Eva langt zu. Liza Cody
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Aber sie ist meine Ma, und ich bin nun mal ein Familienmensch. Sie ist da anders. Sie hat ungefähr so viel Muttergefühl im Leib wie Geld auf dem Konto – null. Das ist auch der Grund, warum ich nicht besonders gut auf sie zu sprechen bin.
Wussten Sie, dass ich eine ältere Schwester habe, die ich nicht mehr gesehen habe, seit ich elf war? Ja, Sie haben ganz richtig gehört. Die meisten Leute denken, dass ich ganz allein auf der Welt bin und keine Familie habe. Woran man mal wieder sieht, wie sehr der Mensch sich irren kann. Ich habe eine Schwester Sie heißt Simone. Ein schöner Name, genauso schön wie meine Schwester, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Aber das ist, wie gesagt, schon ewig her. Da war ich noch ein Kleinkind.
Warum ich sie so lange nicht mehr gesehen habe? Gute Frage. Eine gute Frage mit einer schlechten Antwort. Wegen meiner Ma – unserer Ma. Da haben Sie die schlechte Antwort. Meine Ma ist so eine schlechte Ma, dass sie die Familie nie länger als ein paar Wochen zusammenhalten konnte. Sie hat nie einen Pfifferling für ihre Kinder gegeben. Also wurden wir ihr weggenommen. Ob ihr das was ausgemacht hat? Ach was! Aus den Augen, aus dem Sinn – das ist das Motto meiner Ma. Es war ihr doch egal, dass wir zu acht in einem Raum schlafen mussten. Es war ihr egal, dass wir mit dem Lederriemen geschlagen wurden, dass das Essen die reinste Katzenkotze war, dass es in den Heimen im Winter so kalt war, dass man seinen Atem sehen konnte. Das hat meine Ma einen Scheißdreck gekümmert. Hauptsache, sie konnte an der Flasche nuckeln und irgendwelchen Mackern ein paar Mäuse aus den Rippen leiern.
Aber jetzt hatte ich mehr als nur ein paar müde Mäuse in der Tasche. Ich hatte Geld wie Heu.
Ma glaubt, ich sei ein Versager. Sie denkt, es wird nie was aus mir werden, weil ich nicht aussehe wie eine Schaufensterpuppe. Meinen Sie vielleicht, sie wäre stolz auf mich gewesen, als ich noch die Londoner Killerqueen war? Fehlanzeige. Es war ihr peinlich. So ist meine Ma. Ich trainiere hart, ich gewinne meine Kämpfe, ich gebe dem Publikum, was es sehen will. Und meine Ma schämt sich. Sie hat sich nie einen Kampf von mir angesehen. Nicht einen einzigen.
»Ach, nein«, sagt sie. »Ich guck mir gerne die Kerle an, wenn sie gut gebaut sind. Aber auf deinen Anblick kann ich verzichten, Eva. Bei deiner Figur solltest du dich lieber verstecken.«
So was baut auf, was? Ich denke lieber nicht daran. Wenn ich auch nur einen Gedanken darauf verschwenden würde, wäre das mein sicheres Ende. Ich würde auf der Stelle tot umfallen.
Ich blieb stehen. Milo lief mir hinten rein.
Ich sagte: »Wieso muss ich jetzt an diesen Scheiß denken, Milo?«
»Hip?«, sagte Milo.
»Ich bin im Kommen«, sagte ich. »Es geht bergauf. Ich scheine auf meine alten Tage tatsächlich eine Glückssträhne erwischt zu haben. Und die schlachte ich jetzt aus. Das kannst du mir glauben.«
Damit marschierte ich in eine Annahmestelle und gab einen Lottoschein ab. Ich bezahlte mit einem nagelneuen Zwanziger. Ich weiß, was Sie denken. Sie denken, ich spinne. Ich habe Squillionen, wozu brauche ich noch mehr? Wissen Sie was? Ich spinne nicht. Klar, ich habe Squillionen. Aber kluge Leute wie ich behalten ihre Squillionen. Sie lassen die Squillionen für sich arbeiten. Genau das machte ich auch. Weil mir gerade das Glück an den Stiefeln klebte, würde ich todsicher im Lotto gewinnen. Dann wäre das Geld für den Lottoschein nicht zum Fenster rausgeworfen. Weil ich mir damit noch mehr Geld gekauft hätte. Kapiert? Meinen Sie immer noch, ich spinne?
Sie denken: Diese Eva, die hat noch nie Kohle gehabt, die hat keine Ahnung, was sie damit machen soll, die schmeißt mit den Moneten um sich, bis sie alles verbraten hat. Woran man sieht, wie dumm Sie sind. Das Geld gehört mir, und ich behalte es. Glauben Sie bloß nicht, Sie würden es in die Finger kriegen. Ich und meine drei Hunde geben Ihnen den guten Rat, es in den Wind zu schießen. Was meins ist, ist meins. Was Ihres ist, ist Ihres, und wenn Sie nichts haben, ist das Ihr eigenes Pech. Ich gebe Ihnen genauso viel ab, wie ich von Ihnen gekriegt habe, als ich selber noch nichts hatte. Raten Sie mal, wie viel das wohl ist. Zeigen Sie doch mal, wie clever Sie sind.
Mittlerweile war ich vor dem Hochhaus angekommen, wo meine Ma wohnt. Ich hatte ein dermaßen flottes Tempo angeschlagen, dass Milo japsend hinter mir her hechelte.
Den Fahrstuhl ließ ich gleich links liegen. Der ist sowieso fast immer kaputt. Ich schleppte mich zu Fuß bis in den fünften Stock hoch, durch das senkrechte Pissoir, genannt Treppenhaus. In dem Kasten hausen nur Wandalen. Wenn sie eine Treppe sehen, fällt ihnen nichts Besseres ein, als in die Ecken zu pissen. Keine Ahnung, was das soll. Wenn ich eine Treppe sehe, gehe ich rauf – oder runter. So einfach ist das.
Im dritten Stock blieb Milo stehen und sah mich bettelnd an. Die Augen quollen ihm fast aus dem Kopf.
Ich sagte: »Du brauchst gar nicht so zu gucken. Ich nehm dich nicht auf den Arm.«
»Hörf«, sagte Milo todtraurig. Er ist noch jung. Seine Muskeln sind schlaff. Aber er ist zu groß, um sich die Toilettentreppe rauftragen zu lassen. Und er ist so dumm, dass er eine Verschnaufpause einlegt, wo die Luft so verpestet ist, dass man sich mit jedem Atemzug vergiften kann.
»Los, weiter«, sagte ich. Endlich kamen wir auf den offenen Außenkorridor raus, wo einem der Wind die Ohren abreißt. Es war ein Tag für unangenehme Überraschungen. Meine Ma steckte mitten im Umzug. Sie wollte sich verkrümeln, ohne mir etwas davon zu sagen. Mir, ihrer eigenen Tochter. Sehen Sie? Sehen Sie, was für eine Ma ich habe? Wenn man mit einem Backstein schmust und Ma zu ihm sagt, hat man mehr davon.
»Wo willst du denn hin?«, sagte ich, als ich wieder bei Puste war.
»Hier, halte mal«, sagte meine Ma und drückte mir eine Kiste mit Klamotten und Geschirr in den Arm. »Du musst die Treppe nehmen. Der Lift ist voll. Da ist mein Bett drin.«
Sie verschwand in der Wohnung, und ich stand blöd da, mit ihrem Krempel im Arm. Als sie wieder rauskam, brachte sie noch eine Ladung bunten Plunder mit.
»Los, beeil dich«, sagte sie. »Ich muss das in den Wagen packen. Der Mieteintreiber kann jeden Augenblick hier sein.«
»Wohin gehst du?«, fragte ich. »Wieso weiß ich nichts davon, dass du umziehst?«
»Steh dir nicht die Beine in den Bauch«, schrie sie. »Wir müssen uns ranhalten. Der Mieteintreiber kommt gleich.«
»Du wolltest die Fliege machen«, sagte ich. »Ohne mir Bescheid zu geben.«
»Von mir aus bleib doch da stehen und schrei dir die Lunge aus dem Hals. Zu mehr taugst du ja sowieso nicht. Ich verschwinde jedenfalls. Der Mieteintreiber kommt, der will mich vor Gericht zerren.«
»Dir ist wirklich alles egal, was?«, sagte ich. »Wie sollen Simone und ich uns je wiederfinden, wenn du dich einfach aus dem Staub machst, ohne uns was zu sagen? Wie soll man eine Familie sein, wenn einen die eigene Mutter einfach im Stich lässt? Kannst du mir das mal verraten?«
»Halte endlich die Klappe«, schrie sie. »Der Mieteintreiber kommt.«
»Du wolltest mir nichts davon sagen. Wenn ich das nächste Mal vorbeigekommen wäre, wärst du einfach nicht mehr da gewesen, du kotzgrüne Schabracke.«
»Das war auch längst fällig«, sagte sie. »Ich habe die Schnauze gestrichen voll davon, dass du mir wegen Simone Löcher in den Bauch fragst. Wieso kriegst du das nicht in deinen dicken Schädel? Simone will nichts von dir wissen.«
Was sagen Sie dazu? Ist das etwa die feine mütterliche Art? Davon kann