Kommunikations- und Mediengeschichte. Mike Meißner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Kommunikations- und Mediengeschichte - Mike Meißner страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Kommunikations- und Mediengeschichte - Mike Meißner

Скачать книгу

die formal keine Mitglieder, aber eng assoziiert waren, z. B. das Wallis oder die ›Drei Bünde‹ (das spätere Graubünden). Als ›Vorort‹ agierte zunächst Luzern, welches sich diese Rolle nach der Reformation mit Zürich teilte (vgl. ebd.: 42-45; WÜRGLER 2014: o. S.).

      Ab den 1520er-Jahren erschütterte die Reformation die Eidgenossenschaft. Die von dem Zürcher Prediger Huldrych Zwingli angeführte Glaubenserneuerung wurde von den innerschweizerischen Orten (Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern und Zug) bekämpft, von Bern, Basel und Schaffhausen aber befürwortet. Dies führte 1529 zu einem Bündnis der katholischen Orte mit Österreich und kriegerischen Auseinandersetzungen mit unterschiedlichen Ausgängen. Als eines der langfristigen Ergebnisse kann wohl die Landteilung von Appenzell Innerrhoden (katholisch) und Außerrhoden (reformiert) gelten, die sich bis heute in den beiden Halbkantonen manifestiert. Wie breit die Gräben waren, zeigt sich etwa an der Tagsatzung, die »seit zweihundert Jahren das Forum des eidgenössischen Gedankenaustauschs schlechthin« (REINHARDT 2010: 82) gewesen war und »in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Symptome der Entfremdung« zeigte (ebd.: 82).

      Für die sog. »Spätzeit der Alten Eidgenossenschaft« (1713-1797) spricht Reinhardt (ebd.: 98) von einem »Spannungsverhältnis von Stabilität im Großen und vielfältigen Konflikten im Kleinen«. Stabilisierend wirkten insbesondere die Erhaltung der traditionell sehr kleinräumigen Selbstverwaltung sowie die enge Verflechtung der »Interessen der städtischen Eliten mit denen der dörflichen Oberschichten« (ebd.: 99). Neben Konflikten über die Frage der Vorherrschaft geistlicher oder weltlicher Gerichtsbarkeit gelangten zudem die neuen Ideen der Aufklärung in die Köpfe der führenden Politiker – nicht zuletzt in Form der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 und der Französischen Revolution von 1789 (vgl. ebd.: 98-109).

image

      Alle Varianten der Versammlungskommunikation sind durch bestimmte Eigenschaften bzw. Bedingungen charakterisiert, die ihr zugleich Grenzen setzen (WAGNER 2009: 106f.):

      •Die Kommunikationspartner sind am gleichen Ort physisch anwesend (Anwesenheit, »Einheit des Ortes«).

      •Der kommunikative Austausch bzw. Mitteilung und Kenntnisnahme finden (quasi) gleichzeitig statt (»Gleichzeitigkeit oder die Parallelität der Kundgabe und Kenntnisnahme von Nachrichten«).

      •Im Prinzip (von Ausnahmen wie gehörlosen Personen abgesehen) verfügen alle Beteiligten über die gleichen Medien (Sprache, Gestik, Mimik), derer sie sich selbst bedienen, um ihre Mitteilungen zu vermitteln (»allgemeine Medienverfügbarkeit«).

      Ebenfalls schon seit der frühesten Menschheitsgeschichte vollzog sich Kommunikation teilweise auch über räumliche Distanzen hinweg, also als »Fernkommunikation« (HALBACH 1998: 277; HÖFLICH 1997: 204; Hervorh. d. Verf.), z. B. bei verstreut lebenden Gemeinschaften oder während Kriegszügen. Dabei kamen einfache Medien zum Einsatz: zunächst die Sprache in Form lauten Rufens, z. B. von Berg zu Berg, bzw. die Stimme wie z. B. bei Pfeifsprachen, etwa auf den Kanarischen Inseln (vgl. SEBEOK/UMIKERSEBEOK 1976). Auch das Alp- bzw. Hirtenhorn wurde möglicherweise in verschiedenen europäischen Ländern als Stimmverstärker verwendet, etwa in der Schweiz (vgl. SCHÜSSELE 2000: 39, 174). Weiter wurden auch Feuer- und Rauchzeichen, Trommeln bzw. Trommelsprachen etc. genutzt (vgl. SCHÖNHAGEN 2004: 143f.). Das »Universalorgan« der Nachrichtenübermittlung war allerdings der Bote, lange Zeit v. a. mit mündlichem Bericht (RIEPL 2014: 105, Hervorh. i. O.). Die Ausdrucksmöglichkeiten dieser einfachen Medien sind jedoch begrenzt (vgl. KNIES 1857/1996; SEBEOK/UMIKER-SEBEOK 1976). Der Einsatz von Boten, die mündlich eine Nachricht überbringen, oder anderer Vermittler, die z. B. die Trommelsprache beherrschen, birgt zudem das Problem der Zuverlässigkeit: Es ist keineswegs sicher, dass genau das vermittelt wird, was jemand in Auftrag gegeben hat.

      Solange Kommunikation über Distanz nicht der Normalfall war, sondern nur fallweise und eher spontan genutzt wurde, z. B. um Stammesmitglieder zu einer Versammlung zusammenzurufen, wogen diese Probleme nicht schwer. Mit der Versammlung als zentralem Kommunikationsort war es unproblematisch, gesellschaftliche Kommunikation umfassend und für alle überschaubar abzuwickeln. Sobald Gesellschaften aber derart anwuchsen und sich aus differenzierten, dass sie nicht mehr vorrangig oder ausschließlich in Form von Versammlungen kommunizieren konnten, erwuchsen ihnen erhebliche Schwierigkeiten (vgl. WAGNER 1995: 19). Es brauchte andere Lösungen, um den kommunikativen Austausch weiter umfassend und zuverlässig sicherzustellen, ohne dass die Beteiligten zur gleichen Zeit am gleichen Ort anwesend sein mussten. Die schrittweise Lösung dieses Problems kennzeichnet die weitere Entwicklung sozialer Kommunikation und ihrer Medien, wie im folgenden Kapitel dargelegt wird.

      17Verfassungsrechtlich war die innerschweizerische Landsgemeinde »als Vertretung aller männlichen Bewohner mit vollem Bürgerrecht« bis ins 17./18. Jahrhundert hinein einzigartig (vgl. REINHARDT 2010: 50-52).

      18Üblicherweise am letzten Sonntag im April (Appenzell Innerrhoden) bzw. am ersten Sonntag im Mai (Glarus).

      19Für ausführliche Beschreibungen der Landsgemeinden in Glarus und Appenzell Innerrhoden vgl. Schaub (2016: 87-92), Vischer (1983a, b), Stauffacher (1964) bzw. Huber-Schlatter (1987: 62-96).

      20Tatsächlich war dies nicht das erste solche Bündnis. Auch in dem sog. Bundesbrief von 1291 wird mindestens ein früherer Bund erwähnt.

      21Entwicklungen vor dieser Zeit, von den keltischen Helvetiern bis zu Stadtgründungen und der Etablierung von Klöstern, können hier aus Platzgründen nicht dargestellt werden, finden sich aber in dichter Form bei Stadler (2003: 13-33). Vgl. auch Leuzinger (2014), Frei-Stolba/Paunier (2014) und Morerod/Favrod (2014).

      22Mit dem Friedensschluss von 1499 erreichte die Eidgenossenschaft, von den Reichsreformen ausgenommen zu werden, wodurch sie »randständig und parallel

Скачать книгу