Hitlers Vater. Roman Sandgruber

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Hitlers Vater - Roman Sandgruber

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er aufbrausend und rechthaberisch gewesen sein – seine Briefe lassen das vermuten, aber auch Kollegen bestätigten das. Das Zeugnis eines Arbeitskollegen, des Zollobersekretärs Hebenstreit aus dem Jahr 1940, der 1881/82 in Simbach mit Hitler zusammengearbeitet hatte, ist nicht gerade freundlich: »Alois Hitler war uns allen unsympathisch. Er war sehr streng, genau, ja sogar Pedant im Dienst und ein sehr unzugänglicher Mensch. Außer Dienst verkehrten wir nicht mit ihm.«78 Sein auch für heutige Begriffe bewegtes Sexualleben hingegen dürfte im damaligen Innviertel nicht besonders aufgefallen sein oder gar Anstoß erregt haben. Was Alois, der als zugeknöpft und mürrisch beschrieben wurde, sich aber auch betont höflich, ja geradezu leutselig, gefällig und freundlich geben konnte, auf jeden Fall hatte, waren ein großer Bildungshunger und eine erstaunliche Gewandtheit in Wort und Schrift. Er fiel bereits in Braunau unter seinen Kollegen als extrem belesen auf, was auf die Mittel seiner Schwiegereltern und auf seine Wiener Verwandten zurückgeführt wurde.79 Auch Verwandte und Bekannte in der Weltstadt zu haben war prestigereich, auch wenn diese dort bloß Hauswarte oder Dienstleute waren.

      Privat weiß man aus dieser Zeit nicht viel. Man berichtete von Militärmusik und Kegelbahn, Schlittenpartien und Gasselrennen – die typische Form der Innviertler Pferderennen. Der Freundeskreis scheint sich auf die Mitarbeiter beim Zoll und auf sonstige Beamte beschränkt zu haben. Zumindest im Dienst merkte man von nationalen Vorurteilen nichts. Ganz besonders freundete sich Alois mit dem Zollbeamten Karl Wessely an, einem Tschechen, der es beim Linzer Infanterieregiment Nr. 14 zum Musikfeldwebel gebracht hatte und dann in den Zolldienst gewechselt war. Einige Male taucht Alois bei besonderen Anlässen in Zeitungsmeldungen auf: Am 21. September 1874 war er einer der Trauzeugen bei der Hochzeit eines seiner Kollegen, des k.k. Finanzwache-Oberaufsehers Karl Fischer. Die Braut war Antonia Mayr, die als Dienstmädchen im Hitler-Glassl-Haushalt beschäftigt gewesen war.80 1882 finden wir Hitler zusammen mit Beamten und Honoratioren auf einer Spendenliste zugunsten der durch Überschwemmungen verunglückten Bewohner in Tirol und Kärnten mit der durchaus namhaften Summe von einem Gulden, neben dem Braunauer Bezirkshauptmann, der 5 fl gab, dem Bezirkstierarzt mit 1 fl und einer Reihe von Mitarbeitern der Braunauer Finanzbehörden, deren Beiträge sich im Kreuzer-Bereich bewegten.81 1889 spendete er für die Schulausspeisung, ein anderes Mal für die Opfer von Brandkatastrophen, dann wieder für Witwen und Waisen. Adolf wusste, was er seinem Stande schuldig war.

      Ob Alois überhaupt Hobbys hatte? Wann genau die Imkerei zu seiner bevorzugten Freizeitbeschäftigung wurde, ist nicht fixierbar. Aber es war jedenfalls schon in der Braunauer Zeit. Er inserierte in der Neuen Warte am Inn und in der Linzer Tages-Post Bienenstöcke und Honig zum Verkauf. Alois begann sich auch für die Hundezüchtung zu interessieren. 1881 bot er einen Neufundländer-Hundemischling zum Verkauf an: »Zweijährig, groß und sehr schön (edel marderfärbig), vorzüglich dressiert und fehlerfrei, verkäuflich um 70 Mark bei Herrn Alois Hitler in Braunau am Inn.«82 Das verrät Erfahrung. Er war wohl schon länger Hundehalter. Und ist insofern nicht belanglos, als von Alois später wiederholt berichtet wurde, dass er gewohnt war, seine Kinder wie Hunde heranzupfeifen und mit schrillen Pfiffen und kurzen Befehlen zu dirigieren. Leondinger Schüler erzählten später: »Der alte Herr Alois forderte unbedingten Gehorsam. Oft führte er zwei Finger in den Mund, stieß einen scharfen Pfiff aus, und Adolf, wo immer er gewesen sein möge, lief sofort zu seinem Vater.«83

      Über die politischen Ansichten und Betätigungen Alois Hitlers aus seiner Braunauer Zeit weiß man nichts. Braunau war damals eine der wenigen Stadtgemeinden, in der die Christlich-Konservativen die Stadtpolitik dominierten. Bei der Gemeinderatswahl 1882 schrieb die liberal-antiklerikale Linzer Tages-Post: »Hoffentlich wird durch die Bemühungen und zahlreichste Wahlbeteiligung aller rücksichtsvollen Bürger bei der kommenden Neuwahl der Stadt Braunau der traurige Ruhm erspart bleiben, in ganz Oberösterreich die einzige Stadt zu sein, welche eine reaktionär-klerikale Gemeindevertretung besitzt.«84 Die Hoffnungen der freisinnigen Zeitung wurden zwar enttäuscht. »Wenn man bedenkt«, schrieb die Tages-Post 1884, »dass die letzten Gemeinderatswahlen im eminent konservativen Sinne ausgefallen waren, so konnte man sich anlässlich der Landtagswahl mancher Zweifel nicht erwehren, obwohl man andererseits nicht übersehen durfte, dass sich seit beiläufig einem Jahre ein frischer Werdeprozess, ein nie geahnter günstiger Umschwung für die Fortschrittspartei ergeben hatte.«85 Aber ob Alois bereits damals liberal-antiklerikal zu denken begonnen hatte oder sogar in diesem Sinne politisch mitwirkte, ist nicht bekannt.

       Schicksalsschläge und Ehestrategien

      Ob die sorgenvollen Worte, die Alois, nunmehr Hitler, 1876 über den Gesundheitszustand seiner Frau Anna verfasste, von Herzen kamen, weiß man nicht. Jedenfalls schrieb er am 17. September 1876 an eine Verwandte über seine Frau: »Unglücklicher Weise leidet sie seit langer Zeit an einer Brustschwäche und braucht sehr viel Umsorgung. Gäbe es nicht das gute Klima hier in Braunau, würde es ihr nie gut gehen. Es ist nur meine Stellung, Gott sei Dank, die mir erlaubt, ihr Leben von Leiden frei zu machen.«86 Ob die Ehe damals schon schlecht ging oder sich erst in weiterer Folge zerrüttete, muss offen bleiben. Schon 1874, als das Dienstmädchen Antonia geheiratet hatte und man kurzfristig ein neues brauchte, war erstmals die junge Klara Pölzl aus Spital bei Weitra, eine Enkelin seines Ziehvaters Johann Nepomuk Hüttler, ins Blickfeld gekommen, die zur Unterstützung geholt worden war. Das tat der Ehe nicht gut. Anna wurde immer kränklicher und wohl auch immer missmutiger. Ab 1878 ging sie häufig auf Kur. Ob es eine einseitige oder eine beiderseitige Entfremdung war und wann sie genau einsetzte und wie sie sich konkret gestaltete, weiß man nicht. Am 7. November 1880 wurde die Ehe jedenfalls geschieden, richtiger gesagt, eine Trennung »von Tisch und Bett« ausgesprochen, wie es in der damaligen Rechtssprache hieß, weil eine Scheidung für Katholiken im österreichischen Teil der Habsburgermonarchie anders als im ungarischen gar nicht möglich war.

      Wann sich Alois zusätzlich zu seiner Frau auch eine Geliebte zugelegt hatte, ob schon vor oder erst nach der Scheidung, ist nicht zu klären. Am 13. Jänner 1882 jedenfalls ging aus der Liaison mit der aus dem nicht weit von Braunau entfernten Weng stammenden Bauerntochter Franziska Matzelsberger, die im Braunauer Gasthof Streif als Magd oder Kellnerin arbeitete und wo auch das Ehepaar Hitler wohnhaft gewesen war, ein Kind hervor: Alois Matzelsberger. Die Entbindung erfolgte nicht in Braunau, sondern in Wien in der Wohnung des Ehepaars Johann und Johanna Prinz in der Löwengasse 28 im dritten Wiener Gemeindebezirk. Am 22. Jänner fand in der Wiener Pfarre St. Othmar (unter den Weißgerbern) die Taufe statt.87 Taufpaten waren Johanna und Johann Prinz. Man mag damit vielleicht Innviertler Tratschereien ausgewichen sein. Aber es gab gute Gründe für diese Wahl: Johann Prinz war jener aus dem Waldviertel stammende Verwandte, der Alois schon 1852 bei seinen ersten Wiener Schritten zur Seite gestanden sein dürfte; ein Sohn des Bauern Martin Prinz, den er schon von Spital her kannte, und ein Verwandter des Döllersheimer Lehrers Franz Prinz, welcher der Trauzeuge bei der Eheschließung von Johann Georg Hiedler mit Alois Hitlers Mutter gewesen war. Die Entbindung in Wien bot sich aber auch deswegen an, weil die Gattin Johanna Prinz eine ausgebildete Hebamme war.88

      Erst nach dem am 6. April 1883 erfolgten Tod seiner von ihm getrennten Frau Anna Glassl-Hitler, Todesursache »Abzehrung«, konnte Alois die »wilde« Beziehung klären. Bereits ein paar Wochen später, am 22. Mai 1883, heiratete er die damals 22-jährige Franziska Matzelsberger, Tochter des Sebastian Matzelsberger, Bauer in Weng, und der Maria, geb. Weyrer. Nun war der Altersabstand in der anderen Richtung groß. Während Anna 14 Jahre älter als ihr Bräutigam gewesen war, war Franziska, genannt »Fanny«, 18 Jahre jünger. Trauzeugen waren Amtskollegen, der k.k. Zollamtsoffizial Ludwig Högl und der k.k. Zollamtsassistent Karl Wessely. Trauender Priester war Johann Neisser, der Pfarrer in Ranshofen. Das Heiratsgut der Braut war mit 1.000 fl um 100 fl höher als das damalige Jahreseinkommen des Bräutigams. Am 13. Juli 1883 wurde der gemeinsame Sohn Alois legitimiert und auf den Namen des Vaters, damals schon Hitler, umgeschrieben.

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