Highcliffe Moon - Seelenflüsterer. Susanne Stelzner
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»Das ist Kindergarten, Leute. Glaubt ihr, ihr seid schneller als ich?« Sein Lachen ging in ein Kichern über.
Charlie hatte inzwischen so beschleunigt, dass ich fast stolperte. Wir erreichten den Mini und sie sprang zur Fahrertür. »Los, los«, feuerte sie mich an und ich riss gehorsam die Beifahrertür auf.
Keuchend erschien Ben neben mir und schob mich beiseite. »Darf ich mal, Ladys?« Katzengleich schob er sich an mir vorbei auf den Rücksitz. Ich musste grinsen, aber Charlie verpasste dem in der Falle Sitzenden einen kräftigen Schlag auf den Oberarm. »Au«, machte Ben und setzte eine beleidigte Miene auf. »Was hab ich denn gemacht?«
»Übertreib es nicht«, funkelte Charlie ihn böse an, weitere Bestrafung mit ihrer erhobenen Hand andeutend. Ben kreuzte abwehrend die Arme vor der Stirn und seine Mundwinkel zuckten verdächtig. Charlie drehte sich wieder nach vorn, warf mir zwinkernd einen Blick zu und startete den Wagen.
Bizarre Wahrnehmungen
In den nächsten Tagen kam ich endlich in meinen normalen Rhythmus zurück und die nervige Müdigkeit verschwand. An den Nachmittagen hielt ich mich viel in meinem Zimmer auf und arbeitete mich durch die neuen Schulbücher. Da eine endlose Regenfront unseren Küstenstreifen fest im Griff hatte, kam mir der verordnete Stubenarrest nicht ungelegen, um den umfangreichen Lernstoff einzupauken. Ben hatte sich als Unterstützung abgemeldet; er war voll damit beschäftigt, eine groß angelegte Netzwerkparty für seinen Computerclub vorzubereiten. So waren die einzigen Ablenkungen einige Telefonate mit Charlie, die etwas Zeit in Weymouth bei ihrer Großmutter verbrachte.
Es verging kein einziger Tag, an dem ich nicht an den Jungen in New York dachte. Und obwohl ich, wenn ich es mir ehrlich eingestand, zu wissen glaubte, dass er bei dem Unfall gestorben war, fühlte ich, je öfter er in meinem Kopf war, ein unerklärliches Gefühl der Verbundenheit, was ihn in meinem Paralleluniversum geradezu ewig leben ließ. Ich sah ihn noch immer so deutlich wie am ersten Tag unserer Begegnung, aber ich hatte Angst, dass sein Bild mit der Zeit verblassen könnte. Daher holte ich es mir immer und immer wieder energisch aus meiner Erinnerung hervor. Ich versuchte mehrmals, ihn zu zeichnen, doch es gelang mir nicht. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf mein fotografisches Gedächtnis zu beschränken.
Widerwillig entließ ich an diesem Freitagnachmittag sein Bild aus meinen Gedanken, als ich pünktlich um fünf Uhr den mit Regenwasserlachen angereicherten Hof der Fahrschule betrat, um mich der Herausforderung meiner ersten Fahrstunde zu stellen.
»Ich bin James Leighton«, stellte sich der Mann im Tweed Jackett vor, der mit einer Klemmmappe bewaffnet an einem Opel Corsa mit Fahrschulaufkleber stand und mir erwartungsvoll entgegensah. »Sie müssen Miss Summers sein.«
»Ja, richtig.« Ich reichte ihm die Hand.
Das war also mein Fahrlehrer. Mein erster Eindruck war, dass er freundlich und kompetent wirkte. Ich schätzte ihn ungefähr so alt wie meinen Dad, vielleicht ein bisschen älter, denn er hatte schon leicht angegraute Schläfen. Er war schlank und bewegte sich sportlich, als er mir mit einer einladenden Geste die Fahrertür öffnete. »Sie haben angegeben, dass Sie schon Fahrpraxis haben?« Fragend sah er mich an.
Ich nickte und stieg ins Fahrzeug.
»Sehr gut, dann brauchen wir nicht ganz von vorn anzufangen. Nachdem Sie sich von dem ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeugs überzeugt haben, das habe ich bereits für Sie gemacht, können wir uns auf den Weg machen«, meinte er augenzwinkernd.
»Ist mir recht«, antwortete ich zufrieden. Ich wusste jetzt schon, dass ich sehr gut mit ihm auskommen würde.
»Na, dann wollen wir mal.« Er schlug die Fahrertür zu und begab sich auf die Beifahrerseite. Ich schnallte mich an, während er Platz nahm und ebenfalls zum Gurt griff. »Dann machen Sie sich bitte mit den Funktionen dieses Fahrzeuges vertraut.« Unter seinem aufmerksamen Blick suchte ich nach dem Blinker, den verschiedenen Einstellungen des Lichts, sogar nach der Nebelschlussleuchte und der Wischanlage, bis ich alle Schalter und Knöpfe verstanden hatte. »Gut. Dann richten Sie sich jetzt die Spiegel ein und dann starten Sie bitte den Motor.«
Der Motor meldete sich mit einem sonoren Brummen und ich ließ den Wagen langsam anrollen, aber nicht ohne vorher in den Rückspiegel geblickt zu haben, wie Charlie mir eingebläut hatte. Dann fädelte ich mich hochkonzentriert in den Verkehr ein. Um die Mundwinkel von Mr Leighton zuckte ein zufriedenes Lächeln.
Die latente Sorge, ob ich es packen würde, zum ersten Mal auf öffentlicher Straße mit Gegenverkehr zu fahren, erwies sich als unbegründet. Es machte mir nichts aus, bis auf zwei, drei Fehlschaltungen, die das Getriebe etwas zum Kreischen brachten, viele Tempoüberschreitungen und das Überfahren eines Stoppschildes, das Mr Leighton mit einem kräftigen Anschlag seiner Sicherheitspedale korrigierte, schlug ich mich gar nicht mal so schlecht. »Das darf nicht wieder passieren«, meinte er freundlich, aber eindringlich. »Bei der Prüfung würde das sofort zum Abbruch führen.« Ich nickte einsichtig, während Mr Leighton sich noch kurz eine Notiz auf seinem Block machte und mich dann verabschiedete. Mit dem festen Entschluss, beim nächsten Mal noch besser aufzupassen, hüpfte ich relativ zufrieden mit mir vom Hof.
Jetzt freute ich mich auf das Wochenende. Charlie hatte die wunderbare Frage gestellt, ob wir nach London fahren wollten. Ihr Vater hatte ihr dort eine kleine Eigentumswohnung in dem schönen Stadtteil Kensington vererbt. Ich war unheimlich gern dort und konnte den nächsten Tag kaum erwarten.
Ein verführerischer Duft weckte mich. Ich sprang die Treppe herunter und folgte ihm in die Küche. Meine Mutter stand am Herd und machte gerade meine geliebten Pancakes. Ich umarmte sie von hinten. »Morgen, Momsy.«
»Guten Morgen, Schatz. Hast du gut geschlafen? Du hast in der Nacht wieder geredet.«
»Wirklich? Was hab ich denn gesagt?«
»Ich konnte es nicht verstehen. Es war so unzusammenhängendes Zeug und du hast auch sehr leise gesprochen. Aber als ich dich angesprochen habe, weil ich dachte, dass du vielleicht doch wach bist, hast du dich im Bett aufgerichtet und mich mit offenen Augen ernst angesehen und gesagt …« Sie machte eine Schnute und veränderte ihre Stimme: »›Bist du allein oder kommen noch mehr?‹ Dann bist du mit geschlossenen Augen wieder zurück aufs Kopfkissen gefallen.«
»Waas?« Ich bog mich vor Lachen.
»Ja, es war wirklich witzig. Du warst dabei im Tiefschlaf«, lachte meine Mutter und wendete den letzten Pfannkuchen mit einem geschickten Schwung der Pfanne, wie ein Profi.
»Oh Mann«, sagte ich nur kopfschüttelnd, »ich kann mich überhaupt nicht erinnern, was ich da geträumt habe.«
»Reich mal deinen Teller rüber, Schatz.«
Während sie mir einen der herrlich duftenden Fladen gab, dachte ich weiter angestrengt nach, aber es war alles weg. »Den Ahornsirup bitte, Mom.« Ich hielt ihr meine ausgestreckte Hand entgegen. Sie reichte ihn mir herüber, füllte die restlichen Pancakes auf einen großen Teller und setzte sich zu mir an den Küchentisch.
Wir saßen zum Essen meistens in der Küche an dem uralten Eichenholztisch, der meiner Urgroßmutter gehört hatte. Ich mochte das