Großer Teller großer Hunger. Katrin Böning
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Viele glauben, dass das Streben nach anspruchsvollen Zielen mit dem Ideal vom „im Hier und Jetzt leben“ in krassem Widerspruch steht. Das kann aber nur behaupten, wer sich noch nie ernsthaft mit seinen Zielen auseinandergesetzt hat. Denn im Hier und Jetzt zu leben bedeutet schlussendlich doch nur, bewusst, achtsam und konzentriert zu leben, um den aktuellen Augenblick ganz klar wahrzunehmen. Und das kann ich eben so gut, wenn ich mich gerade auf dem Weg zu meinen Zielen befinde.
Der Königsweg wäre dann, sich auf dem Weg zum Ziel zu befinden, und dabei jeden Augenblick ganz bewusst zu erleben und wahrzunehmen. Jetzt zum Beispiel: ich hatte dieses verrückte Ziel, den „Teller“, wie ich das Buch liebevoll nenne, in zehn Monaten fertig zu stellen. Das war, wie ich fand, ein Ziel auf Augenhöhe (andere mögen das belächeln, mich forderte es streckenweise doch ziemlich heraus). In der absoluten Konsequenz hieß das, dass viele, viele Abende und Nächte leicht vereinsamt am Schreibtisch stattfanden. Und trotzdem konnte ich doch zumindest versuchen, im Hier und Jetzt zu leben, diese Momente ganz bewusst wahrzunehmen und diese Situationen im Kopf abzuspeichern. Trotzdem oder gerade deshalb konnte ich die wenigen Abende, die ich mit guten Freunden verbracht habe, bewusst aufsaugen und zelebrieren.
Viele Menschen wollen sich keine Ziele setzen. Die Angst vor dem Scheitern und Versagen hindert sie daran. Das ist wie mit den Spänen und dem Hobeln. Wo nicht gehobelt wird, fallen keine Späne. Wenn ich mir keine Ziele setze, kann ich nicht scheitern. Ich muss mich dann auch nicht für mein Ziel rechtfertigen, denn es ist ja gar nicht da. Und für mein Versagen rechtfertigen muss ich mich schon gleich gar nicht, sollte es nicht klappen.
So bleibe ich auf der sicheren Seite. Doch diese Sicherheit will teuer erkauft sein. Denn wer für sich keine Ziele definiert und sich nicht ganz bewusst und immer wieder aus seiner Komfortzone heraus quält, wird nie erfahren, welches Potenzial wirklich in ihm steckt. So jemand wird auch nie erfahren, wie kraftvoll es sich anfühlt, wenn man etwas geschafft hat, was einen zwischendrin wirklich an die eigenen Grenzen gebracht hat. So jemand wird das überschwängliche, stolze Gefühl der Freude über einen Erfolg wohl eher nicht kennen lernen. Schade eigentlich.
Wie ist das bei Ihnen? Haben Sie Angst vor dem Scheitern, oder dass Sie versagen könnten? Dass Sie etwas anfangen und es dann nicht zu Ende bringen?
In den nächsten Kapiteln können Sie Schritt für Schritt Ihre persönlichen Ziele in Bezug auf Ihr Essverhalten erarbeiten und fixieren.
Wenn Sie merken, dass die Fixierung eines „wirklichen Zieles“ Ihnen irgendwie ein komisches Gefühl in die Magengrube zaubert, lassen Sie sich nicht verunsichern. Das ist ganz normal. Echte, ernsthaft formulierte Ziele fordern ein gewisses Maß an Konsequenz, Ausdauer und Standhaftigkeit in Bezug auf die eigene Lebensführung. Das sind wenige von uns gewohnt, wenn es um die persönliche Entwicklung geht. Wir tendieren stattdessen dazu, uns nicht festzulegen und lassen uns gerne viele Möglichkeiten offen.
Deswegen ist es gerade am Anfang wichtig, dass Sie sich nur solche Ziele setzen, die später auch wirklich erreicht werden können. Denn Überforderung und das Ausbleiben von Erfolgen ist einer der häufigsten Gründe, warum wir auf dem Weg zum Ziel unverrichteter Dinge aufgeben. Nach einiger Zeit verlieren viele Abnehmwillige den Glauben daran, dass die Gewichtskontrolle den Preis, den sie bezahlen, wert ist. Insbesondere wenn sich, und das ist die Regel, die Gewichtsabnahme nach vier bis sechs Monaten deutlich verlangsamt. Dann wird zunehmend realisiert, dass weder das persönlich gesteckte Ziel der Gewichtsabnahme, noch die damit verbundenen Wünsche wie besseres Aussehen, gesteigertes Selbstbewusstsein und mehr körperliche Aktivität realisiert werden konnten. An diesem Punkt gibt das Gros der Abnehmwilligen häufig den Versuch einer weiteren Gewichtsreduktion auf und verfällt in die alten Essgewohnheiten.
Um langfristig in der Gewichtsreduktion Erfolg haben zu können, verabschieden Sie sich unbedingt von unrealistischen Vorstellungen über Ihr Körpergewicht. Auch wenn Sie einige Kilos loswerden, wird das Ihre Körperproportionen nicht grundlegend ändern können. Wenn Sie das akzeptieren wird einiges viel einfacher werden.
Sehen Sie in der Ernährungsbeziehungsweise Lifestyle-Umstellung nicht ausschließlich das Optische. Es gibt nämlich weitaus mehr, für das es sich lohnt konsequent zu bleiben. Denn wenn Sie sich gesund ernähren und regelmäßig Sport treiben, wird sich unabhängig vom Körpergewicht etwas ändern. Ihr Selbstvertrauen wird merklich wachsen und Sie werden sich damit wesentlich wohler und belastbarer fühlen. Sie werden vor Energie strotzen, besser schlafen und erholter aufwachen. Wenn das kein Ansporn ist!
Wo stehe ich?
Die Voraussetzung für jede Ernährungsumstellung muss also eine sehr genaue und vor allem realistische Zielsetzung sein. Und hierfür wiederum müssen wir die Ist-Situation genau bestimmen: eine Verhaltensdiagnose, ungeschönt und ehrlich. Denn diese Ist-Analyse bildet das Fundament Ihres Vorhabens, Gewicht zu verlieren. Wenn hier schon Fehler(chen) eingearbeitet werden, kann die daraus folgende Struktur nicht lange standhalten, und ihre Ernährungsumstellung wird scheitern.
Die Verhaltensdiagnose klärt darüber auf, wann, wo und warum ein Mensch isst oder trinkt. In einer professionellen Ernährungsberatung übernimmt der Berater diese Funktion. Er wird dann im Verhaltensgespräch und unter Zuhilfenahme von Ernährungserhebungs-Methoden (Food-Frequency-List oder Ernährungsprotokoll) feststellen, wo die kritischen Punkte sind, und was man unbedingt ändern sollte, um sein Gewicht zu reduzieren.
Auch wenn Sie sich entschieden haben ohne professionelle Hilfe Ihr Gewicht zu reduzieren, sollten Sie zumindest vom Vorgehen der Ernährungsexperten profitieren.
Entwerfen Sie eine Tabelle, in der sie mindestens eine Woche lang genau eintragen, was, wann und vor allem warum (Essen aus Langeweile, Stress oder um schlechte Gefühle zu unterdrücken) in Ihren Mund wandert. Natürlich tut es auch ein kleines Heftchen, in dem Sie handschriftlich alles notieren. Es sollte dann aber unbedingt lesbar bleiben. Seien Sie wirklich genau und ehrlich zu sich selbst, nur so macht es Sinn. Übrigens: das Schreiben eines Ernährungsprotokolls dauert etwa fünf bis zehn Minuten am Tag. Das ist doch wirklich nicht viel, wenn man bedenkt, dass Sie die Chance auf ein völlig neues Körpergefühl haben.
Dieses sogenannte Ernährungstagebuch hat gleich mehrere Daseinsberechtigungen. Zuerst einmal schult und stärkt es die Selbstbeobachtung. Das hört sich banal an, ist es aber nicht. In der Verhaltenstherapie ist das Training einer gesteigerten Selbstkontrolle eine bewährte Strategie und enthält drei, aufeinander aufbauende Stufen.
Am Anfang, auf Stufe 1, steht die verstärkte Selbstbeobachtung. Es könnte passieren, dass Ihnen durch das Notieren Ihrer Speisen erstmals auffällt, dass sich so manche Ernährungsgewohnheit wie ein roter Faden durch Ihren Alltag zieht. Mein Paradebeispiel hierfür ist eine Kundin, die bei der Auswertung Ihres zweiwöchigen Ernährungstagebuchs verwundert feststellen musste, dass sie doch tatsächlich täglich eine Butterbrezel kaufte, wenn die „Mobile Backstube“ an ihrem Arbeitsplatz vorbeikam. Im Gespräch stellte sich heraus, dass sie die Butterbrezel geschmacklich nicht unbedingt überzeugend fand. Sie kaufte sie aus bloßer Gewohnheit und war dann erstaunt, wie einfach es für sie war, auf die Brezel zu verzichten.
Stufe 2 steht für die Bewertung. Sie übernehmen jetzt die Aufgabe des Ernährungsberaters. Erarbeiten Sie in Ihrem Ernährungstagebuch, was Sie bisher schon gut gemacht haben, und wo es Potenzial zur Verbesserung geben könnte. Dadurch werden Sie lernen, zu registrieren, warum Sie in der jeweiligen Situation gegessen haben. Es kommt zu einer intensiveren Selbstbewertung.
Sie nehmen hierfür einen roten und einen grünen Marker und geben den gegessenen Speisen damit eine Wertung. Gemüse, Obst, Nüsse, gesunde Fette und mageres Fleisch werden