Elisabeth Petznek. Michaela Lindinger

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Elisabeth Petznek - Michaela Lindinger

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dank ihrer Herkunft über zahlreiche Edelsteine, die sie nach den Vorschriften ihrer diversen Heiler zur Verbesserung ihrer angeschlagenen Gesundheit einsetzte. Horoskope, die sie erstellen ließ, halfen ihr bei der Auswahl der Steine. So empfahl ihr ein Alternativmediziner, sie müsse eine Kupferplatte tragen, amalgamiert mit Quecksilber, mit einem Diamanten in der Mitte, am Rand drei im Dreieck angeordnete Edelsteine, und zwar zwei Hyazinthe und ein roter Jaspis. Im Verständnis des Yoga hilft der Hyazinth zum Beispiel bei Verlusten. Das Amulett sei an einer blauen Seidenschnur ständig am Körper zu tragen. Steine konnten neben ihrem Einsatz als magischer Schmuck auch zur Massage oder zur Wasseraufbereitung verwendet werden. Die heilende Wirkung von Mineralien wird bis heute debattiert, wissenschaftlich belegt ist sie nicht. Rosenquarz soll Gefühle und Vertrauen vertiefen, der „Stein der Liebe“, Jade, hilft laut esoterischen Lehren aus Fernost bei sexueller Unlust. Erzsi erfuhr aus der „Magie der Kristalle“, dass jeder Stein eine eigene Schwingung besitzt und sich mit verschiedenen Chakren (Energiepunkten) des Körpers verbindet. Überhaupt schworen „Magier“ wie Karl Krauss und andere in den 1930er-Jahren von Erzsi angeheuerte „Heiler“ auf die Heilkräfte von Rubin, Smaragd, Amethyst und Co.

      Im Sommer 1924 trat der „Magier“ Karl Krauss seinen „Dienst“ in Schönau an. Er sei ein „Herr“, so Schrenck-Notzing, der „gleichstehend behandelt“ werden müsse, „was sich bei Ihren liberalen Anschauungen von selbst versteht“, schrieb er in einem Brief an Erzsi. Der Besuch sei keine reine Privatangelegenheit, sondern es würden auch Wissenschaftler aus Wien beigezogen werden, um den Charakter der zu erwartenden Phänomene zu bewerten. Für den „Magier“ seien Sherry und Schnaps stets zur Stärkung bereitzuhalten. Daran sollte es bestimmt nicht scheitern …

      Alfred Kubin, der berühmte Grafiker aus dem Schloss Zwickledt bei Wernstein am Inn und einer der Kenner des Unheimlichen, dürfte auch zumindest einmal an einer Sitzung mit Karl Krauss teilgenommen haben. Kubin gehörte ebenfalls zur fächerübergreifenden Fangemeinde Schrenck-Notzings und lernte Erzsi in dieser Runde kennen.

      Damals war Krauss noch ein relativ neuer Name in der Szene und sogar Schrenck-Notzing besaß nur wenige überprüfbare Informationen über ihn. Aufgrund dieser Unsicherheiten sollte Erzsi nie mit ihm allein sein, bekräftigte der Lehrmeister. Franzi war alsbald sehr begeistert von Krauss. Sein eingangs zitierter Ausruf „Es war fabelhaft!“ bezog sich auf eine der Krauss’schen Darbietungen. Die fast täglichen Sitzungen begannen im August 1924. Krauss stellte sich als großer Magier vor, der seine Fähigkeiten jahrelang perfektioniert habe und bei einem initiierten Meister in die Lehre gegangen sei, unter strikten Regeln und strenger Disziplin. Sein Metier sei die Verbindung menschlicher Energien mit denen des Kosmos. Er könne durch erlernte Rituale Kräfte zu Hilfe rufen, auch solche aus negativen Energiefeldern.

      Rotlicht, UV-Licht, elektrisches Licht und andere Kinkerlitzchen spielen in der Magie keine Rolle. Der Magier kann seine Kraft auch im hellen Sonnenlicht entfalten. Ebenso ist Trance oder Hypnose nicht notwendig. Magische Rituale werden bei vollem Bewusstsein und in „normaler“ Ausdrucksweise durchgeführt. Auch benötigt der Magier kein Spalt-Ich („Doppelgänger“), um sich auszudrücken, Verwirrung und Unruhe, wie sie bei parapsychologischen Medien die Regel sind, belasten ihn genauso wenig. Mit Erschöpfung nach Beendigung des Rituals ist jedoch zu rechnen.

      Vor der ersten Begegnung mit Krauss war Erzsi nervös. Schrenck-Notzing und Franzi mussten rechts und links von ihr Platz nehmen. Krauss begann mit einem magischen Schutzkreis, den er um sich zog. Franzi berichtete, er habe protestieren wollen, da sich der Magier ja nun im Inneren des Kreises befinde, alle anderen aber außerhalb. Doch er sei gar nicht dazu gekommen, denn sofort hätten die psychokinetischen Phänomene eingesetzt. Möbel und Gegenstände gerieten in Bewegung. Ein großer Schrank, der bisher seiner Bestimmung gemäß an der Wand gestanden sei, habe sich bedrohlich auf die Gruppe zubewegt. Die nicht von den Sitzungsteilnehmern belegten Sessel seien herumgehüpft. Franzi habe fasziniert die anwesenden Wissenschaftler beobachtet, doch sie hätten sich still verhalten. Der schwere Tisch habe sich erhoben und sei mit lautem Krach zu Boden gefallen. Die Deckenlampe schwang hin und her. Schrenck-Notzing fotografierte. Der zwar erschrockenen, aber dennoch konzentrierten Erzsi entging nicht, dass sich die Ärzte und Physiker zu den Vorkommnissen ausschwiegen.

      Ein anderer Versuch spielte sich abends bei normaler elektrischer Beleuchtung ab. In einer Ecke befand sich eine Stehlampe, auf einem Beistelltisch eine Leuchte. Krauss kam herein und äußerte Sonderwünsche. Er wolle eine Flasche Rotwein, ein Glas und ein Jagdmesser. Die Herrin stimmte zu und die Sachen wurden auf den Tisch gestellt bzw. gelegt. Krauss trat in den Kreidekreis. Eine schwarze Hand erschien über dem Tisch, goss Rotwein ein und schwebte samt Glas durch den Raum. Bei Franzi machte sie halt und Rotwein rann über sein weißes Hemd. Er berichtete, dass es gewaschen werden musste. Zu trinken gab ihm die Hand offenbar nichts. Anschließend sei das Jagdmesser auf ihn zugeflogen, er habe bereits ein Kratzen auf der Haut gespürt, dann habe es abgedreht und sich in den Tisch gebohrt. Franzi echauffierte sich: „Wenn das Messer meinen Kopf getroffen hätte, wäre ich jetzt tot.“ Krauss wiegelte ab, das sei unmöglich: „Ich beherrsche diese Kräfte.“ Er werde extra für Franzi ein Andenken dalassen. Das Messer fiel vom Tisch. Nachdem Krauss es aufgehoben und Franzi übergeben hatte, entdeckte dieser, dass ein „K“ auf der Klinge eingraviert war.

      Franzi beschrieb auch den Höhepunkt einer Krauss-Veranstaltung, nämlich die magische Praktik der Autolevitation. Krauss habe angekündigt: „Und jetzt fliege ich.“ Sein Körper habe sich vom Sessel gelöst und sei emporgeflogen, habe sich dann in eine horizontale Lage begeben und sei so in 1,70 Meter Höhe mehrere Male um das Zimmer geschwebt. Franzi habe dies nicht glauben können, sei aufgestanden und habe die Luft unter dem schwebenden Körper prüfen wollen. Doch da sei nichts gewesen. Die Überwindung der Schwerkraft wird im Allgemeinen der Schwarzen Magie zugerechnet. Sich zu fürchten ist hier also durchaus ratsam.

      Ein anderes Mal schrieb Erzsi auf Krauss’ Anweisung hin ihren Namen auf Papier. Krauss meinte, sie solle das Papier auf ein Tablett legen und es verbrennen. Krauss öffnete das Fenster und warf die Asche hinaus. Dann kam er zurück, dreht das Tablett um und präsentierte Erzsi das unversehrte Papier. Krauss liebte es offenbar, sein Publikum zu verunsichern. Er pendelte unangekündigt zwischen Taschenspieler-Kunststückchen und angsterzeugenden magischen Phänomenen hin und her.

      Erzsi wurde regelrecht süchtig nach den Vorstellungen von Karl Krauss. Der „Magier“ fuhr zwar Ende August zusammen mit Schrenck-Notzing nach München zurück, doch Erzsi wollte ihn schon bald für zwei Monate nach Schönau einladen. Die Erscheinungen, die in Schönau hervorgezaubert wurden, schlugen Erzsi mindestens so sehr in den Bann, wie den „Magier“ der Alltag im Schloss beeindruckte. Die aufmerksame Dienerschaft, der märchenhafte Schlosspark, die hervorragende Küche: Krauss stimmte freudig zu, sobald wie möglich wieder anzureisen, um in den Genuss der unwirklichen Annehmlichkeiten zu kommen, die ihm von der ehemaligen Erzherzogin geboten wurden.

      Doch Schrenck-Notzing wollte den weiteren Kontakt seines Schützlings mit Krauss nun plötzlich unterbinden. Er schickte einen aufgeregten Brief nach dem anderen, um Erzsi vor Krauss zu warnen. Krauss habe ihm geborgtes Geld nicht zurückgegeben, schrieb Schrenck-Notzing; er habe versprochen, für ihn – Schrenck-Notzing – elektrische Geräte zur Messung von Energieströmen zu konstruieren, was er nie ausgeführt habe. Krauss mochte ein Gauner und Betrüger sein, dumm war er jedoch nicht. Er hatte rasch begriffen, dass Erzsi andere Anforderungen an seine Vorführungen stellte als Schrenck-Notzing. Der Arzt wollte wissenschaftliche Ergebnisse, Messungen, Präzision. Ihm ging es um publizierbare Novitäten. Erzsi hatte nichts gegen Forschung, doch vor allem wollte sie etwas erleben, bei exklusiven Ereignissen dabei sein, etwas zum Nachdenken haben. Wessen Ansprüche Krauss leichter befriedigen konnte, lag auf der Hand. Er verschwand fluchtartig aus München und ließ Schrenck-Notzing wissen, die Experimente in Schönau hätten ihn fürs Erste ermüdet. Er brauche nun Ruhe.

      „Der Mann ist zweifellos geistig abnorm“, tobte Schrenck-Notzing. Er geriet außer sich und berichtete Erzsi, dass sie Krauss doch sicher angemessen bezahlt habe, und nun verprasse

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