Die Lola-Montez-Story. Heinz Gebhardt

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Die Lola-Montez-Story - Heinz Gebhardt

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Ich habe mir stets eingebildet, dass im Moment meiner Geburt irgend eine Fee Rollen an meine Wiege befestigt hat, um mich so ununterbrochen von einem Ende der Welt bis zum anderen zu bringen.«

      Lola Montez hat sich in allen Biografien immer ein paar Jahre jünger gemacht, denn nach den später aufgefundenen amtlichen Unterlagen ist sie am 17. Februar 1821 in Grange im Nordwesten von Irland geboren. Ihr Vater war der Offizier Edward Gilbert, ihre Mutter hieß Eliza Oliver. Im Alter von zwei Jahren ließen die Eltern ihre Tochter am 16. Februar 1823 in St. Peter’s in Liverpool auf den Namen Eliza Rosanna Gilbert taufen. 1824 wurde Eliza Gilbert als dreijähriges Kind von ihren Eltern auf eine Seereise nach Indien mitgenommen, wo sich der Vater als Soldat der britischen Armee ein gesichertes Leben erhoffte. Wenige Wochen nach seiner Ankunft in Dinapore starb er an Cholera. Dinapore war im 19. Jahrhundert eine britische Garnisonsstadt und heißt heute Danapur und liegt im indischen Bundesstaat Bihar rund 10 Kilometer nordwestlich von Patna und 500 Kilometer nordwestlich von Kalkutta. 1826 wurde sie wieder nach England zurückgeschickt und später in einem Internat in Bath 20 Kilometer von Bristol entfernt untergebracht.

      Nachdem ihre Mutter ebenfalls aus Indien nach England zurückgekehrt war, hatte sie für ihre 16-jährige Tochter den schwerreichen 60-jährigen indischen Geschäftsmann Sir Lumely als idealen Ehemann auserkoren. Der Altersunterschied war ihr egal, Hauptsache die Familie wäre finanziell abgesichert gewesen. Doch sie hatte die Rechnung ohne die Willensstärke ihrer Tochter gemacht, denn die 16-jährige Eliza fand mehr Gefallen an dem 29-jährigen Begleiter und Lover ihrer Mutter, Captain Thomas James. Bei Nacht und Nebel verschwanden beide von einem Tag auf den anderen und flohen nach Irland. Am 23. Juli 1837 heirateten beide im irischen Rathbeggen in der Nähe von Dublin und aus Eliza Gilbert wurde Eliza James. Doch schon im Jahr darauf, 1838, begann für Eliza eine neue Odyssee: Captain James wurde im Krieg gegen Afghanistan nach Simla in den Himalaja versetzt und Lola blieb nichts anderes übrig als mitzufahren, erkrankte aber an Malaria und verließ nach einem Jahr ihren inzwischen sehr groben und aggressiven Gatten. Auf mehreren Segelschiffen ging die Reise ins Ungewisse wieder zurück nach England und am 20. Februar 1841 konnte sie in Southampton wieder englischen Boden betreten.

      In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts begann in Europa eine Spanien-Euphorie, alles Spanische von der Mode bis zur spanischen Musik: Spanien war »in« und man begeisterte sich vor allem für die spanischen Tänze. Insbesondere der Cachucha wurde populär und seine bekanntesten Tänzerinnen waren Fanny Elßler und Pepita de Oliva, die später auch in München auftrat. Eliza James sah in dieser Spanienwelle eine Chance und eine Geschäftsidee, übte sich in spanischen Tänzen und fuhr gleich nach ihrer Scheidung von ihrem Captain 1842 nach Spanien, um sich an Ort und Stelle auszubilden. Jetzt wurde »Lola Montez« geboren, Eliza James kleidete sich spanisch, sprach spanisch, tanzte spanisch, ihre schwarzen Haare waren sowieso schon spanisch und jetzt fehlte nur noch ein spanisch klingender Name: Nach ihrer Rückkehr und Ankunft in Southampton am 14. April 1843 gab sie sich erstmals als »Maria de los Dolores Porry y Montez« aus – kurz: »Lola Montez«, als Tochter einer spanischen Adelsfamilie und als Witwe eines hingerichteten Rebellen. »Lola« ist die Kurzform des spanischen Namens »Dolores«, auf deutsch »Leiden« und aus dem spanischen Namen der Jungfrau Maria entnommen, der »Nuestra Señora de los Dolores«. Aus Eliza war eine perfekte Spanierin geworden: Lola Montez. Ein Verehrer auf der Fahrt nach London war der Earl of Malmesbury, der sie Benjamin Lumley vorstellte, dem Impresario von »Her Majesty’s Theatre«. Auch er fand Gefallen an der schönen Spanierin und ließ sie am 3. Juni 1843 zum ersten Mal unter ihrem neuen Namen »Lola Montez« zwischen den Akten einer Aufführung der Oper »Der Barbier von Sevilla« als spanische Tänzerin auftreten. Lumley fand ihre Tanzkünste zwar nicht berauschend, ihr Aussehen und ihre Ausstrahlung allerdings so attraktiv, dass er sich gute Besucherzahlen von ihrem Gastspiel versprach und die spanische Tänzerin Lola Montez war geboren.

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       Pepita de Oliva trat mit ihren »spanischen Tänzen« auch in München auf, fotografiert von Franz Hanfstaengl

      Doch nach ihren ersten spektakulären Erfolgen als »Donna Lola Montez« vom »Theatro Real« in Sevilla im Londoner »Her Majesty’s Theatre« kamen bei einigen Bewunderern Zweifel über ihre wahre Identität auf, vermutlich geschürt durch einen abgewiesenen Verehrer, und Lola blieb nichts anderes übrig, als auch in den Interviews als angehender Bühnenstar ihre neue Biografie zu präzisieren: In einem Interview mit der »Morning Post« am 12. Juni 1843 behauptete sie, dass sie aus Sevilla stammt und mit zehn Jahren, 1833, von einer katholischen Lady in Bath erzogen wurde und dann zu ihren Eltern nach Spanien zurückgeschickt worden war. Seitdem war sie nie in England und ist jetzt zum ersten Male wieder hier. Sie machte sich hier schon um zwei Jahre jünger und verjüngte sich im Verlauf ihres Lebens noch öfter. Die spanische Tänzerin Lola Montez wurde ein Begriff und »Illustrated London News« schrieb: »Ihre Taille ist noch graziler als ihr Gesicht. Jede Bewegung ist von einem Instinkt für Rhythmus und Bewegung begleitet. Ihre dunklen Augen leuchten, wenn sie spürt, dass man sie bewundert.«

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       Aus der in Irland geborenen Eliza Rosanna Gilbert wurde Maria de los Dolores Porry y Montez, genannt »Lola Montez«.

      Lolas Tanzkünste waren eher rustikal, nicht mit denen einer ausgebildeten Ballett-Primaballerina zu vergleichen. So amüsierte man sich später in München über ihre »Kängurusprünge« und Leo von Klenze wusste auch »dass man in Paris allgemein von ihr sagte, ›Lola fi...t gut, aber sie tanzt schlecht!‹« Doch bei ihren Gastspielen lagen ihr die Verehrer ihrer Taille, ihres Busens und ihrer blauen Augen reihenweise zu Füßen wie 1843 der schwerreiche Lebemann Prinz Heinrich LXXII. (1797–1853) aus dem Fürstentum Reuß-Lobenstein im Thüringischen Wald. In seinem Ministaat war die neue jugendliche Flamme des Frauenhelden nicht zu übersehen, sie rauchte wie ein Schlot die modernen Papierzigaretten und säbelte mit ihrer Reitpeitsche aus Frust oder Langeweile im Schlossgarten so mancher prachtvollen Rose die Blüten ab. In diesem Garten endete auch die kurze Romanze: Prinz Heinrich LXXII. wollte seine Lola mit einer Überraschung beglücken, indem er einen Kinderchor in den Büschen und Baumkronen versteckte, die beim gemeinsamen Lustwandeln Reuß’sche Volkslieder singen sollten, was auch geschah. Mittendrin fiel aber ein Knabe vom Baum, was Lola so erschreckte, dass sie ihren Hund auf den armen Kerl hetzte und auch noch den Fürsten mit ihrer Reitpeitsche bearbeitete. Noch am gleichen Tag trennte sich der Fürst von seiner 22-jährigen Eroberung, indem er sie seines kleinen Landes verwies und Lola landete nach einem kurzen Dresden-Aufenthalt in Berlin.

      Am 26. August 1843 brachten Lolas Spanische Tänze »Los Boleros de Cadix« im Königlichen Schauspielhaus in Berlin ausverkaufte Vorstellungen und am 7. September applaudieren ihr in einer Sondervorstellung sogar König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und Zar Nikolaus I. von Russland, der gerade auf Staatsbesuch war. Und wieder kommt es zu einem Eklat: Während einer Truppenparade zu Ehren des russischen Zaren bekam Lola wegen einer Kleinigkeit Ärger mit einem preußischen Gendarmen und schlug ihm kurzerhand ihre Reitpeitsche ins Gesicht. Doch bevor ein Haftbefehl wegen Körperverletzung ausgeführt werden konnte, war sie vorsichtshalber aus Berlin verschwunden und weiter ging ihre Lebensreise nach Warschau. Auch hier waren Skandale vorprogrammiert: Die von ihr angeheuerten Claqueure feuerten das Publikum in

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