Die Lola-Montez-Story. Heinz Gebhardt
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Auch der Drucker des Theaterzettels hatte nur noch Augen für die sexy Lola und machte aus dem »verwunschenen« einen »verschwunschenen« Prinz.
»Eine spanische Tänzerin so schlecht, wie es keine zweite gibt«
Weniger verzückt waren dagegen die Münchner Zeitungen, so schrieb der »Bayerische Volksfreund«: » Der uns gebotene sogenannte Fandango aber näherte sich nur in ein paar frivolen, um nicht zu sagen indezenten Figuren oder Berührungen dem wirklichen Fandango und konnte keinen großen Eindruck auf uns machen. Beifall und Missfallen kämpften gegeneinander, ohne dass sich der Sieg entschieden auf eine Seite geneigt hätte«. In Kollegenkreisen dagegen war sie ganz durchgefallen, wie der Tänzer Michael Laroche schrieb: »Lola Montez, eine spanische Tänzerin so schlecht, wie es keine zweite gibt, betrat unsere Bühne zweimal und wurde ausgezischt und gerufen. Sie trat von der Bühne ab, um im Privatleben eine Rolle zu spielen, von der ganz Bayern spricht.«
Drei Tage nach ihrer Audienz bei König Ludwig I. in der Residenz (links) hüpfte Lola »wie ein Känguru« über die Bühne des Königlichen Hoftheaters Die heutige Maximilianstraße rechts neben der Oper wurde erst nach Ludwigs Abdankung von seinem Sohn König Max II. angelegt.
Nach Lolas Kängurusprüngen versagten die Claqueure
Am 14. Oktober 1846 trat Lola zum zweiten und letzten Mal im Hoftheater auf. Sie tanzte nach dem Lustspiel »Der Weiberfeind von Venedig« die Cachucha und im Zwischenakt des Schwanks »Müller und Miller« den Fandango. Für den Fall, dass es nicht genügend Applaus geben könnte, hatte sie vorsichtshalber eine Gruppe von Studenten als Claqueure organisiert, unter denen auch Leo von Klenzes Sohn Hippolyt war. Vater Leo von Klenze notierte: »Die Tänzerin hatte einige junge Leute, welche sie aus Paris kannte, aufgefordert, ihr bei ihrem ersten Auftreten eine Ovation zu bereiten, zu klatschen, Herauszurufen und Kränze zu werfen. Diese hatten die Mission angenommen und 8–10 ihrer Freunde – alles ehrenhafte junge Leute aus den ersten Familien – so wie auch meinen Sohn aufgefordert, dazu mitzuwirken, welches auch angenommen wurde, indem man beschloss, sie nach der Vorstellung zu einem Souper einzuladen. Die Vorstellung fand statt; die jungen Ritter taten, was sie, ohne den Anstand zu verletzen, konnten; aber das Publikum entschied gegen sie, und bei den wahrhaft kängeruartigen Sprüngen der Schönen hatten namentlich die, welche übernommen hatten, die erbetenen Kränze zu werfen, nicht den Mut, dieses gegenüber der Ungunst des ganzen Publikums ins Werk zu setzen. Das Einzige, was bei diesem ersten Tanzversuche auffiel, waren die lasziven Hurenblicke, welche die Tänzerin ununterbrochen und mit der größten Affektation auf den König warf, welcher in der unteren Loge des Proszeniums saß. Es war dieses das erste Zeichen dessen, was geschehen war; aber ich glaubte daraus gleich voraussagen zu können, was noch alles geschehen würde. Als die jungen Protektoren der iberischen Terpsichore sich nun nach der Vorstellung zum Abendessen versammelt und die Mlle. Montez davon unterrichtet hatten, ließ sie ihnen sagen: Da sie ihr so schlecht gedient hätten, wolle sie nichts mehr mit ihnen zu tun haben und auch nicht mit ihnen zu Abend essen. Die jungen Leute gaben sich also das Wort, jeden weiteren Verkehr mit der sogenannten Andalusierin abzubrechen und mit Niemand über diese ganze Angelegenheit zu sprechen.«
Lola tanzt sich in die Bayerische Geschichte: Nur zwei Auftritte und der König lag ihr zu Füßen – Lithographie von Wilhelm Strack, 1847
Tänzerinnen-Karriere beendet und König Ludwig I. erobert
Mit ihren zwei Auftritten war Lolas Tänzerinnen-Karriere in München beendet: Als Künstlerin bei den Kritikern durchgefallen, vom Publikum mit großem Argwohn begafft, aber dafür hatte sich der König von Bayern hoffnungslos in sie verknallt. In Lolas Memoiren liest sich das so: »Die Hindernisse, welche mir entgegentraten, die Art und Weise ihrer Beseitigung durch die Güte des Königs waren dem Publikum schnell bekannt geworden. War das eine Veranlassung, mir mit einer Kälte zu begegnen, die ich allerdings nicht erwartet hatte? Ist es, dass man eine Ausländerin, eine Fremde wollte fühlen lassen, dass sie vor den Augen des Königs Gnade gefunden hatte? Trotzdem trat ich zum zweiten Male auf, aber ich wurde immer mit derselben Kälte empfangen, obwohl es schon an Stimmen nicht fehlte, die mich gegen geheime Intrige und Verleumdung in Schutz nahmen. Ich konnte mir die Gunst des Publikums nicht erwerben, aber es gab doch Einen in Baiern, welcher mich mit Wohlwollen überschüttete, und dieser Eine galt mir mehr als das Publikum. Nach dem zweiten Male trat ich nicht wieder auf, aber bald wusste es ganz Baiern, dass ich unter dem persönlichen Schutz des Königs stand.«
Lolas Gastspiel im Goldenen Hirschen
Hausverbot nach Massenschlägerei
Lolas erste Adresse in München war auch Münchens erste Adresse: Das nagelneue supermoderne Hotel Bayerischer Hof am Promenadeplatz. Auch wenn sie keinen Gulden in der Tasche gehabt hätte, wäre sie dort abgestiegen, irgendein Verehrer hätte schon bezahlt.
Heutige Möchtegern-Stars mieten sich ja auch nicht in einem möblierten Zimmer im Bahnhofsviertel ein, wenn sie zum Casting anreisen, denn in diesem Geschäft ist es ist nicht wichtig wer oder was man in Wirklichkeit ist, sondern wer oder was man vorgibt zu sein.
Und Lola hatte recht: König Ludwig I. hatte an der angeblichen spanischen Tänzerin angebissen. Er hätte ihr sicher auch weiter ihre Suite im Bayerischen Hof bezahlt, schließlich bekam sie seit November schon eine königliche Unkostenerstattung von 1000 Gulden im Monat, weit mehr als der König seinen Ministern monatlich zahlte. Sie blieb aber nicht im Bayerischen Hof, sondern zog in den Goldenen Hirschen in der Theatinerstraße um, das alte Münchner Luxushotel, bevor 1841 der Bayerische Hof eröffnete. Ein etwas in die Jahre gekommenes, aber doch noch prächtiges Hotel, dessen große Zeit im 18. Jahrhundert war, als sich Wolfgang Amadeus Mozart, Casanova und Gotthold Ephraim Lessing dort zum Schlafen legten. Der Grund von Lolas Umzug waren nicht die Hotelkosten, sondern die Nähe zu ihrem neuen Verehrer,