Aleister Crowley & die westliche Esoterik. Группа авторов

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Aleister Crowley & die westliche Esoterik - Группа авторов

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gegenüber Waite und fuhr zahlreiche öffentliche Attacken gegen ihn; oft, indem er sich über den „pompösen“ Stil und die obskure Grammatik in Waites Schriften lustig machte. Der vielleicht humorvollste Angriff auf Waite findet sich in Crowleys Roman Moonchild (1929), in dem Waite nur oberflächlich getarnt als ein Spitzbube namens Arthwaite auftaucht. Moonchild wurde ursprünglich 1917 geschrieben und enthält nicht nur Bezüge auf viele zeitgenössische Okkultisten und Bekannte Crowleys, sondern auch – wie Massimo Introvigne im elften Kapitel „Das Tier und der Prophet“ ausführt – auf so unerwartete Persönlichkeiten wie Joseph Smith, den Begründer des Mormonentums. Die Bezugnahme auf Joseph Smith war jedoch kein bloßer Zufall, vielmehr zeigt sie Crowleys tief sitzende Faszination für Smith, die von seiner Lektüre von Sir Richard Francis Burton herrührte, vor allem von dessen Buch The City of the Saints, and across the Rocky Mountains to California (1896). Introvigne versucht, diese Faszination zu erklären, und zeigt einige äußere Ähnlichkeiten zwischen Crowley und Smith auf; des Weiteren analysiert er, wie seine Untersuchungsergebnisse durch die Haltung zeitgenössischer neuer magischer Bewegungen gegenüber Joseph Smith bestätigt werden.

      Als führende Figur der Magie und des Okkultismus des zwanzigsten Jahrhunderts hat Crowley – direkt oder indirekt – die Mehrzahl aller zeitgenössischen „neuen magischen Bewegungen“ (um eine Bezeichnung aus Introvignes Kapitel zu gebrauchen) beeinflusst. Während die thelemische Bewegung – und die verschiedenen thelemischen Organisationen – heute vielleicht zusammen wenige tausend Mitglieder zählen, reicht Crowleys Einfluss auf die zeitgenössische Esoterik weit über die thelemischen Organisationen hinaus. Die vielleicht größte Strömung ist das moderne Hexenwesen oder auch Wicca, das Ronald Hutton im zwölften Kapitel „Crowley und Wicca“ behandelt. Auch wenn häufig angegeben wird, dass Gerald Gardner, der allgemein als Begründer des modernen Hexenwesens gilt, Crowley persönlich gekannt hat und initiiertes Mitglied des O.T.O. gewesen ist, bleibt die genaue Rolle Crowleys bezüglich der Ursprünge der Wicca-Bewegung, so Hutton, ungewiss und zutiefst umstritten. Hutton geht der Sache auf den Grund und untersucht eingehend die Verbindung zwischen Crowley und Gardner und der frühen Geschichte der Wicca-Bewegung; er zeigt, wieviel die Wicca anfangs Crowleys Schriften entnommen haben und wie dieser Einfluß später heruntergespielt wurde. Des Weiteren führt Hutton aus, dass Crowley, neben Gardner selbst, den „wichtigsten singulär identifizierbaren Einfluss“ auf das Hexenwesen Anfang der 1950er Jahre ausgeübt hat. Der Einfluss Crowleys auf die Wicca-Bewegung kann in dem Sinne als unmittelbar betrachtet werden, da Gardner Crowley persönlich kannte und für kurze Zeit nach Crowleys Tod in die kleine thelemische Bewegung in England involviert war. Dennoch finden wir Crowleys Einfluss auch indirekt in der Hexenkunst der australischen Künstlerin Rosaleen Norton wieder. Norton stand nicht allein in dem Ruf, Australiens am meisten verfolgte Künstlerin zu sein, sondern begründete auch ein eigentümliches esoterisches System, das sie selbst als Hexenkunst bezeichnete, wie Keith Richmond im dreizehnten Kapitel „Im Spiegel der Hexe: Aleister Crowleys Magick und Rosaleen Nortons Hexenkunst“ darlegt. Obwohl Norton mit Gardner korrespondierte, kreierte sie eine eigenwillige Form der Hexenkunst, in die sie nur eine kleine Anzahl von Personen einweihte. Norton war niemals Thelemitin oder Anhängerin von Crowley, doch Richmond zeigt, dass die Bezüge auf Crowley in Nortons Schriften die auf jeden anderen einzelnen Okkultisten zahlenmäßig bei weitem übertreffen und dass Crowley mächtigen Einfluss auf sie hatte.

      Im vierzehnten Kapitel über „Die okkulten Wurzeln von Scientology“ untersucht Hugh B. Urban, inwieweit eine der umstrittensten neureligiösen Bewegungen unserer Zeit von Crowleys Werken beeinflusst ist. Das Bindeglied zwischen Crowley und dem Scientology-Gründer L. Ron Hubbard ist John W. Parsons, der Meister der einzigen Loge des O.T.O., die während des Zweiten Weltkrieges tätig war. 1946 führten Parsons und Hubbard gemeinsam eine Reihe magischer Zeremonien durch, die sie Babalon Working nannten, doch die magische Partnerschaft endete noch im selben Jahr, als Parsons Hubbard bezichtigte, ihm Geld gestohlen und seine Freundin abspenstig gemacht zu haben. Obwohl Hubbard und Parsons nur kurze Zeit miteinander zu tun hatten, so Urban, geben die Verbindungen zu Crowley nicht nur wichtigen Aufschluss über die Ursprünge von Scientology, sondern auch in Bezug auf die amerikanische Spiritualität der 1950er Jahre, die durch eine „vielschichtige Mischung aus Okkultismus, Magie, Science Fiction und die Sehnsucht nach etwas radikal Neuem“ gekennzeichnet war. Wohl weniger überraschend, als es bei Scientology der Fall ist, sind Crowleys Einflüsse auf den modernen Satanismus. Auch, wenn Crowley sich selbst mit dem Großen Tier 666 identifizierte und zeitlebens als Satanist gebrandmarkt wurde, ist wenig in seinen Werken erkennbar, das wirklich als „satanisch“, geschweige denn als „Satanismus“, angesehen werden kann, wie Asbjørn Dyrendal im fünfzehnten Kapitel „Satan und das Tier: Crowleys Einfluss auf den modernen Satanismus“ ausführt. Dyrendal lenkt dabei den Fokus auf Anton La Vey und Michael Aquino und erörtert kritisch, wie der moderne Satanismus Aspekte von Crowleys Esoterik übernommen hat. Zusammengefasst zeigen die Beispiele des modernen Hexenwesens, der Scientology und des Satanismus, dass Crowleys Einfluss auf die Spiritualität des Westens bis in die heutige Zeit andauert und dass er jetzt, da wir in das einundzwanzigste Jahrhundert eingetreten sind, populärer zu sein scheint denn je. Wie bedeutend Crowley für die westliche Kultur ist, verdeutlicht eine Umfrage nach den „100 größten Briten“, die der BBC 2002 durchführte und in welcher Crowley mit über 300.000 Stimmen den dreiundsiebzigsten Platz belegte, noch vor Autoren wie Geoffrey Chaucer (Platz 81) und J.R.R. Tolkien (Platz 92).

       Der Hexenmeister und sein Lehrling

      ALEISTER CROWLEY UND DIE MAGISCHE ERKUNDUNG DER EDWARDIANISCHEN SUBJEKTIVITÄT

       Alex Owen

      Gegen Ende 1909 unternahmen zwei Engländer, Sprösslinge des wohlhabenden Bürgertums, eine Reise nach Algerien. Aleister Crowley, den man später als „bösesten Mann der Welt“ bezeichnen sollte, war Anfang dreißig; sein Begleiter, Victor Neuburg, hatte gerade sein Studium in Cambridge abgeschlossen. Sie hatten gesagt, es solle eine Vergnügungsreise sein. Crowley, ein weit gereister und erfahrener Bergsteiger und Großwildjäger, liebte Nordafrika und hatte persönliche Gründe, nicht in England zu sein. Neuburg hatte in der Angelegenheit wahrscheinlich wenig zu sagen. Jung an Jahren, verträumt und von mystischer Wesensart, und voller Ehrfurcht für einen Mann, den er gleichermaßen liebte wie bewunderte, neigte Neuburg dazu, Crowleys Vorhaben ohne zu zögern zuzustimmen. Doch es gab noch einen weiteren wichtigen Grund für Neuburgs stillen Gehorsam. Er war Crowleys Chela, ein eingeweihter Novize des Ordens des Silbernen Sterns, den Crowley zwei Jahre zuvor gegründet hatte. Als solcher hatte Neuburg Crowley, seinem Meister, den er liebevoll auch „heiliger Guru“ nannte, einen Gehorsamsschwur geleistet, und er hatte gelernt, dass Crowleys Wort in vielem, was sein Leben betraf, nun Gesetz für ihn war. Auf Crowleys Betreiben hatten sich die beiden Männer auf den Weg in die nordafrikanische Wüste gemacht, erst mit der Bahn, später zu Fuß, in den Südwesten von Algerien. Crowley hatte beschlossen, dort eine Reihe magischer Zeremonien durchzuführen, die der Beginn seiner Ausgestaltung sexualmagischer Techniken sein würden. In diesem Fall verband er die Durchführung fortgeschrittener Ritualmagie mit homosexuellen Handlungen. Diese Episode – außergewöhnlich und erschreckend als Erfahrung, tief greifend in der Wirkung und für mich ein entscheidendes Argument, die magische Praxis als eine befangene Erkundung der Innerlichkeit zu betrachten – bildet den Schwerpunkt dieses Kapitels.

      Magie, oder genauer ausgedrückt: Ritual- oder Zeremonialmagie, hat eine lange und erhabene Geschichte in Westeuropa. In engem Zusammenhang mit dem Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde die Ritualmagie gewöhnlich in Verbindung mit gelehrten Eliten stehend gesehen. Als Theorie und Praxis vom Zugang zu und der Kommunikation mit machtvollen, zugleich jedoch unsichtbaren natürlichen oder universellen Kräften verstanden, war die Ritualmagie ausnahmslos eine okkulte oder geheime Angelegenheit. Magische Verfahren wurden Grimoires anvertraut, Lehrwerken der Ritualmagie, die wie kostbare Juwelen

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