Kirche geht .... Группа авторов

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Priester mit Studium, Weihe und Beauftragung alles, was er zu seinem Dienst braucht. Sein Lernprozess ist abgeschlossen. Gleichwohl fehlt ihm zumeist das in der Praxis erforderliche Knowhow. In Personal- und Organisationsentwicklungsprozessen zeigt sich regelmäßig auf allen Ebenen ein tiefgreifender Mangel an strategisch-struktureller und systemisch-prozesshafter Wahrnehmungs- und Handlungskompetenz, also jene Fähigkeiten, die gebraucht werden, um auf Distanz führen und Entwicklungsprozesse gestalten zu können (vgl. Berkel 2008).

      Das klassische Rollenverständnis („allen alles“) entfaltet mit der generellen Kompetenzzuschreibung („alle können alles“) und dem am einzelnen ausgerichteten Seelsorgeverständnis in dynamischen Kirchenumwelten eine fatale Wirkung: Die Mehrzahl der Priester ist massiv überfordert. Viele lösen den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit durch Komplexreduktion, durch Rückzug oder Krankheit. Die Verantwortlichen müssen akzeptieren, dass nur ein begrenzter Teil des Klerus geeignet (bzw. qualifizierbar) ist, die erforderlichen Veränderungen mitzugehen, geschweige denn dabei die Führung zu übernehmen. Bei haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen ist die Situation häufig umgekehrt: Ressourcen, Kompetenzen und Motivation sind vorhanden, können jedoch nicht angemessen eingesetzt werden.

      Eine auf Innovation und Nachhaltigkeit ausgerichtete Personalpolitik setzt auf eine differenzierte und flexible Rollengestaltung/-architektur, einen charismenorientierten Personaleinsatz, eine strategisch ausgerichtete Personalentwicklung und eine leistungsbezogene Gratifikation (vgl. Schrappe 2012). Diese Prinzipien gelten gleichermaßen für die Arbeit mit hauptberuflichen wie mit ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter/innen.

       (9) Kriterium 9: Kommunikation – wertschätzend, ermutigend, inspirierend

      Eine Kultur der Erneuerung lebt von einer Kommunikation, die wertschätzend, ermutigend und inspirierend ist. Es gibt ein grundlegendes Vertrauen, dass man gemeinsam auf der Suche nach dem richtigen Weg ist. Abweichungen und Fehler sind erlaubt und erwünscht, um Unterschiede zu produzieren, neue Erfahrungen zu machen und neues Wissen zu generieren. Wer dies tut, macht andere stark, ganz im Sinne der Worte Jesu an Petrus: Stärke Deine Brüder! (Lk 22,32). Empowerment ist das Zauberwort.

      Kirche, wie wir sie kennen, funktioniert traditionell und auch heute vielfach noch ganz anders. Normativ auf Erhalt programmiert, sind Transparenz und diskursive Differenz (trotz vieler anderslautender Bekundungen) nicht wirklich erwünscht. Kleinste Abweichungen werden bestraft, nicht gefördert, geschweige denn gezielt initiiert. Wenn Öffentlichkeit ins Spiel kommt, hört der Spaß auf, folgen Sanktionen, ggf. Exklusion. „Divide et impera“, isolieren und abstrafen, ist noch immer die Methode der Wahl. Umgekehrt werden kriminelle Machenschaften über Jahrzehnte hinweg systematisch gedeckt und vertuscht, um das „System Kirche“ zu schützen und bestehende Machtverhältnisse zu bewahren. Wen wundert es, dass die besten Köpfe auswandern?

      Der Kirche muss es gelingen, ihre kulturgeschichtlich größte Stärke, die soteriologische Dimension ihrer Botschaft, die heilende und befreiende Kraft des Evangeliums wieder zu entdecken. Diesmal aber nicht im Gegenüber, sondern im Ringen mit sich selbst. Wenn ihr dies – Transparenz und Emanzipation nach innen – gelingt, und nur dann, wird sie ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Dann ist sie auch in der Lage, ihre Botschaft in moderner Gesellschaft zu bezeugen und zu plausibilisieren.

       4. Fazit: Was sucht ihr den Lebenden unter den Toten? (Lk 24,5)

      Aus sozial- bzw. organisationswissenschaftlicher Perspektive kann gesagt werden: Kirche könnte gehen, wenn sie Raum zum Gehen lässt. Viele stehen in den Startlöchern. Einzelne Aufbrüche gibt es bereits. Potenziale und Ressourcen sind zuhauf vorhanden. Entscheidungen sind fällig – jetzt.

       5. Literatur

      Berkel, K.: Führen und Leiten in der Kirche, in: LS 2/2008, 75–79.

      Bucher, R.: Neue Machttechniken in alter Gnadenanstalt?, in: V. Dessoy, G. Lames: „Denn sicher gibt es eine Zukunft“ (Spr 23,18). Strategische Perspektiven kirchlicher Organisationsentwicklung, Trier 2008, 274–291.

      Dessoy, V.: Wie Kirche zu einer lernenden Organisation werden kann, in: LS 4/2012, 243–247 [a].

      Ders.: Design Thinking – Organisationskultur und Innovationsmethode, in: Ders., G. Lames (Hrsg.), „Siehe ich mache alles neu“ (Off 21,5). Innovation als strategische Herausforderung in Kirche und Gesellschaft, Trier 2012, 184–200 (b).

      Ders.: Die Reform reformieren. Strategisch denken und prozessorientiert handeln lernen, in: Diakonia 1/2010, 65–68 (a).

      Ders.: V., Kirche in Zukunft führen und leiten, in: Ders., G. Lames (Hrsg.), „… und siehe, ich bin bei euch bis an der Welt Ende!“ (Mt 28,20) Zukunft offen halten und Wandel gestalten. Strategisches Denken und Handeln in der Kirche, Trier 2010, 202–225 (b).

      Ders.: Führen und Leiten von Pfarren. Differenzierte Rollenarchitektur in zukunftsfähiger Sozialgestalt, in: ThPQ 1/2009, 10–17.

      Dessoy, V., Lames, G. (Hrsg.): „Siehe ich mache alles neu“ (Off 21,5). Innovation als strategische Herausforderung in Kirche und Gesellschaft, Trier 2012.

      Doppler, K.: Führen in Zeiten der Veränderung, in: OrganisationsEntwicklung 1/2006, 28–39.

      Gärtner, H. W.: Kirche als Organisation – (Leib Christi) aus organisationstheoretischer Sicht, in: Wege zum Menschen 54/2002, 373–388.

      Hervieu-Léger, D.: Pilger und Konvertiten. Religion in Bewegung, Würzburg 2004.

      Kehl, M.: Ekklesiologische Überlegungen zur pastoralen Neuordnung in den deutschsprachigen Diözesen. Vortrag beim Symposion: Die Kirche Jesu Christi, Vallendar 2009 (http://www.sankt-geogen.de/kehl/pdf/Kehl_Ekklesiologische_Ueberlegungen_ zur_pastoralen_Neuordnung_der_deutschspr_Dioezesen.pdf [01.10.2012]).

      Lames, G.: Kirche ist Organisation – und anderes, in: LS 4/2012, 226–232.

      Ders.: Metanoia – Kirche im Wandel – vom Krisenschema zum Entdeckungsschema in Kirche und Pastoral?, in: TThZ 4/2003, 255–267. Luhmann, Soziale Systeme, Frankfurt/M. 41993.

      Schrappe, C.: Personalentwicklung im Bereich Seelsorgepersonal. Ein Schlüsselinstrument zur Gestaltung einer zukunftsfähigen Kirche, Würzburg 2012.

      Spielberg, B.: Kann Kirche noch Gemeinde sein? Praxis, Probleme und Perspektiven der Kirche vor Ort, Würzburg 2008.

      Dessoy, Valentin, Dr. phil., Dipl.-Psych., Dipl.-Theol., Geschäftsführer von kairos. Coaching, Consulting, Training Mainz, Psychotherapeut, Familientherapeut (IFW), Trainer, Supervisor (BDP), Coach (BDP) und Organisationsberater; Schwerpunkte: Strategische Organisations- und Personalentwicklung, Führungskräfteentwicklung, Prozessoptimierung und Innovation; Autor und Herausgeber einschlägiger Veröffentlichungen in den Bereichen Führen und Leiten, Organisations- und Personalentwicklung, Mitherausgeber der online-Zeitschrift futur2. Kontakt: Gartenfeldstr. 3, D-55118 Mainz, Tel. +49 | (0)6131 | 9 45 46 57, E-Mail: [email protected], Web: http://www.kairoscct.de.Buch „Kirche geht“

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