Aleister Crowley & die westliche Esoterik. Группа авторов

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Aleister Crowley & die westliche Esoterik - Группа авторов

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eine Reihe von Büchern über die Verbindung von Körper und Geist aus einer rein materialistischen Perspektive heraus veröffentlicht hatte.43 Interessanterweise hatte Maudsley sich auch mit mystischen Phänomenen auseinandergesetzt und einen Artikel über Swedenborg veröffentlicht, in welchem er schlussfolgerte, dass der schwedische Visionär an einer „messianischen Psychose“ gelitten habe, die Maudsley als „Monomanie“ ansah, die möglicherweise durch Epilepsie hervorgerufen worden sei.44 Laut John Johnson wurde dieser Artikel von den Swedenborgianern heftig kritisiert, was vielleicht der Grund war, warum Maudsley in seinen späteren Werken auf weitere Anspielungen auf Swedenborg verzichtete.45 Diese Episode ist interessant, da sie zeigt, dass die Auffassung, die Maudsley von mystischen und spirituellen Phänomenen im Allgemeinen hatte, offensichtlich auf einer Reduktion auf den psychopathologischen Blickwinkel basierte. Crowley verstörten Maudsleys Vorstellungen vom Mystizismus anscheinend wenig. Vielmehr nutzte er die sich durch diese zufällige Begegnung bietende Gelegenheit und ging auf Maudsley zu, um mit ihm über das Thema Yoga zu diskutieren. Crowleys Bericht dazu in The Confessions verdient es, in voller Länge zitiert zu werden:

      Wir sprachen über Dhyana. Ich war ziemlich sicher, dass das Erreichen dieses Zustandes, und noch mehr von Samadhi, die Befreiung von den Hemmungen bedeutete, welche die Manifestationen des Genies unterdrückt, oder (praktisch dasselbe in anderen Worten ausgedrückt) die Fähigkeit, die Energie des Universums anzuzapfen. Nun, was auch immer, Samadhi ist zumindest ein Geisteszustand wie tiefes Nachdenken, Ärger, Schlaf, Vergiftung und Melancholie. Sehr gut. Jeder Geisteszustand ist begleitet von entsprechenden Zuständen des Körpers. Läsionen der Hirnsubstanz, Störungen der Blutversorgung usw. werden in scheinbar zwangsläufiger Verbindung zu diesen Geisteszuständen beobachtet. Außerdem wissen wir bereits, dass bestimmte mentale oder spirituelle Zustände durch physische oder chemisch-physische Bedingungen ausgelöst werden. Zum Beispiel können wir einen Mann in Ausgelassenheit oder in Wut oder ähnliches versetzen, indem wir ihm Whisky geben. Wir können Schlaf durch Verabreichung von Drogen wie Veronal herbeiführen. Wir können ihm sogar (wenn wir wollen, dass es auf die Spitze getrieben wird) durch eine Betäubung mittels Kokain, Äther usw. Mut suggerieren. Wir können phantastische Träume mit Haschisch hervorrufen und farbige Halluzinationen mit Anhalonium Lewinii; wir können sogar mittels eines Sandsacks dafür sorgen, dass er „Sterne sieht“. Warum sollten wir dann nicht in der Lage sein, eine pharmazeutische, elektrische oder chirurgische Methode zu entwickeln, um Samadhi herbeizuführen, Genialität genauso einfach zu erschaffen, wie andere Arten besonderer Erregung? Morphium macht Männer auf eine negative Weise heilig und glücklich; warum sollte es da nicht eine Droge geben, die das positive Äquivalent dazu hervorruft? Der Mystiker schnappt vor Entsetzen nach Luft, aber um ihn können wir uns wirklich nicht kümmern. Er ist es, der die Natur verlästert, weil er Unterbrechungen in ihren Abläufen voraussetzt. Nimm an, dass Samadhi einzigartig ist, und der ganze verworfene Humbug vom Übernatürlichen kehrt zurück.46

      Dies ist vielleicht einer der faszinierendsten Abschnitte von Crowleys Autobiographie, weil er uns darin, durch seine Zurschaustellung psychologischer Begriffe („Hemmungen, die unterdrücken“), direkt in die Komplexität seiner Haltung spirituellen Praktiken gegenüber einführt. Wir können klar die Art des Diskurses erkennen, den er zu entwickeln versucht, um diese Praktiken für den wissenschaftsgläubigen modernen Menschen – selbst in seiner radikalsten reduktionistischen Ausprägung, die zum Beispiel von Maudsley repräsentiert wird – annehmbar zu machen. Crowley behauptet, dass der berühmte Psychiater auf die Argumente seines Mitreisenden positiv reagierte: „Maudsley stimmte – sehr zu meiner Überraschung – mit all diesen Thesen überein, aber er konnte auf keine plausible Forschungslinie verweisen.“47 Es ist schade, dass wir Maudsleys Version dieser Episode nicht kennen und nie erfahren werden, wie er wirklich über diese zufällige Konversation gedacht hat. Wenn wir jedoch seine ziemlich ablehnende Haltung gegenüber dem Mystizismus im Allgemeinen betrachten, überrascht es nicht, dass er am Ende keine Empfehlung für eine „plausible Forschungslinie“ geben wollte.

      Ebenso interessant ist, dass man in den oben zitierten Zeilen möglicherweise den Einfluss von William James und seiner Behandlung „religiöser Genien“ am Anfang seiner Varieties of Religious Experience verfolgen kann.48 Dies erinnert uns an die Tatsache, dass Crowley, auch wenn er sich in der obigen Passage sehr bemüht zeigt, einem eingefleischten Materialisten wie Maudsley die Vertretbarkeit seiner Ideen vor Augen zu führen, zu James eher eine Affinität verspürt haben dürfte. Genau genommen, ist es wichtig zu erwähnen, dass James, gemeinsam mit den führenden Persönlichkeiten, die in die parapsychologische Forschung in England und den Vereinigten Staaten involviert waren, im Hinblick auf den höchsten spirituellen Wert religiöser Erfahrungen eine weit weniger radikale Position vertrat als Maudsley.49 Das Konzept von Inspiration in Verbindung mit den Stiftern von Religionen ist ein Thema, das sich in Crowleys Werken oft wiederfindet. In einem anderen Abschnitt in The Confessions erwähnt Crowley James explizit, und zwar genau in Bezug auf das Problem des religiösen Genies:

      Die grundsätzliche Vorstellung der östlichen Religionen … ist die Befreiung von der Illusion der Existenz. Die Wirkung von Samadhi ist erstens die Glückseligkeit, die von der Befreiung vom Schmerz herrührt. Später verschwindet die Glückseligkeit und macht einem vollkommenen Gleichmut Platz. Doch wir müssen nicht so weit in ihre Philosophie vordringen oder sie annehmen. Teilweise dank William James’ Varieties of Religious Experience hatte ich die Idee, Methoden des Yoga einzusetzen, um willentlich Inspiration hervorzubringen. James führt aus, dass die verschiedenen religiösen Lehrer ihre Macht und ihren Einfluss auf die Menschheit im Wesentlichen auf dieselbe Weise erlangten: indem sie Samadhi erreichten. Die Trance gibt höchste spirituelle Energie und absolutes Selbstvertrauen; sie entfernt die gewöhnlichen Hemmungen, die das Handeln verhindern. Ich schlage vor, dass jedermann diese Kraft nutzen sollte, seine Fähigkeiten zu entwickeln und seine Ambitionen zu erwecken, indem er die Wirkungen der Trance in seinem Leben kanalisiert. Diese Idee verbindet gleichzeitig Mystik und Magick, denn eine der wichtigsten Handlungen der Magick ist, den Gott anzurufen, der mit dem, was du möchtest, korrespondiert, dich mit Ihm zu identifizieren und dein Wirken mit seinem reinen Antrieb zu durchdringen. Dies bedeutet, genau genommen, Samadhi mit diesem Gott zu erlangen.50

      Crowley denkt hier sicher an den Abschnitt über Yoga in James’ Varieties of Religious Experience.51 In Wahrheit äußert sich James in diesem Abschnitt alles anders als eindeutig zur Rolle von Samâdhi – oder gleichartiger mystischer Erfahrungen – im Leben religiöser Führer, doch ist dieses tatsächlich ein Thema, das in anderen Teilen des Buches mehrfach wiederkehrt, wenn auch nicht notwendigerweise so, wie Crowley es wiedergibt. Crowley hatte das Thema bereits ausführlich am Anfang von Book Four behandelt, in dem Teil, der dem Yoga gewidmet war und der erstmals 1912 veröffentlicht wurde.52 Es ist wichtig, zu verstehen, dass Crowley auf jenen Seiten nicht nur seine eigene besondere magische Lehre entwickelt, sondern seine Interpretation der mystischen Erfahrung auch als Grundlage für ein vergleichendes Verständnis religiöser Phänomene anbietet. Indem er das tut, baut er klar auf seiner Lektüre von James auf.

      Laut Crowley verbringen alle Stifter von Religionen eine Zeit ihres Lebens in der Zurückgezogenheit oder in einem Versteck. Wenn sie wieder auftauchen, sind sie im Besitz der Energie, die nötig ist, um eine neue Religion zu begründen. Was geschieht während der Zurückgezogenheit? Nach Crowley war das, was Moses, Jesus, Mohammed, Buddha und allen anderen Religionsstiftern widerfahren ist, eine mystische Erfahrung, die dem gleichkommt, was in der Yogatradition Samâdhi genannt wird. In anderen Traditionen, wie der christlichen Mystik, spricht man davon als einer „Einheit mit Gott.“53 Wenn diese religiösen Führer ihre Erfahrungen auf unterschiedliche Weise geschildert haben, so liegt das an ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergründen; das Phänomen selbst war jedoch immer und überall dasselbe. Darum sprach zum Beispiel Mohammed mit dem Erzengel Gabriel, gelangte Buddha zur Erleuchtung, und traf Moses Gott auf dem Berge Sinai.

      Die Konsequenzen von Crowleys Überlegungen sind nicht schwer zu erkennen: Wenn die religiösen Führer alle dieselben Phänomene erlebt haben und diese mit Samâdhi gleichgesetzt werden können, dann bietet Yoga (oder eine ähnliche Methode wie beispielsweise die Zeremonialmagie) potentiell

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