Arbeit im Wandel. Jeff Schwartz
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Unsere Herausforderung
Während sich herausstellt, dass der Sturm, den Covid-19 verursacht, einen längeren Atem hat, als viele von uns erwarteten, rufe ich mir ins Gedächtnis, dass wir gerade in Zeiten von Umwälzung und Stress einige der größten Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft erlebt haben, die es bisher gab. Wir durchleben gerade eine Zeit des Umschwungs und der Beschleunigung. Covid-19 ist eine dramatische Herausforderung an uns, darüber nachzudenken, welche Zukunft wir uns erschaffen wollen. Bei meinen Überlegungen zum Wandel in der Arbeitswelt achtete ich in den letzten sechs Jahren hauptsächlich auf die Tatsache, dass wir die Zukunft oft so betrachten, als wollten wir die gleiche Arbeit mit den gleichen Prozessen erledigen und nur hier und da ein paar technische Veränderungen einstreuen. Die wahren Chancen liegen aber nicht darin, dass wir einfach so weitermachen wie heute, nur ein wenig besser und schneller. Die echten Gelegenheiten liegen in der Erforschung des Unbekannten und in der Reise, in deren Verlauf wir entdecken, wie wir die Dinge anders machen können. Wie können wir andere Ergebnisse produzieren, die größere Wirkung und mehr Sinn entfalten? Wie können wir neue Kombinationen aus Menschen und Maschinen zu Teams verbinden, die die einzigartigen Eigenschaften beider Komponenten verstärken? Wie können wir flexiblere Arbeitsweisen erfinden – für uns selbst und für alle Beschäftigten? Wie schaffen wir Arbeitsplätze, an denen wir sowohl virtuell als auch in Person arbeiten können? Und schließlich: Wie erschaffen wir eine zukünftige Arbeitswelt, die nicht nur ökonomischen Wert schöpft, sondern auch unsere sozialen und gemeinschaftlichen Werte widerspiegelt? Dieses Buch ist ein Versuch, die Möglichkeiten zu ergründen und den Dialog vorwärtszubringen.
Die fundamentale Frage, die dieses Buch stellt, lautet: Welche Linse wählen wir für unseren Blick in die Zukunft? Betrachten wir sie als vorhersehbare Fortsetzung der Vergangenheit oder lieber doch als breitgefächerte Auswahl neuer Chancen, die alles beinhaltet, was wir für möglich halten? Mit anderen Worten: Betrachten wir die Zukunft mit statischer oder dynamischer Einstellung (Growth oder Fixed Mindset)? Machen wir einfach weiter, nur schneller und besser (statisch), oder wollen wir Neues erschaffen und erfinden? Wenn wir heute im Jahr 1910 oder 1920 lebten und ich Ihnen diese Frage stellen würde, dann würde sie wahrscheinlich lauten, ob Sie für die Eisenbahn oder für eine der neuen Automobilfirmen arbeiten wollen.
Unsere Gelegenheit
Auf diesen Seiten teile ich einige meiner Überlegungen und Erfahrungen mit Ihnen. Ich begleite Sie als ein Sherpa des 21. Jahrhunderts auf dem Weg durch den immer schneller verlaufenden Wandel der Arbeit – oder auch durch den Beginn des »Zeitalters des Menschen«, wie ich es gern betrachte. Unsere Ära, das gegenwärtige geologische Zeitalter, wird Anthropozän genannt und gilt als die Periode, in der die menschlichen Aktivitäten bestimmenden Einfluss auf das Klima und die Umwelt haben. Eine der Debatten, die jetzt in den Vordergrund tritt, die Ökonomen aber schon seit vielen Jahrzehnten führen, dreht sich um das Zusammenspiel von technischer Innovation und kreativer Zerstörung. Wenn ich die Geschichte des Wirtschaftswachstums betrachte, sehe ich immer deutlicher, dass wir durch den Prozess des Unternehmertums, der Innovation und der kreativen Zerstörung tatsächlich genau das vorwärtsgebracht haben, was es heißt, Mensch zu sein und Sinn und Wirkung zu erschaffen.
Ich schrieb dieses Buch, um meine Ansichten darzulegen: Ich glaube, dass es beim Wandel der Arbeit, der für viele eine Quelle der Angst ist, in Wirklichkeit um die Chancen, die Belastbarkeit und das Wachstum geht, die wir einsetzen können, um alles anders zu machen. Es geht darum, dass wir neue Prioritäten setzen, Muster erschaffen und in unserem Leben und unseren Gemeinschaften eine neue Ordnung gestalten. Der Wandel, auch wenn er sehr plötzlich und tiefgreifend ist, bedeutet keineswegs, dass alles gestoppt wird. Er offenbart die ständige Bewegung und Entwicklung unserer Arbeitsweise. Ein solcher Einbruch des Unerwarteten ist hart. Er verlangt von uns, dass wir bisherige Bezugsrahmen und Vorbereitungen auf die Zukunft überdenken, und er erinnert uns daran, dass eine Zukunft, so wie wir sie uns wünschen, auch neue Denkweisen erfordert – eine Öffnung für neue Arten der Arbeitsorganisation.
Das Zusammentreffen zwischen dem Wandel in der Arbeitswelt und dem gegenwärtigen Erleben der Covid-19-Ära erzeugt einen Bruch in unserem Leben, einen einzigartig erhellenden Augenblick. Wir sind eingeladen, uns von Grund auf neu vorzustellen, wie wir arbeiten wollen, wie die Bildungseinrichtungen aussehen sollen und wie wir unsere Lebensläufe, Unternehmen und Gemeinschaften aufbauen wollen. Die Akzeptanz neuer Selbstbilder und der Erwerb neuer Fähigkeiten gehören vielleicht zu den kritischen Erfordernissen unserer Zeit. Meine Hoffnung ist, dass Sie beim Lesen dieses Buches ein besseres Gefühl für die Chancen erhalten, die Sie erwarten, für die Belastbarkeit, die Ihnen helfen wird, und für die Wachstumspfade, die Sie in Ihrem Leben verfolgen können, sodass Sie Dinge erschaffen und erfinden und sich selbst positiv weiterentwickeln werden.
Jeff Schwartz
New York
August 2020
1 Von der Furcht zum Wachstum: Selbstbilder und Playbooks für Karriere und Arbeit im 21. Jahrhundert
Wenn wir es am wenigsten erwarten, stellt uns das Leben vor eine Herausforderung, um unseren Mut und unseren Willen zur Veränderung auf die Probe zu stellen. Dann nützt es wenig, so zu tun, als wäre nichts, oder sich damit zu entschuldigen, dass wir nicht bereit seien. Die Herausforderung wartet nicht. Das Leben schaut nicht zurück.
Paulo Coelho, Schriftsteller 1
Als sich die Coronapandemie in den USA einnistete, betraten wir eine Zeitmaschine, die uns in die Zukunft katapultierte.2 Praktisch über Nacht krochen auch Mitarbeiter aus Branchen, in denen bis dahin kaum Telearbeit möglich war, morgens aus dem Bett und wählten sich vom Sofa aus in Zoom-Konferenzschaltungen ein. Für viele Lehrer, Banker, Anwälte und sogar Luft- und Raumfahrtingenieure der NASA war die Coronakrise ein Testlauf für das Homeoffice.3 Da ein Großteil des Landes die Anweisung hatte, sich an Ort und Stelle zu schützen, schwenkten zahlreiche Unternehmensleiter in Sekundenschnelle um. Sie erfanden Produkte neu, setzten ihre Mitarbeiter anders ein, reorganisierten die Lieferketten und rekonfigurierten ihre Betriebsabläufe – alles in einem hitzigen Wettrennen zur Rettung von Leben. Weit oben auf der kritischen Liste stand der Bedarf an Beatmungsgeräten. Es wurden potenziell Hunderttausende gebraucht. In einer nie dagewesenen Anstrengung