Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast Path. Daniela Leinweber

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Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast Path - Daniela Leinweber

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bereits schwierig war, wie soll das dann für mich werden? Fabian versucht, das Ganze ein wenig abzuschwächen, indem er meint, dass er die drei Biere zu Mittag besser nicht getrunken hätte, aber da war der Schaden schon angerichtet. Jetzt habe ich wirklich mehr als nur Respekt vor diesem Abschnitt, aber auch das nützt nichts, denn er gehört halt zum Weg dazu.

      Sylvia und Fabian müssen weiter, denn sie können nur bis 17.00 Uhr in ihr B&B. Diesen Stress haben wir zum Glück nicht, wir haben Zeit. „Everything is walking distance, when you have the time“, sagte der ­Comedian Steven Wright und damit hat er gerade für Weitwanderer einen treffenden Satz formuliert. Wir gehen langsam weiter und schlendern unterhalb der Klippen an kleinen sandigen Buchten bis nach Woolacombe. Allerdings schlendern wir nicht, weil wir den Weg so genießen, sondern weil wir mittlerweile wirklich müde sind. Die Stadt ist zwar schon von weitem zu sehen, aber es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis wir endlich da sind. Das liegt auch daran, dass wir versuchen, so gut wie möglich den Hinterlassenschaften der hier grasenden Schafe auszuweichen, was wohl aus der Entfernung wie ein Spießrutenlauf aussieht. Kurz vor dem Anstieg in die Stadt sehen wir auch unser altes Pärchen wieder. Nun stelle ich mich den beiden fast direkt in den Weg und grüße herzlich und unüberhörbar. Die Frau sieht mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte, und würdigt mich keiner Antwort, vom Mann kommt zumindest ein kaum verständ­liches „Hello“ zurück. Es sollte das letzte Mal sein, dass wir die zwei sehen, wir werden aber noch oft von ihnen erzählen und dabei den Kopf verständnislos schütteln.

      Zuerst hinunter wandern, um gleich darauf wieder hinauf zu gehen.

      In Woolacombe angekommen und im Supermarkt mit Essbarem eingedeckt, suchen wir etwas verloren unser B&B, es versteckt sich in einem Hinterhof und ist daher nicht so einfach zu finden. Schließlich schaffen wir es doch und werden ganz herzlich von Jo und Andy begrüßt. Das ­ junge Paar hat hier ein wunderbares kleines Gästejuwel mit allen Annehmlichkeiten geschaffen. Hier ist es so herrlich, dass ich mich weigere, das Zimmer auch nur für ein paar Minuten zu verlassen; ich muss Peters Vorschlag, uns den romantischen Sonnenuntergang am Strand anzusehen, ausschlagen. Wie er nur daran denken kann, nach über 21 Kilometern und fast 1.100 Höhenmetern auch abends noch eine Runde drehen zu wollen, bleibt mir – vorerst – unverständlich; aber so haben wir wenigstens traumhaft schöne Abendstimmungsfotos, von denen ich später natürlich erzählen werde, dass ich sie geschossen hätte. Heute genügt es mir allerdings vollkommen und ohne schlechtes Gewissen, vom Sonnenuntergang einfach nur zu träumen.

      „So nah und doch so fern.“

      Sprichwort

      Tag 5

      Strecke: Woolacombe bis Braunton

      24,2 km – 375 hm – 2,72 km/h

      am Pfad: 101 km

      Unterkunft: Holmsleigh Guest House, £ 80,– → akzeptabel

      drückend schwül, dann brennend heiß

      Wir können uns gar nicht wegreißen von unserem großartigen Quartier. Das Frühstück ist sagenhaft lecker und wir tauschen uns mit den Gastgebern über den SWCP aus. Dies ist die erste Unterbringung, die wir aufgrund der Empfehlung der South West Coast Path Association gebucht haben. Diese Organisation kümmert sich tagein tagaus um alle Anliegen rund um den Trail und wirbt nicht nur unter den Wanderern um Mit­glieder, sondern auch bei Unterkünften jeglicher Art. Daher bitten sie ­natürlich die wandernden Abenteurer, die es sich leisten können oder ­wollen, auch darum, diesen Übernächtigungsmöglichkeiten den Vorzug zu geben. Heute hatten wir mit dieser Entscheidung großes Glück.

      Der Himmel zeigt sich von seiner grauen Seite, aber dies soll sich im Laufe des Tages ändern. Auch die Strecke soll moderat bis einfach sein, also steht im Grunde einem großartigen Wandertag nichts im Wege.

      Woolacombe ist ein verhältnismäßig großer Badeort mit einer herr­lichen Esplanade, die wir jetzt entlanglaufen. Außer ein paar Gassigehern und uns ist hier noch niemand unterwegs und die Hunde genießen es sichtlich, den Strand und das Wasser für sich zu haben. Sie tollen herum, laufen Bällen nach, egal wo diese landen, und freuen sich ihres Lebens. Auch wenn ich keine große Hundefreundin bin, sehe ich gerne zu und beneide sie um ihre sagenhafte Lebenslust und ihr unbändiges Vertrauen in ihre Bezugsperson. Ist es noch so anstrengend, kommt meine Lebenslust dieser Tage auch nicht zu kurz, und so stapfen wir kurz darauf durch die Dünenlandschaft Woolacombe Warren. Erst später lesen wir im Reiseführer, dass es auch eine offizielle Alternativroute über eine Straße und einen Pfad gibt, womit man das anstrengende Wandern durch den tiefen Sand hätte vermeiden können. Unsere Unwissenheit führt uns auf einen Höhenweg, der einen unglaublichen Blick zurück nach Woolacombe bietet und uns sprachsowie ratlos am Plateau stehen lässt. Hier gehen etwa fünf schmale Wege in unterschiedliche Richtungen weiter, aber kein einziger ist mit der Eichel für den SWCP markiert. Ein Paar, das etwas weiter vor uns geht, entscheidet sich für den linken Weg in Richtung Croyde Bay, das schon von hier aus zu ­sehen ist, aber das kommt mir komisch vor. Wieder einmal sind wir dankbar für Google Maps, das uns verrät, dass wir einen Weg rechter Hand wählen sollten. Diesem folgend erreichen wir auch kurze Zeit später Baggy Point mit seiner herrlichen Aussicht. Vor allem die seltenen schwarzen Hornschafe, die „Hebridean Black Sheep“, bilden einen großartigen Kon­trast zu dieser Landschaft. Beeindruckend.

      Kilometerlanger Sandstrand.

      Mittlerweile brennt die Sonne unbarmherzig auf unsere fast schon durchtrainierten Körper. Das Vorankommen wird dadurch immer schwieriger und zerrt an unseren Kräften. Für jede kleine Brise sind wir unheimlich dankbar und jedes noch so kleine Stück Weg im Schatten wird ausgenützt. Wir begegnen einem Paar aus Norfolk, das wir die letzten Tage immer wieder gesehen haben, und nehmen uns heute die Zeit, um ein wenig zu plaudern. Ich erzähle über die Benefizwanderung und zu meiner großen Überraschung entschließen sie sich spontan, ebenfalls Meilen­paten zu werden. Da freue ich mich natürlich sehr und verspreche ihnen – wie jedem anderen auch – mich zu melden, wenn ich ihre Meile ge­wandert bin. Kurz darauf treffen wir am Strand von Croyde Bay ein, gönnen uns ein kleines Eis und füllen unsere Wasservorräte auf. Frisch gestärkt und immer noch motiviert, treffen wir die vermutlich dümmste Entscheidung des ganzen Weges. Wir entschließen uns dazu, die knapp sechs Kilometer lange Route über den flachen, weitläufigen Sandstrand von Saunton Sands zu wählen. Wer träumt nicht davon, Hand in Hand lange Strandspaziergänge mit seinem Liebsten zu unternehmen? In meiner Vorstellung klingt das unglaublich romantisch, doch die Fantasie hat nur wenig mit der Realität zu tun. Anfangs lässt sich der Weg noch recht gut gehen, aber nach etwas mehr als einem Kilometer versinken wir nur so im Sand. Wir laufen zickzack, um irgendwie festeren Untergrund zu finden, aber wir scheitern ­jedes einzelne Mal und addieren so gleich noch mehr Weg zu unserer ­Tagesstrecke. Menschen sind durch das ungewohnte Schauspiel zwischen Sonne, Meer und Sand auch nur schemenhaft in der Ferne zu erkennen. Das Ende ist ­irgendwie in Sicht und doch nicht, quasi „so nah und doch so fern“ und insgeheim warte ich schon darauf, dass sich vor mir eine Fata Mor­gana auftut, denn diese Sze­nerie wäre die perfekte Gelegenheit dazu. Der Sand rieselt fast bei jedem Schritt in un­sere knöchelhohen Wanderschuhe; wir kommen unverhofft und wenig begeistert in den fraglichen Genuss eines Fußpeelings. Kleine Sandkörnchen werden uns auch noch in den nächsten Tagen immer wieder zum Anhalten und Ausleeren der Schuhe zwingen.

      Kaputte Boote werden hier sich selbst und den Gezeiten überlassen.

      Die vielen Muscheln, die hier angespült werden, lenken

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