Elisabeth Petznek. Michaela Lindinger

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Elisabeth Petznek - Michaela Lindinger

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Restaurants“ zwischen Triest, Pola und Brioni gewesen. Schrenck-Notzing fühlte sich für Erzsi verantwortlich, weil er es gewesen war, der Krauss auf ihr Schloss gebracht hatte. Obwohl Erzsi wenig Interesse für die Meinungen anderer aufbrachte, fuhr Schrenck-Notzing mit seinen Verdächtigungen fort: Krauss habe bestimmt einen psychischen Defekt, weil er über so große innere Fähigkeiten verfüge. Er könne Recht und Unrecht nicht unterscheiden. Er wolle ebenso im Luxus leben wie seine wohlhabende „Kundschaft“. Er entwende Gegenstände aus den Häusern seiner vermögenden Klienten und gebe diese nicht zurück. Oder er nehme Geld für zu entwickelnde Apparate, die er nie zu bauen gedenke. Mit einem Wort: Er lüge und betrüge ohne Ende. Früher, so habe Schrenck-Notzing herausgefunden, hätte Krauss sein Geld mit Suggestionsbehandlungen, Heilmagnetismus, Detektivarbeit und Hellsehen verdient. Lauter einträgliche Geschäftsfelder in der Zeit nach 1918 …

      Die Beratungsresistenz Erzsis verblüffte Schrenck-Notzing. Sie reagierte nicht auf seine Briefe und nahm Krauss weiterhin in Schönau auf. Im November übersiedelte sie in ihr Winterdomizil in die Marxergasse im dritten Wiener Gemeindebezirk. Auch dorthin schrieb ihr Schrenck-Notzing von den (Un-)Taten des Karl Krauss. Aber, so schränkte er ein: „Als Medium ist er natürlich unersetzlich.“

      Im Dezember 1924 führte Hans Thirring einige Versuche mit Krauss in Wien durch, die auch Erzsi mit ihrer Anwesenheit beehrte. Die Versuche schlugen fehl. Schrenck-Notzing begründete die Misserfolge mit einem „nicht gleich gestimmten Fluidum“ zwischen Thirring und Krauss. Er war der Ansicht, es müsse eine gewisse seelische Übereinstimmung zwischen Versuchsleiter und Versuchsobjekt vorhanden sein. Bei Erzsi und Krauss sei dies der Fall, bei Thirring und Krauss allerdings nicht. Physiker Thirring sah es prosaischer: Er hielt Krauss schlicht und einfach für einen Schwindler.

      Vielleicht kamen Erzsi doch irgendwann Zweifel. Auf jeden Fall arbeitete sie in den Jahren 1925 und 1926 hauptsächlich mit Rudi Schneider und erzielte einige Erfolge. Schrenck-Notzing war von Anfang an der Ansicht gewesen, dass das Schloss Schönau zusammen mit der psychischen Kondition seiner Besitzerin paranormale Phänomene begünstige. Und tatsächlich sollten diese bald nicht mehr zu kontrollieren sein.

      Poltergeist – eine beunruhigende Küchenmagd

      Der Anfang vom Ende des guten Lebens in Schönau begann 1925. Da hatte der ausgezeichnete Netzwerker Schrenck-Notzing von einem in Güssing (Burgenland) ansässigen Telepathen erfahren, dass sich in einem Bauernhaus bei Langzeil nahe Güssing telekinetische Vorgänge ereigneten. Die ganze Umgebung sei in Aufruhr, da ein Baby aus seiner Wiege auf die Straße geschleudert worden sei. Das Kind habe zum Glück keine Verletzungen erlitten, doch sei die Polizei bereits verständigt worden. Wie aus zahllosen Filmen (beispielsweise „Ringu“, 1998; das Harry-Potter-Sequel „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“, 2016; „Hereditary“, 2018) bekannt, wurde ein Teenager als Urheberin der unerklärlichen Vorgänge ausgeforscht: Die 14-jährige Wilma (in den Quellen auch: Vilma) Molnar. Sie sei in dem bewussten Bauernhaus als Dienstmagd in Stellung, ihre Eltern lebten in Ungarn. Das Burgenland wurde erst 1921 als jüngstes Bundesland der Republik Österreich angegliedert.

      Wilma war des Deutschen nicht mächtig, aber Schrenck-Notzing wusste, dass Erzsi sehr gut Ungarisch konnte. Er schlug vor, sie möge sich doch in ihr Auto setzen, ins Burgenland fahren und Wilma unter einem Vorwand nach Schönau holen. Dann könne sie das Mädchen in ihre Dienste nehmen und beobachten. Erzsi folgte dem Ratschlag, fuhr mit ihrem Chauffeur zu dem Güssinger Telepathen und fragte ihn aus. Nachdem sie der Ansicht war, alles Wissenswerte über Wilma erfahren zu haben, besuchte sie das Mädchen und sprach Wilma auf Ungarisch an. Diese fasste rasch Vertrauen zu der fremden Dame und kam gerne mit. Um die „Entführung“ etwas erträglicher zu gestalten, wurde auch Wilmas Bruder mit nach Schönau genommen. Die ungewöhnliche Reisegesellschaft trat die Rückfahrt zum Schloss an und die beiden Jugendlichen erhielten Quartier in den Dienstbotenkammern. Am nächsten Tag wies man ihnen einfache Arbeiten in Haus und Küche zu. Schrenck-Notzing wurde von dem Zuwachs an Domestiken in Kenntnis gesetzt und war begeistert von seiner neuen Mitarbeiterin im Schloss. Er instruierte Erzsi genauestens, wie sie es mit Wilma angehen solle. Sie müsse Tagebuch führen und alles notieren, was mit Wilma zu tun habe: wie sie sich verhalte, welchen Eindruck Erzsi von ihr habe, wann die Phänomene aufträten, wann Wilma ihre Regel habe. Außerdem seien immer zu berücksichtigen: die jeweilige Mondphase, Tageszeit und Beleuchtungsverhältnisse, Standort des Mädchens. Weiters solle Erzsi sich fragen: Kann Wilma das Phänomen selbst hervorrufen? Wo tritt das Phänomen auf? Und natürlich müsse sie die schriftlichen Zeugenaussagen der Anwesenden aufnehmen. Wilma müsse auch im Schlaf überwacht werden, um etwaige Spontanaktionen nicht zu versäumen. Ob sie im Schlaf spreche? Aufstehe? Herumgehe? Überhaupt, ob sie somnambule Zustände zeige? Und dann das Entscheidende: Ob sie durch ihren Willen imstande sei, mehr oder weniger weit entfernte Gegenstände zu bewegen, ob sich hierbei ein Spalt-Ich („Doppelgänger“, Astralleib) zeige, der automatisch schreiben kann, ob sie in Trance falle.

      Im Garten des Schlosses Schönau, 2019

      Beim Auftreten von Phänomenen solle man auch Hans Thirring und Michael Dumba beiziehen. Dumba, ein Nachfahre der einflussreichen Ringstraßenfamilie Dumba, war der neue Gönner von Karl Krauss. Auch er bewegte sich in jenen Zirkeln von Ex-Adeligen, die sich mit dem Spiritismus im weitesten Sinn beschäftigten.

      Offenbar geschahen bald seltsame Dinge im Küchenreich von Schloss Schönau, denn wenig später bezeichnete Schrenck-Notzing die junge Wilma als Spukmedium. Aus seinem Antwortbrief an Erzsi geht hervor, dass sie bereits von Problemen mit der burgenländischen Küchenmagd berichtet haben muss: „Wenn man die Sache sich selbst überläßt, so geht sie natürlich weiter. Man muß versuchen, sie zu beherrschen, sich den Unfug energisch verbitten.“ Er ging davon aus, dass diverse Spaltpersönlichkeiten Wilmas für den „Unfug“ verantwortlich seien. Man solle zwei Sitzungen wöchentlich mit ihr abhalten, damit sich ihre zurückgehaltenen psychischen Kräfte dort austoben können. Als last resort empfahl der „Geisterbaron“, Wilma „zu Wagner-Jauregg in die Klinik zu geben, damit die Herren endlich einmal durch die ‚schlagende‘ Wirkung der fliegenden Gegenstände von der Realität dieser Vorgänge überzeugt werden. Das wäre die beste Lösung.“ Bis heute befassen sich Forscher mit der „Psychokinese“ („PK“), also mit der Fähigkeit, Gegenstände zu bewegen, ohne sie zu berühren.

      Nicht zuletzt führte der Filmklassiker „Poltergeist“ (1982) vor, dass es oft (heranwachsende) Mädchen sind, die durch ihre psychischen Veranlagungen paranormale Aktivitäten auslösen können. Bei diesen „Spukerscheinungen“ entstehen aus unerfindlichen Gründen Lärm und Bewegung. Geschirr segelt durch die Luft und zersplittert. Alle Gegenstände, die durch Poltergeister bewegt werden, bekommen ein unkontrollierbares Eigenleben. Sie schaffen es durch Türen und Fenster, auch durch solche, die kleiner sind als sie selbst. Ebenso ist es möglich, dass Dinge urplötzlich mitten in der Luft erscheinen. Phänomene dieser Art sollen weltweit verbreitet sein. Angesehene Wissenschaftler wie der Freud-Schüler C. G. Jung schilderten Fälle, in denen sie selbst Zeugen derartiger Vorkommnisse geworden sind: Es ging um Gegenstände, die sich ohne wahrnehmbare äußere Krafteinwirkung im Raum herumbewegten.

      Der Ausdruck „Poltergeist“ ist jedoch irreführend, denn es handelt sich mitnichten um einen Geist. Eher könnte man den Poltergeist als eine unsichtbare Kraft beschreiben, die Dinge bewegt, Türen knallen lässt, kinetische Lärmbelästigung verschiedenster Art hervorruft. Um in Aktion treten zu können, scheint der Poltergeist die Gesellschaft (weiblicher) Kinder oder pubertierender Jugendlicher im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren zu benötigen. Der Poltergeist gilt als unzerstörbarer Garant für Chaos und gelangt im Allgemeinen zusammen mit dem ihn aktivierenden Jugendlichen in ein Gebäude. Und so nahm ein ziemlich umtriebiger Poltergeist das Schloss Schönau in Besitz.

      Erzsi schaffte es nicht, die Kräfte, die offenbar von Wilma Molnar ausgingen, in den

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