Die Toten von Rottweil. Herbert Noack

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Die Toten von Rottweil - Herbert Noack

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und die neuesten Ermittlungsmethoden beizubringen. War sie eine Forensikerin wie in dieser amerikanischen Fernsehserie? Oder war sie eine knallharte, in allen möglichen Kampfsportarten geschulte Kriminalerin mit den neuesten Waffen im Handgepäck? Zwar sah sie auf den ersten Blick nicht danach aus, aber er hatte sich schon oft in den Menschen getäuscht. Die Frau war anders als der sogenannte Sherlock Holmes von Rottweil. Sie würde Zeller Beine machen und Bausinger gleich mit. Da war er sich ganz sicher. An die würde er sich ranmachen, egal wie. Vielleicht als Verehrer, als potenzieller Liebhaber. Sie schien nicht verheiratet zu sein. Einen Ring an ihrer Hand hatte er jedenfalls nicht gesehen. Da müsste doch etwas zu machen sein.

      Bei diesem Gedanken fiel ihm seine Freundin ein, mit der er seit ein paar Wochen zusammenwohnte. Hoffentlich würde sie ihm nicht auf die Schliche kommen. Ihre Eifersucht war nicht unerheblich. Egal, hier ging es um mehr. Sie würde es verstehen müssen. Ein investigativer Journalist musste flexibel sein und dabei mitunter gewisse Grenzen überschreiten.

      Als die beiden Kriminaler sich nun voneinander verabschiedeten und Zeller in die eine Richtung und die Assistentin in die andere ging, stand er auf und folgte Jones unauffällig.

      Kapitel 7

      Fast hätte Jones ihn umarmt, als sie sich eben vorm »b2« getrennt hatten. Doch er hatte es rechtzeitig registriert und es verhindern können. So weit kam es noch! Er war immerhin ihr Vorgesetzter, nicht ihr Freund. Auch wenn sie einen zusammen getrunken hatten, änderte sich nichts daran. Das musste sie begreifen lernen.

      Ein paar Straßen vom Bioladen entfernt blieb Zeller stehen, nahm sein Smartphone aus der Manteltasche und scrollte durch die Nummern des Adressbuches. Wenn er sich nicht täuschte, hatte er die von Edwin Stranger abgespeichert. Da war sie doch. Sauber unter »R« wie »Rotary« abgelegt. Er musste dringend sein Ablagesystem ändern. Die ewige Sucherei war anstrengend.

      Der Hauptkommissar musste es nicht lange klingeln lassen, der Präsident des Rotary Clubs meldete sich schnell. Er hatte seinen Anruf erwartet und sich vorsorglich die nötigen Zahlen bereits von seinem Sekretär vorlegen lassen. Es waren nur 55 der 60 Mitglieder zu dem Vortrag erschienen. Dazu fünf Gäste. Er würde ihm die Namen mailen. Als Zeller ihn fragte, wie der Abend gewesen sei, meinte er nur lapidar: »Durchwachsen.« Einige Vorschläge und Ideen des Richters seien zwar gut gemeint gewesen, aber nicht durchsetzbar und abwegig. Sogar auf die Frage nach der Wiedereinführung der Todesstrafe habe er kein klares Statement dagegen abgegeben. Zeller solle sich das mal vorstellen. Ein Richter wie Schuhmacher, und dann so etwas. Er habe mehr von ihm erwartet.

      Zeller gab sich damit nicht zufrieden und bohrte weiter. War da nichts anderes? Kein Eklat? Keine Streitereien?

      Stranger zögerte kurz und meinte dann, dass Zeller es ja sowieso erfahren würde. Schließlich sei er bei der Kripo. Ja, es habe erheblichen Zoff gegeben. Ein unbekannter Mann habe Schuhmacher vorgeworfen, sein Richteramt zu missbrauchen. Grundsätzlich verhänge er die Höchststrafe. Außer bei einem einzigen Fall, als er »in dubio pro reo« entschieden habe. Kurz bevor er aus dem Saal geworfen wurde, habe der Mann dann noch gedroht, dass Schuhmacher ihm besser nie bei Nacht begegnen solle. »Den Mann hatte von meinen Leuten keiner eingeladen. Da bin ich mir absolut sicher«, erklärte Stranger.

      Richter Schuhmacher habe verlegen reagiert, als der Unruhestifter endlich weg gewesen sei. Er habe gesagt, dass man es als Richter nicht einfach habe und manchmal sogar um sein Leben fürchten müsse. Prahlerisch habe er hinzugefügt, dass er sich zu wehren verstehe, es wäre nicht das erste Mal in seinem langen Leben als Gesetzeshüter, dass er bedroht würde, und immer habe er auf sämtliche Schutzmaßnahmen verzichtet.

      Zeller dankte dem Rotary-Chef und hoffte, schon bald die Adressen der anwesenden Gäste von ihm zu bekommen. Stranger versprach es und legte auf.

      Zellers heutiger Bedarf an kriminalistischer Arbeit war gedeckt. Er brauchte mehr Zeit, um nachzudenken, ohne jemanden an seiner Seite zu haben. Weder Elli Jones noch einen anderen seiner Kollegen. Auch schaltete er sein Smartphone ab. Er wollte keine Anrufe oder andere Ablenkungen seines Gedankenflusses. Scheinbar missmutig stapfte er mit tief in den Taschen seines Mantels vergrabenen Händen durch die Stadt. Den Kragen hatte er hochgeschlagen, obwohl die Temperaturen an diesem späten Mittag mild waren. Es war September und außer einem immer mal wieder böig auffrischenden Wind war es ein schöner Tag. Der Altweibersommer zeigte schon jetzt, dass er seinem Namen alle Ehre machen würde. Doch im Gegensatz zu den äußeren Umständen fröstelte es Zeller im Inneren. Ihm wurde einfach nicht warm. Die jüngsten Gewalttaten in seiner Stadt nahmen ihn mehr mit, als er es sich eingestehen wollte.

      Plötzlich begann es zu nieseln und auf dem Bürgersteig bildeten sich kleine Pfützen, die ganz langsam vollliefen und sich zu größeren vereinigten. Zeller störte es nicht besonders. So ein Wetter hatte er ganz gern. Da konnte er sich selbst fühlen, wurde eins mit seiner Umwelt und der Natur und es waren nicht so viele Menschen auf den Straßen unterwegs. Noch lieber hatte er es, wenn ein richtig starker Wind um seine Nase pfiff, wenn er körperlich schwer dagegen ankämpfen musste und trotzdem kaum vorwärtskam. So ein Wind wie an der weiten französischen Atlantikküste. Dort war er aber nicht, sondern in Rottweil, rief er sich selbst ins Gedächtnis, mit einem großen Haufen Problemen am Hals. Deshalb würde er sich jetzt irgendwo unten im Stadtgraben auf eine Bank setzen und überlegen.

      Eigentlich war sein erster Gedanke gewesen, ins Polizeirevier zu gehen und nach dem Stand der Ermittlungen zu fragen. Doch dafür war es noch zu früh und er würde kaum Neues erfahren. Was sollte er also dort? Sollten die mal in Ruhe ihre Arbeit erledigen. Dafür brauchten sie ihn nicht. Nachher hieß es wieder, dass er am liebsten alles selber mache und keinem vertraue. Das stimmte nicht und das wussten all diejenigen, mit denen er schon längere Zeit zusammenarbeitete. Aber er konnte ein Kontrollfreak sein, das gab er unumwunden zu, und wenn etwas nicht passte, und war es nur ein kleines Detail, dann hakte er bei den Kollegen nach. Immer wieder. Egal, wie es bei den anderen ankam.

      Kurzfristig änderte er sein Vorhaben, machte kehrt und lief in die entgegengesetzte Richtung. Es war an der Zeit und längst überfällig. Lange hatte er sich davor gedrückt, doch jetzt musste es sein. Über einen seiner seltenen Besuche würde sich sein alter Herr sicherlich freuen. Vielleicht würde er ihn sogar erkennen. Gewiss war es jedoch nicht. An manchen Tagen schimmerte ein wenig Erinnerung durch die unüberwindbare Nebelwand in seinem Hirn. Zwar wurden diese lichten Momente immer weniger, aber man wusste nie, was in so einem Hirn letztendlich vor sich ging. Um dies herauszubekommen, musste er ihn sehen.

      Bis zum Hospital war es nicht weit. Zeller würde nicht einmal 30 Minuten brauchen. Am Anfang schritt er kräftig aus und kam gut voran. Doch je näher er dem Rottenmünster und somit seinem Vater kam, desto langsamer wurde er. Tausende Ausreden fielen über ihn her, Tausende Entschuldigungen sausten durch seinen Kopf. Bei jedem Schritt rang er mit sich, ob er seinen Weg fortsetzen sollte oder lieber nicht.

      Er besuchte ihn nicht gern, seinen alten Herrn, trat jedes Mal nur mit größter Mühe dem Mann gegenüber, der mal sein herrischer Vater gewesen war. Groß von Wuchs, egoistisch, unerbittlich und verbohrt. Es war ein Elend zu sehen, was aus ihm geworden war. Wie er nicht einmal mehr fähig war, Wörter zu zusammenhängenden Sätzen zu verbinden, und stattdessen in ein unverständliches Gebrabbel eines Kleinkindes verfiel. Allerdings ertappte Zeller sich dabei, und das gar nicht mal so selten, wie er bei sich dachte, dass es ihm recht geschehe, dem fürchterlichen Patriarchen. Dass es schade sei, dass er höchstwahrscheinlich nichts mehr von seinem eigenen Verfall mitbekam.

      *

      Als er das Hospital nach nicht mal 20 Minuten wieder verließ, war er verstört. Wieso hatte er nicht auf sein Innerstes gehört, sondern dieser törichten Blitzidee nachgegeben, von der er sich im Voraus hätte denken können, wie sie enden würde? Es war noch schlimmer gewesen als sonst. Er hatte das Zimmer seines Vaters fluchtartig verlassen müssen. Sein ohrenbetäubendes

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