Milieusensible Pastoral. Группа авторов

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besitzen eine enorme, rational nicht aufzufangende auch emotionale Dynamik.

      – Zugespitzt kann man formulieren: je mehr sich die einen in einem Milieu „wohl fühlen“, umso mehr werden Andersgeprägte abgestoßen, umso mehr werden die, deren Milieu dominant ist, auch nicht wollen, dass sich die favorisierte Lebenswelt ändert und dass Andersartige an dieser ihrer Lebenswelt partizipieren und diese womöglich ändern.

      All diese Einsichten sind für Kirche alles andere als belanglos,

      – weil sich die Milieusegmentierung der Gesellschaft in der Kirche wiederholt,

      – weil es eben auch in der Kirche Menschen gibt, die sich in ihr sehr wohl fühlen (auch wenn das zu glauben, modernen und postmodernen Menschen eher schwer fällt) und die in ihr eine emotionale und mentale Heimat finden,

      – weil es diese Menschen in diesen eher prämodern und traditionsorientiert geprägten Milieus sind, die Kirche einerseits so behalten wollen, „wie sie ist“, andererseits die Milieus, in denen sie sich so wohl fühlen, genau die Andersgeprägten ausschließen,

      – weil es – zugespitzt formuliert – in jeder Kirchengemeinde dominante Milieus gibt. Sie können bürgerlich, postmateriell, konservativ oder etabliert sein – in jedem Fall sind sie bestrebt, Veränderungen der Lebenswelt, in der sie „zu Hause“ sind, entgegenzuwirken.

      Eine der Strategien des auch in der Kirche zu findenden Milieu-Egoismus besteht darin, die eigene Milieuprägung, das eigene, eigengeprägte kirchliche Milieu mit der Kirche, dem Milieu von Kirche an sich zu identifizieren. Es nimmt nicht wunder, dass interessierte, veränderungsresistente Kreise in der Kirche sich gegen eine Lebensweltforschung wenden, die ihnen so unangenehme Einsichten zumutet und natürlich nach den Konsequenzen fragen lässt.

      Diese Einsichten sind hart. Es fällt Christen und Kirchen erfahrungsgemäß nicht immer leicht, diese Sachverhalte einzusehen und zu realisieren, dass auch in der Kirche ganz menschliche Mechanismen walten, auch wenn man noch so missionarisch sein möchte, auch wenn man sich noch so sehr für die Wirkung des Heiligen Geistes öffnen möchte, dabei aber de facto erwartet,

      – dass die anderen erst einmal so werden wie man selbst, wenn sie als Christen in „der Kirche“ mitleben wollen,

      – dass sie sich gefälligst der gegebenen Kirchengemeinde und ihren Gepflogenheiten anpassen sollen, bevor sie mitmachen.

      Mit diesen kritischen Bemerkungen sind wir bei den abschließenden Reflexionen. Was für Konsequenzen ergeben sich aus den formulierten Einsichten? Welche Gestalt hat eine milieusensible Pastoral? Wie kann man Glaubenskommunikation in postmodernen, modernen und prämodernen Lebenszusammenhängen fördern?

      Die Antwort auf diese Fragen kann ich hier nur andeuten. Zu diesem Zweck formuliere ich einige Thesen, die an anderer Stelle zu entfalten oder auch schon entfaltet sind:

      3 Auf dem Weg zu einer milieusensiblen Kommunikation des Evangeliums – Konsequenzen

      Wer die sozialwissenschaftlichen Befunde ernst nimmt, für den kann eigentlich nicht mehr die Frage sein, ob Kirche auf die Fragmentierung und Segmentierung in der Gesellschaft und in ihren Reihen reagiert, sondern nur noch, wie sie reagieren soll. In dieser Hinsicht stehen wir noch ganz am Anfang. Ich kann abschließend im Folgenden nur einige Stichworte geben und Leitlinien nennen.21 Ich nenne kategorial unterschiedliche, nicht religionsphilosophische, sondern auch theologische sowie institutionelle Gesichtspunkte. Ich möchte aber beginnen mit dem, was mir in den vergangenen Jahren in vielen Begegnungen und Auseinandersetzungen als entscheidende Einsicht zugewachsen ist.

      a) Die geistliche Dimension der

      anstehenden VeränderungsProzesse

      (1) „und hätte der Liebe nicht …“

      Alle theologischen Erwägungen und institutionellen Anstrengungen werden letztlich ins Leere laufen, wenn unsere Kirche(n) nicht wirklich missionarisch wird/werden. „Das Missionarische“ kann man nicht machen. Es ist zuerst und zuletzt keine Methode, auch keine Anstrengung, kein zwanghaftes Muss – es ist in erster Linie ein Blick der Zuwendung, eine Offenheit für die Wahrnehmung derer, die das Evangelium nicht kennen, aber brauchen, ein Haltung der Liebe, die allein die Kraft für die notwendigen VeränderungsProzesse geben kann. Um diese Zuwendung müssen wir ringen, mit anderen, aber doch zunächst mit uns selbst. „Die Kirche“ muss sich öffnen für die, die sie erreichen möchte, aber nicht erreicht. Die konkreten Menschen, die „die Kirche“ ausmachen, sind Verantwortungsträger auf unterschiedlichen Ebenen, die sehr konkrete Fragen, Einwände, auch Ängste haben. Vielfach spüren sie instinktiv, wie groß die Herausforderung ist, die auf die Kirche(n) zukommt, wenn man die Milieusensibilität als Perspektive wirklich verankern will, und dass es eben mit ein paar Orga-Maßnahmen nicht getan ist. Der VeränderungsProzess hat nur eine Chance, wenn wir anhaltend mit Entscheidern und Kommunikatoren um ihn ringen und sie von den überwältigenden Chancen überzeugen, die in diesem ekklesiologischen Hebel liegen. Es geht ja um nicht weniger als darum, dass wir mit der Milieubrille eine „Sehhilfe“ (Cl. Schulz)22 bekommen, die nicht ein totes Augenglas darstellt, sondern uns Beine macht, wenn wir wahr nehmen, was wir wahrnehmen.

      Es geht darum, dass die Milieusensibilisierung das Zeug hat, dass Volkskirche das Volk neu entdeckt; dass missionarische Volkskirche dadurch endlich und wirklich und wieder missionarisch wird; dass sie sich zunächst in einem sozialwissenschaftlich gestützten Wahrnehmungsakt und dann in einer resultierenden, konkreten, präzise fokussierten Bewegung Menschen zuwendet, von denen sich viele engagierte Christen, auch kirchenleitende Persönlichkeiten, bis heute gar nicht vorstellen können, dass es sie gibt, auch in der Kirche gibt.23

      Notwendig ist also eine geistliche Achtsamkeit, zunächst unter uns, die wir für den Prozess hin zu einer milieusensiblen Pastoral werben, und dann in unserer Kirche, wenn sie denn wirklich an ihrem Anspruch festhalten will, nicht nur Kirche für Menschen mit einer bestimmten kulturellen und mentalen Prägung zu sein, sondern das Evangelium an alle zu kommunizieren.

      (2) Milieufragen als Machtfragen: die Herausforderung – nicht begriffener – Milieudominanz

      Es kann eine Hilfe sein, die Machtfragen anzusprechen, die sich mehr oder minder verdeckt mit der Milieuthematik verbinden:

      – Die verschiedenen real existierenden kirchlichen Einrichtungen sind jeweils bestimmt durch dominante Milieus. Diese können sich unterscheiden. In einer kleinen Universitätsstadt kann es eine postmaterielle Prägung sein, in einem Stadtviertel wohlhabender Alteingesessener kann es ein konservativ-etabliertes Milieu sein, das die Lebensäußerungen einer Kirchengemeinde prägt. In jedem Fall ist es dominant, d.h., es versucht, zu bestehen, sich selbst zu behaupten; es folgt der Gesetzmäßigkeit des Selbstrekrutierungsmechanismus, der für alle – zunächst einmal auch kirchliche – Gruppen von Menschen gilt: Wir wollen eigentlich so bleiben, wie wir sind, weil und wenn wir uns so, wie wir sind, wohl fühlen. Wir haben diese Lebenswelt ja so geschaffen, wie sie ist. Sie passt jetzt zu uns. Zu uns kann kommen, wer sich uns anpasst. Wer anders ist und sich nicht anpassen kann bzw. will, wird über kurz oder lang merken, dass er nicht (zu uns) passt und nicht dazugehört. – Bei einem Kaninchenzüchterverein oder noch bei einer politischen Gruppierung sind solche Mechanismen womöglich verschmerzbar; schwierig wird es, wenn sich Gruppen in der Kirche so verhalten und geradezu dazu tendieren, ihre eigene Prägung mit der christlichen zu identifizieren, die Prägung der Kirchengemeinde mit dem Wesen von Kirche zu verwechseln.

      – Ressourcenverteilung und -gerechtigkeit sind weitere Themen, ggf. auch Hebel, mit denen in Kirche als System die

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