Kirche geht .... Группа авторов

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style="font-size:15px;">      Unsere Kirche ist nicht wie ein unbeweglicher Felsblock, an dem die Strömungen der Zeit vorbeifließen. Sie hat diese Strömungen als „Zeichen der Zeit“ zu erforschen und im Licht des Evangeliums zu deuten (vgl. Pastoralkonstitution, n. 4) und als Folge daraus auch ihre Gestalt zu verändern.

      Unsere Kirche ist nicht ein mit Kanonen besticktes Kreuzzugsschiff, das ausläuft, um die Feinde des Glaubens zu besiegen. Sie ist aber auch kein Luxusdampfer, auf dem religiöse Bedürfnisse von wohlhabenden Individualisten befriedigt werden. So bequem darf Kirche nicht zu haben sein.

      Kirche, wie sie sich heute vielerorts in der Weltkirche darstellt, ist eine „Kirche der Armen“, eine „Kirche der kleinen Leute“ und ist als solche oft recht armselig unterwegs.

      Sie segelt meist auf unruhigen Gewässern. Sie bemüht sich Kurs zu halten, kämpft sich durch die Wellen und dreht sich manchmal im Kreis. Sie ist meist auf kleineren, und nicht immer sehr seetüchtigen Schiffen und Booten unterwegs. Aber sie nimmt doch die Schiffbrüchigen aller Art an Bord und verwirklicht vor allem dadurch eine Mission, die Jesus Christus ihr vorgelebt hat.

      Unsere Kirche ist keineswegs überall „im gleichen Schritt und Tritt“ auf dem Weg, auch wenn manche in ihr das entschieden fordern. Sie marschiert nicht nach den Takten eines römischen Einheitsmarsches und funktioniert nicht auf Kommando einer zentralen Kirchenleitung.

      Sie tanzt vor Ort nach den Klängen lokaler Gesänge und Musikinstrumente. Und sie tanzt oft in mehrfachem Sinn aus der Reihe. Sie nimmt die Lebensfreude und Lebenssehnsucht der Menschen wahr und feiert mit ihnen.

      Sie hört aber besonders auch auf die vielen Schreie der Armen und Unterdrückten dieser Erde und macht sich zur Stimme derer, die keine Stimme haben. Sie hat ein Ohr für die lauten und leisen Töne menschlicher Not und Verzweiflung. Ihre Gemeinden vor Ort kennen diese Musik und machen sie zu Gottes Melodie und zu ihrer Kirchenmusik.

      Unsere Kirche serviert die erlösende und befreiende Botschaft des Evangeliums und ihre Tradition des Glaubens nicht als Eintopf und Einheitsbrei. Sie verleiht ihrer Glaubensverkündigung durch die Verwendung lokaler Gewürze einen je eigenen Geschmack.

       Geht Kirche noch? Ja, wenn sie zu den Menschen geht

      Ja, sie geht nur dort in den Spuren Jesu, wo sie – wie er – zu den Menschen geht, wo der „Weg der Kirche der Mensch“ (Johannes Paul II.) ist. Kirche geht dort, wo sie bei Jesus Christus und seinem Evangelium in die Schule geht. Sie bleibt dort am Leben, wo sie am Leben bleibt, am Leben der Menschen dran bleibt. Wo sie sich vom Menschen entfernt, wird sie bedeutungslos und stirbt.

      Wie das geht und vor Ort gehen kann, das leben uns in der Kirche von heute Millionen kleiner christlicher Gemeinschaften vor. Es ist gut, ja lebensnotwendig für die Kirche in Deutschland und im deutschsprachigen Raum, dass wir uns in der Kirchen- und Gemeindeentwicklung vor Ort im Vertrauen auf das schöpferische Wirken des Geistes Gottes etwas sagen lassen und neue Wege gehen. „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb 2, 7) – diese siebenmal wiederkehrende Aufforderung und Ermutigung an die Gemeinden am Ende des 1. christlichen Jahrhunderts, wie sie uns in der Offenbarung des Johannes begegnen, sind auch Aufforderung und Ermutigung an dieses Symposion.

      Was wir voneinander hören, was wir uns gegenseitig an lokalen Kirchen- und Gemeindeentwicklungen mitteilen, kann unserer Kirche „Beine machen“, bringt uns als Kirche zum Gehen. Verfallen wir aber nicht einem gemeindetheologischen praktischen Atheismus und Pragmatismus, in der wir unsere Kirche nur als das Ergebnis von Kirchendisziplin und Strukturreformen neu erfinden und „produzieren“ wollen, „etsi Deus non daretur“ – „als ob es Gott nicht gäbe“. Vergessen wir nie, dass in unserer Kirche nicht nur Menschengeist weht, sondern der Geist Gottes in ihr und in ihren Gemeinden am Werk ist, dass unser Bruder und Herr Jesus Christus – wie mit den Jüngern von Emaus – mit uns geht und zu uns steht. Ihm und seinem Geist verdanken wir letztlich die Dynamik lokaler Kirchenentwicklung.

      Franz Weber, geboren 1945, ist Professor für interkulturelle Pastoraltheologie und Missionswissenschaft an der Universität Innsbruck. Als Combonimissionar verfügt er über eine reiche Erfahrung im Bereich der Kirchlichen Basisgemeinden in Lateinamerika, Asien und Afrika. Häufige Veröffentlichungen zum Thema. Grundlegend: Weber, Franz; Fuchs, Ottmar (2007): Gemeindetheologie interkulturell. Lateinamerika – Afrika – Asien. Mainz a. Rhein: Matthias-Grünewald-Verlag (= Kommunikative Theologie 9).

       Valentin Dessoy

       Kirche könnte gehen …

      Kirche ist Organisation und „braucht Organisation um ihrer selbst willen“ (Lames 2012, 228). Als Organisation verkörpert Kirche symbolisch den Ursprung: Bekenntnis und Auftrag Jesu Christi werden in der Welt sichtbar. Zugleich verweist sie zeichenhaft auf das angebrochene Reich Gottes (vgl. Lames 2012). Erinnerung und Verweis auf Dauer zu stellen, ist die Kernfunktion von Kirche als Organisation.

      Systemisch betrachtet, kann Kirche diese Aufgabe nur dann realisieren, wenn sie sich mit ihrer jeweiligen gesellschaftlichen Umwelt koppelt. Kirchenentwicklung, die Entwicklung der Organisation Kirche, ist unabdingbar, sofern sich Gesellschaft verändert. Der vorliegende Beitrag fokussiert Kirche als Organisation, soll die Fremdperspektive eintragen. Basierend auf sozialwissenschaftlichen Konzepten und ausgehend von Erfahrungen aus kirchlichen Entwicklungsprozessen werden Kriterien skizziert, wie Kirche als Organisation in Bewegung kommen und bleiben kann.

       1. Was passiert, wenn Kirche geht

      Zunächst drei Vorbemerkungen zum Stichwort „gehen“, um die Grundrichtung zu skizzieren.

       (1) Kirche entsteht

      Für Kirchenmenschen ist es provokativ, für Systemiker dagegen selbstverständlich: Es gibt – für uns endliche Menschen könnte man einschränkend sagen – keine Wirklichkeit an sich.

      Systeme, Wirklichkeit und damit auch Wahrheit im semantischen Sinn – jenseits logischer Widerspruchsfreiheit – entstehen, wenn Menschen sich im Kommunikationsprozess selektierend beobachten, wechselseitig aufeinander beziehen und ihrem Verhalten auf diese Weise Sinn zuschreiben (Luhmann 1993). So entsteht Kirche, so entfaltet sich Offenbarung. Wohlgemerkt, Kirche bzw. Offenbarung ist diese Kommunikation.

      Wenn sich Getaufte auf den Weg machen und zusammenkommen, um ihre (Glaubens-)Erfahrungen auszutauschen und zu reflektieren, dann sind sie Kirche, betreiben sie Kirchenentwicklung und zeigen: „Kirche geht!“. Damit ist alles gesagt. Es geht um ein im Schwerpunkt verändertes Kirchenverständnis. Exemplarisch hierfür mag die Emmausgeschichte (Lk 24, 13–35) stehen. Das II. Vatikanische Konzil benutzt dafür die Bilder des pilgernden Gottesvolkes und der Communio, der lebendigen Gemeinschaft (u. a. LG 4).

       (2) Kirche lernt

      Sprache speichert Wissen. Daher lohnt ein genauer Blick auf das Wort „gehen“. Die Wortwahl ist Programm. Etymologisch geht das Verb „gehen“ auf die idg. Wurzel ĝhē[i] zurück, die „klaffen, leer sein, verlassen, [fort]gehen“ bedeutet. Ich kann nur gehen, wenn ich etwas verlasse, also los- oder zurücklasse.

      Gehen hat viel mit „lernen“ zu tun. Das Verb „lernen“

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