Drehschluss. Claudia Rossbacher
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»Das kommt darauf an.« Auch Claras Blick folgte den kleinen Rauchgebilden. »Besitzt du denn ein solches Foto?«
Jackie lachte auf. »Nein, leider nicht. Ich muss dich enttäuschen. Aber ich weiß, dass er das Zeug nicht nur selbst konsumiert hat. Damals in Mailand hat er den Stoff auch verkauft. Das meiste an andere blutjunge Models.«
»Im Ernst?«
»Ja. Aber das interessiert doch niemanden, hast du gesagt.«
»Wenn Steffen Wolke tatsächlich gedealt hat, dann ist das etwas anderes«, sagte Clara.
»Ach ja?«
»Schon gut, Jackie. Jetzt erzähl schon. Steffen Wolke war ein Koks-Dealer?«
»Nicht nur das. Er hatte auch Ecstasy und alle möglichen Aufputschpillen im Angebot.«
»Und woher weißt du das so genau?«
»Von Steffen selbst, meine Liebe. Was dachtest du denn? Ich hab ihn doch direkt nach seiner Drogentherapie kennengelernt. Sexy Junge. Sehr talentiert. Auch als Schauspieler.« Jackie grinste. »Mark hat ihn auf meinen ausdrücklichen Wunsch unter seine Fittiche genommen und siehe da: Steffen hat auf Anhieb die Soap-Rolle bekommen. Nicht gerade höchstes schauspielerisches Niveau, aber für einen blutigen Anfänger ein ganz guter Einstieg.«
»Ihr beide wart ein Paar?«
»Ja. Allerdings nicht sehr lange«, gestand Jackie. »Der undankbare Junkie hat mich beschissen. Wer zuletzt lacht …« Jackie drückte ihre Zigarette aus.
»Erzähl mir mehr von Mailand.«
»Seine Dealerei flog irgendwann auf. Steffen musste singen, um seinen Knackarsch vor dem Knast zu retten. Dabei hatte er riesiges Glück, dass die Mafia nicht dahinterkam, dass er derjenige war, der geplaudert hat.«
»Sagtest du Mafia?«
»So läuft das nun mal in Bella Italia. Was dachtest du denn, wer dort unten über die Drogengeschäfte wacht? Wäre Steffen aufgeflogen, hätte er die Geschichte wohl nicht unbeschadet überlebt. Wenn überhaupt.«
Clara war zwar nicht zimperlich, aber sie hatte nicht vorgehabt, mit Jackies Biografie die Mafia auf den Plan zu rufen. »Dir ist aber schon klar, dass diese Story nicht nur heiß, sondern brandgefährlich ist?«, warf sie besorgt ein.
»Nicht für uns.«
»Aber für Steffen Wolke. Wenn wir das bringen, riskieren wir sein Leben.«
Jackie zuckte mit den Schultern, während sie das Rotweinglas langsam zwischen ihren Fingern drehte. »Rache ist Blutwurst.«
Mit so viel Kaltschnäuzigkeit hatte Clara nicht gerechnet. Das ging selbst der abgebrühten Journalistin zu weit. »Du würdest dem Jungen die Mafia an den Hals hetzen? Nein, Jackie, ohne mich.«
»Tut er dir etwa leid, der Kleine? Nur weil er eine süße Fresse und einen geilen Body hat? Glaube mir, er ist wie alle Männer. Und er hat sich das alles selbst eingebrockt«, sagte Jackie knochentrocken.
Es war offensichtlich, dass Steffen Wolke sie zutiefst verletzt hatte. Nur weil er sie betrogen hatte? Das kam doch in den besten Familien vor. Musste sie ihn deshalb gleich eiskalt ans Messer liefern? Clara hatte für diesen Abend genug gehört. »Lass uns morgen weitermachen, Jackie. Ich …«
Die SMS-Töne aus Jackies Handy schnitten ihr das Wort ab.
»… bin todmüde«, vollendete sie den Satz und streckte ihren Rücken durch, um die verspannte Muskulatur zu lockern.
»Moment noch!« Jackie hielt ihr das Mobiltelefon unter die Nase. »Sieh dir das mal an.«
»Wer nicht schweigen kann, muss sterben.
Deine Frist läuft.«
»Was soll das heißen? Welche Frist? Wer schreibt dir so was?«, fragte Clara.
»Diese Drohungen kommen von einem Wertkartenhandy. Deutsche Nummer. Wer dahintersteckt, wissen wir nicht. Mark hat schon versucht, den Besitzer ausfindig zu machen. Bislang vergeblich.«
»Du bekommst schon länger solche Drohungen?«
»Seitdem bekannt ist, dass ich meine Biografie schreibe.«
»Wir schreiben deine Biografie«, korrigierte Clara sie.
»Schon gut. Wir schreiben sie. Aber ich bin diejenige, die bedroht wird.«
»Vielleicht komm ich ja auch noch zum Handkuss. Immerhin weiß ich inzwischen genug, um einige Leben ruinieren zu können.« Clara spürte, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellten. »Wieso hast du mir bis jetzt nichts von diesen Drohungen erzählt?«
»Warum sollte ich dich unnötig nervös machen?«
»Unnötig? Ich halte es für angebracht, die Polizei einzuschalten.«
»Quatsch. Das ist doch nur ein Spinner. Der tut mir schon nichts.«
»Weshalb bist du dir da so sicher?«
»Du siehst doch, dass ich noch immer wohlauf bin.«
»Und wie lange noch? Deine Nerven möchte ich haben.«
»Hast du aber leider nicht. Ich hätte dir die Nachricht gar nicht zeigen sollen.«
»Aber Jackie«, protestierte Clara. »Was ist, wenn er das ernst meint? Da stand doch was von einer Frist? Welche Frist?«
»Sie läuft bis zum Drehschluss. Bis dahin erwartet er eine SMS von mir, die ihm bestätigt, dass die Biografie nicht erscheinen wird.«
Clara sah Jackie besorgt an. »Woher weiß der denn, wann Drehschluss ist? Das kann doch nur ein Insider wissen.«
»Vielleicht ist er hier und beobachtet uns.«
»Wie beruhigend … Sag mal, hast du keine Angst?«
»Soll ich mich etwa von ein paar idiotischen SMS einschüchtern lassen?«
»Das heißt, du ignorierst diese Drohungen und machst einfach weiter, als wäre nichts geschehen?«
»Wir machen weiter, Clara, als wäre nichts geschehen«, wiederholte Jackie mit süffisantem Grinsen. »Vergiss nicht, dass wir einen Vertrag haben.«
»Der mir aber nicht verbietet, jetzt ins Bett zu gehen.« Clara schaltete ihr Diktiergerät ab.
»Geh ruhig. Aber die SMS-Geschichte bleibt unter uns, hörst du?«
»Wenn du darauf bestehst.«
»Ja, darauf bestehe ich.«
»In