Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten. Группа авторов
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Wie seine Familienangehörigen blieb Franz der alten Kirche verhaftet. Er unternahm aber nichts zur Behebung der kirchlichen Missstände und zur Intensivierung der Seelsorge. Auf dem Wormser Reichstag 1521 sprach er sich gegen Luther aus. Seine völlig verweltlichte Lebensführung und seine Misswirtschaft schwächten jedoch das Ansehen der Kirche und begünstigten neben den allgemeinen Beschwerden über den Klerus die Ausbreitung der Reformation. Diese nahm in der Stadt Minden ihren Ausgang und setzte sich nach Franz‘ Tod auch im Stift durch. Franz starb am 25. November 1529 in Wolfenbüttel und wurde in der Klosterkirche zu Riddagshausen bei Braunschweig beigesetzt.
Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel
Zur welfischen Interessenssphäre gehörten in der Frühen Neuzeit auch das Erzstift Bremen7 und das Hochstift Verden8. Die Erkenntnis, dass er wegen mangelnden dynastischen Rückhaltes zu schwach war, um die landesherrlichen Rechte gegenüber den lokalen Gewalten wirksam zur Geltung zu bringen und dem Einwirken der benachbarten Fürsten von Oldenburg, Sachsen-Lauenburg und Holstein entgegentreten zu können, veranlasste den Bremer Erzbischof Johann Rode (um 1445-1511)9, Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel10, den ältesten Sohn Heinrichs d. Ä., 1500 zum Koadjutor zu nehmen. 1502 wurde Christoph auch zum Bischof von Verden postuliert. Das Verdener Domkapitel hatte nach dem Tod des Bischofs Berthold von Landsberg erhebliche Vorbehalte gegen eine Wahl des Wolfenbüttelers gehabt und hätte sich lieber für seinen Senior, einen Vetter des verstorbenen Bischofs, entschieden. Dessen Ablehnung und das machtvolle Auftreten Heinrichs d. Ä., der in die Wahlhandlung eingriff und möglicherweise auch erhebliche Zugeständnisse machte, sicherten Christophs Wahl.11
1505 trat Christoph die Regierung in Verden an; in Bremen übte er nach dem Tod Rodes ab 1511 zunächst als Administrator und ab 1517 nach Vollendung des 30. Lebensjahres als Erzbischof die Regierung aus. Er empfing die bischöfliche Konsekration und war zeit seines Lebens eindeutig katholisch und loyal gegenüber dem Apostolischen Stuhl, wenn auch sein durch Prunk- und Verschwendungssucht sowie durch Konkubinate geprägter persönlicher Lebenswandel nicht tadelfrei war. Trotz Reformversuchen, wie die Stärkung der gottesdienstlichen Disziplin und die Disziplinierung seines Klerus, sowie seines Interesses an der Bursfelder Kongregation gelang es ihm nicht, der Reformation im Erzstift entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen. Christophs schwache Stellung resultierte aus einer chronischen Finanznot, deren Ursachen wiederum in einer üppigen Hofhaltung, vor allem in einer Reihe militärischer Unternehmungen gegen nahezu alle auswärtigen Nachbarn lagen. Durch Verpfändung und Veräußerung von Stiftsgut wollte er den Mangel an Finanzmitteln beheben, geriet dadurch aber in scharfe Auseinandersetzungen mit den Landständen, die durch die religiöse Frage besondere Brisanz erhielten. Unter der Führung der Stadt Bremen, die einen quasi autonomen Status besaß, wandten sich die Stände der neuen Lehre zu. Um seine Schulden tilgen zu können, musste der Erzbischof u. a. im Rezess von Buxtehude 1525 und auf dem Landtag von 1534 den Ständen erhebliche Rechte einräumen. Während des Schmalkaldischen Krieges, als die Verteidigung des Stiftes durch den Erzbischof praktisch ausfiel, konnten diese ein förmliches Ständeregiment errichten und Christoph für abgesetzt erklären. Die Furcht vor einer Säkularisation des Stiftes durch Karl V. nach dem Vorbild Utrechts bewog sie, Christoph 1549 erneut als Landesherrn anzuerkennen. Allerdings übte der Erzbischof, der meist auf dem verdenschen Stiftsschloss Rotenburg residierte, bis zu seinem Tod keine effektive Herrschaft mehr aus.
Im Unterschied zum Erzstift Bremen gelang es Christoph in Verden, der reformatorischen Bewegung Widerstand entgegenzusetzen und das Stift wegen der Schwäche der Stände während seiner Regierung der alten Kirche zu erhalten.12 Der Bischof versuchte, mit Unterstützung des Dominikaners Augustin von Getelen durch Reformen und Disziplinierung seines Klerus den Beschwerden über kirchliche Missstände zu begegnen, ohne jedoch nachhaltige Unterstützung beim Domkapitel zu finden. Während sich im Hochstift Verden der Katholizismus einstweilen hielt, setzte sich die Reformation noch während Christophs Amtszeit in den lüneburgischen Teilen der Diözese unter Herzog Ernst dem Bekenner nach 1527 und in der Altmark unter Kurfürst Joachim II. nach 1535 durch. Christoph bemühte sich, vor allem die Klöster in diesen Gebieten in ihrem Kampf gegen die Reformation und die Gefahr der Säkularisation zu unterstützen.
Christoph starb am 22. Januar 1558. Um seine Nachfolge bewarben sich Vertreter fast aller benachbarter Fürstenhäuser – ein Zeichen dafür, dass vor allem Bremen „im Vergleich zu anderen norddeutschen Stiften immer noch trotz der Aushöhlung der zum Lande gehörenden Rechte [...] einen respektablen Faktor in den Auseinandersetzungen der Zeit“13 darstellte. Vor der Wahlentscheidung trafen sich die Domkapitel von Bremen und Verden in Zeven und einigten sich auf Christophs Bruder, Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel, der seit 1553 Bischof von Minden war.
Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel
Georg14 war am 22. November 1494 geboren worden. Eine Vielzahl geistlicher Pfründe sicherte ihm eine seiner fürstlichen Stellung angemessene Versorgung. Er war Domherr in Köln, Hildesheim und Straßburg und besaß u. a. ein Kanonikat an St. Gereon in Köln; außerdem war er Propst von St. Blasius in Braunschweig (1523) sowie von St. Mauritius und Heilig Kreuz in Hildesheim (1534-1558). 1530 erwarb er die Dompropstei in Köln und 1532 in Bremen. 1527 postulierte ihn das Domkapitel von Riga auf Empfehlung Karls V., der hier die Ausbreitung der Reformation aufhalten wollte, zum Erzbischof. Jedoch erreichte der Livländische Landmeister unter Hinweis auf das fehlende Indigenat des Wolfenbüttelers, dass das Domkapitel eine zweite Wahl „ex gremio“ durchführte, was Georgs Resignation zur Folge hatte. Seine vornehmlichen Aufenthaltsorte waren in der Folgezeit Köln und Straßburg, wo er in einem Konkubinat mit Ottilie Loxima lebte, dem seine beiden Söhne Wilhelm und Heinrich entstammten.15 Georg kam seinen Residenzpflichten an den verschiedenen Orten korrekt nach; dies trug dazu bei, dass er den Ruf der Weltläufigkeit, Gelehrsamkeit und Duldsamkeit erwarb und auf verschiedene Weise mit der reformatorischen Bewegung in Kontakt trat. Als Dompropst von Köln war er in die Konflikte um Hermann Graf zu Wied verwickelt, die 1546 zur Exkommunikation und Resignation des evangelisch gesinnten Kurfürsten führten. Trotz Sympathien für Wied und dessen Anhänger bezog Georg gegen die Reformationsbestrebungen in Köln Stellung.
Seine erste Bischofswürde erlangte Georg in Minden nach der Resignation seines Neffen Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel; dieser hatte 1553 die Nachfolge Franz von Waldecks angetreten, der auf Druck Herzog Heinrichs d. J. zurückgetreten war. Das Mindener Domkapitel postulierte Georg im Oktober 1554. Die päpstliche Bestätigung erfolgte am 16. Dezember 1555, die kaiserliche Regalienverleihung am 23. Februar 1557.16 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Reformation in weiten Teilen des Hochstiftes durchgesetzt. Eine durchgreifende Protestantisierung verhinderte einstweilen das Domkapitel, das den katholischen Besitzstand sichern wollte und sich dabei von Georg Unterstützung versprach. In einem stärkeren Maße als später in Bremen und Verden scheint sich dieser um die Sicherung des Katholizismus in Minden bemüht zu haben. Unmittelbar nach seiner