast gerade deine letzte Chance verspielt.«

      »Ich habe gar nichts verspielt«, sagte ich. »Halten Sie an.«

      »Warum?«

      »Anhalten!«

      Ich wäre fast in die Gosse geflogen, so eilig hatte ich es, aus dem Wagen zu kommen. Diese verkniffene, eingebildete Zicke sollte nicht sehen, wie mir schlecht wurde.

      Ich sprang um die nächste Ecke und reiherte einem Jaguar auf die Motorhaube.

      Aber ich ging nicht wieder zurück. Ich hatte die Schnauze voll von der Feindin. Sie wollte mich rausschmeißen? Da hatte sie sich geschnitten. Von mir aus konnte sie sich ihren miesen Job in die Haare schmieren. Bevor ich für sie noch einen Finger krumm machte, legte ich eher meinen Kopf unter die S-Bahn.

      Ich hätte ihr lieber in den Peugeot reihern sollen. Oder in den Nacken. Oder in ihre Handtasche.

      Das muss man sich mal vorstellen! Einer kranken Frau einen Fußtritt zu verpassen. Manche Menschen haben überhaupt kein Herz. Kein Herz. Und wenn sie mich angebettelt hätte, ich wäre nicht wieder angekrochen gekommen.

      Milo musste bei der Feindin bleiben. Schließlich war er ja auch nicht von selber mitgekommen. »Nutzlose Töle.«

      Wozu war er überhaupt gut? Zum Arbeiten war er noch zu jung und unerfahren, aber dafür konnte er fressen wie ein Pferd.

      »Sie kann dich behalten«, sagte ich. »Ich wollte dich sowieso nie haben.«

      Ich ging weiter. Mir war alles egal. ALLES EGAL. ALLES.

      Aber der Bürgersteig schwankte, und die Mauern blähten sich wie eine Fahne im Wind. Und plötzlich wusste ich den Weg nach Hause nicht mehr. Lachen Sie ruhig, aber so was kann vorkommen. Auch wenn man stocknüchtern ist. Man geht die Straße entlang, macht sich seine Gedanken oder auch nicht, biegt um eine Ecke zu viel oder zu wenig, und schon ist es passiert – man hat sich verlaufen.

      Ich hatte mich verirrt.

      Ich war auf einer Straße, die ich nicht kannte. Sie sah aus wie jede andere. Sie war gut beleuchtet, aber die Laternen waren verschwommen und schaukelten im Wind. Bloß war es nicht windig. Gerade als mir wieder schlecht werden wollte, entdeckte ich auf der anderen Straßenseite eine Tankstelle, die noch offen war. Vielleicht gab es da Bier für meinen armen Magen.

      Ich ging langsam rüber. Obwohl es vier Uhr morgens war, rasten mit einem Affenzahn irgendwelche Irren vorbei. Kein Aas hielt sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Es war eine ziemlich gefährliche Straße, wenn man ein paar Schluck getrunken hatte und sich nicht gut fühlte.

      Ein knallroter Carlton zischte an mir vorbei, als ob es mich gar nicht gäbe, und bog genau vor mir in die Tankstelle ein. Er rauschte so nah an mir vorbei, dass er mir fast die Jacke ausgezogen hätte.

      »Arschloch!«, schrie ich. Aber keiner hörte mich. Keiner kümmerte sich um mich. Ich hätte genauso gut einen Laternenmast anschreien können.

      »Arschloch«, sagte ich noch einmal und sprang auf den Bürgersteig.

      »Das zahle ich dir heim«, sagte ich und hüpfte über die Kette, die um das Tankstellengelände gezogen war.

      Ich wollte dem Carlton-Fahrer die Meinung geigen. Ich wollte ihn unter den Armen packen, hochheben und sagen: »He, du Eiterbacke, pass auf, wo du hinfährst.« Aber bis ich mich wieder hochgerappelt und der Kette, die mir ein Bein gestellt hatte, einen Tritt verpasst hatte, war der Fahrer längst ausgestiegen und ins Kassenhäuschen gegangen. Die Tür des Carlton stand offen, der Motor lief. Es war genauso gut wie eine Einladung: »Bitte sehr, Eva. Ein schönes rotes Auto, das nur darauf wartet, dich nach Hause zu bringen.«

      Also sagte ich: »Schönen Dank. Hiermit nehme ich die Eiterbacke zurück.« Ich sprang rein und legte den ersten Gang ein.

      In dem Moment steckte der Fahrer den Kopf aus der Tür und brüllte was. Ich konnte ihn nicht genau verstehen, weil ich gerade voll aufs Gas gestiegen war und mit aufheulendem Motor losdüste. Was als Nächstes passierte, war sehr merkwürdig. Als ich an dem Mann vorbeikam, klappte die Beifahrertür zu. Dabei hatte ich gar keinen Beifahrer bemerkt. Und dann kam ein anderer Typ, den ich vorher noch nicht gesehen hatte, aus dem Kassenhäuschen und zeigte mit einem Stock auf mich.

      Ich dachte mir noch: »Wieso zeigt der Schwanz mit einem Stock auf mich?« Ich hatte kaum zu Ende gedacht, da zersplitterten auch schon auf der Beifahrerseite sämtliche Scheiben. Schepper-klirr. Alles war voll Glas. Ich war so verdattert, dass ich um ein Haar eine Zapfsäule gerammt hätte.

      Ich war in null Komma nichts von null auf hundert, schnitt einen Lastwagen und bog auf die Straße ein. Ich schwitzte und fluchte, aber es dauerte fast eine halbe Meile, bis mir langsam dämmerte, wieso die Scheiben zersprungen waren.

      Der Schwanz hatte gar nicht mit einem Stock auf mich gezeigt. Er hatte eine abgesägte Schrotflinte in der Hand gehabt. Die Fenster waren nicht einfach zersplittert. Der Schwanz hatte sie zerschossen.

      Ist das zu fassen? Der Mistfink hatte auf mich geschossen. Auf mich. Nur weil ich mir einen Carlton ausgeborgt hatte. Wer macht denn so was?

      Wenn er nicht wollte, dass sich einer seine Karre auslieh, warum hatte er dann nicht einfach den Schlüssel abgezogen, wie jeder andere vernünftige Mensch?

      Scheiße. Er hätte mich umbringen können. Stellen Sie sich das mal vor. Ehemalige Catcherin erschossen. Was für eine Schlagzeile.

      Plötzlich

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