Kommunikations- und Mediengeschichte. Mike Meißner

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Kommunikations- und Mediengeschichte - Mike Meißner

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Akteurskollektive bzw. von Organisationen (siehe Kap. 4.1).

      »Der gesamte Prozeß der reflexiven Modernisierung, der durch die Ausdifferenzierung der Gesellschaft und durch die Pluralisierung von Lebensformen gekennzeichnet ist, wurde ›in entscheidendem Maße durch die Kommunikationsmedien gestützt und oft erst auf den Weg gebracht‹ […]. Nur die Medien sind noch in der Lage, die Integration der sich ausdifferenzierenden Gesellschaften zu sichern. […] Zugleich verstärken die Medien jedoch die weitere Segmentierung und Pluralisierung der Gesellschaft«.

      In der Literatur wird meist die von Gutenberg entwickelte Typografie als eine erste (oder nach der Schrift zweite) Medien-Revolution betrachtet (vgl. u. a. WELKE 2008: 9f.). Tatsächlich aber war der Übergang von handgeschriebenen zu gedruckten Medien aktueller gesellschaftlicher Kommunikation fließend (siehe Kap. 3.2). Und auch die Form der frühen Wochenzeitungen änderte sich zunächst durch den Druck kaum (vgl. BÜCHER 1893/2017: 223). Wolfgang Behringer (2003) argumentiert in einer umfassenden Studie zur Geschichte der Post überzeugend, dass die entscheidende Kommunikationsrevolution im Europa der Frühen Neuzeit nicht der Buchdruck war, sondern die Entwicklung der Infrastruktur der Kommunikation, d. h. der Post- bzw. Verkehrsnetze. Wie oben angesprochen, war es letztlich wohl die Kombination mehrerer Innovationen – handgeschriebene periodische Zeitungen, wesentlich basierend auf dem öffentlichen Postwesen, und Typografie – die den in diesem Buch als revolutionär betrachteten Umbruch von der Versammlungs- zur journalistisch vermittelten Kommunikation ermöglicht haben. Dazu kamen soziale und politische Veränderungen, die ihrerseits wiederum durch den Buchdruck gefördert wurden (vgl. WILKE 2008: 37f.) und zu einem gesteigerten Nachrichtenbedürfnis führten. Die starke Verbreitung der Zeitung beförderte wiederum die Veränderungen in der politischen Öffentlichkeit. Solche Wechselwirkungen zwischen technischen Innovationen und gesellschaftlichem Wandel sind typisch für soziale Evolutionsprozesse (siehe weiter unten).

      Interessant ist, dass sich Teilschritte der dargelegten Entwicklung auch in der römischen Antike und im ersten nachchristlichen Jahrtausend in China feststellen lassen (vgl. BÜCHER 1893/2017: 203f.; RIEPL 2014: 163; WAGNER 2014b: 214, 226, 237). Zudem sind offenbar im chinesischen Hangzhou im 12. und 13. Jahrhundert alle Entwicklungsschritte zu beobachten, also bis hin zu Wochen- und Tageszeitungen mit autonomer, journalistischer Vermittlung – aber diese blieben dort nur ein illegales Phänomen von begrenzter Dauer (vgl. HE 2015 und Kap. 3.3). Insofern hat sich erstmals im Europa der Frühen Neuzeit die journalistische Kommunikationsvermittlung dauerhaft durchgesetzt und recht schnell auch über zahlreiche weitere Weltgegenden verbreitet. Dies kann damit in Verbindung gebracht werden, dass zwar die materiellen oder technischen Voraussetzungen dieser Entwicklung – wie das Botenwesen, die Schrift und das Papier, die Typografie sowie v. a. die Einrichtung von Verkehrsnetzen und eines (allgemein zugänglichen) Postwesens (siehe Kap. 3.1) – auch andernorts zumindest größtenteils gegeben waren, nicht aber zugleich derselbe spezifische Komplex weltanschaulicher oder ideeller Faktoren wie in Europa (vgl. MITTERAUER 2004: 257ff., 274ff.). Kurt Imhof (2006: 53) spricht von einer spezifischen »Spannung zwischen Kognition und Glauben«, die für die »okzidentale Entwicklung« (anders als etwa die chinesische) prägend war. Auf diesen Faktorenkomplex wird in Kapitel 3.3 zurückzukommen sein. Diese (gut dokumentierte) europäische Entwicklung steht im Fokus des vorliegenden Buches.

      Auf den tiefgreifenden Umbruch durch die (gedruckten) Wochenzeitungen und den Journalismus folgten weitere, evolutionäre Entwicklungen, die durch eine Diversifizierung der Massenmedien gekennzeichnet sind. Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts entwickelten sich nicht nur die Zeitungen weiter, sondern es entstanden mit den Zeitschriften weitere Printmedien mit anderen Funktionen. Mit der Einführung und Nutzung der Elektrizität im 19. Jahrhundert kamen sodann mit Radio, (Kino-)Film und Fernsehen weitere Massenmedien dazu, die im späten 20. Jahrhundert, auf der Basis des Internets sowie des Mobilfunks, durch digitale Medien ergänzt wurden (siehe Kap. 4.3 u. 5).

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