Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten. Группа авторов
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Von der Postulation Georgs 1558 erwarteten die Domkapitel in Bremen und Verden eine Sanierung der durch die kostspielige Hofhaltung und die kriegerischen Unternehmungen seines Bruders Christoph finanziell ruinierten Hochstifte.17 Der mit der päpstlichen Konfirmation von 1561 verbundenen Auflage, die Weihen zu empfangen, kam Georg nicht nach. Im Unterschied zu seinem Vorgänger versuchte er, Konfrontationen mit den Landständen zu vermeiden. Vielmehr bemühte er sich um ihre Unterstützung bei der Wiedereinlösung verpfändeten Stiftsgutes und der Rückgewinnung verlorener weltlicher und geistlicher Gerechtsame. Trotz wachsender lutherischer Neigungen, die gegen Ende seines Lebens immer offener zutage traten, blieb Georg offiziell katholisch. In Bremen ließ er der konfessionellen Entwicklung ihren Lauf. Auch in Verden trug er durch Duldung des evangelischen Gottesdienstes, der Priesterehe und des Abendmahles unter beiderlei Gestalt zur Konsolidierung des Protestantismus bei. 1564 bestellte er hier den lutherischen Abt von St. Michaelis in Lüneburg und erwählten Bischof von Lübeck, Eberhard Holle, zu seinem Koadjutor. Dieser übernahm nach Georgs Tod die Regierung des Hochstiftes und leitete die Reihe der eindeutig protestantischen Administratoren ein. Georg starb am 4. Dezember 1566 und wurde im Verdener Dom an der Seite seines Bruders Christoph beigesetzt.
Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel
Georgs Bistumskumulation war unter erheblichen Einfluss Herzog Heinrichs d. J. zustande gekommen. Wegen der Konzentration der Regierungsnachfolge auf Herzog Julius als einzigen überlebenden Sohn Heinrichs konnte sich das Haus Wolfenbüttel erst wieder in Heinrichs Enkelgeneration erfolgreich um Hochstifte bemühen. Es gelang, Julius‘ Söhne Heinrich Julius und Philipp Sigismund mit Bischofssitzen auszustatten. Da beide eindeutig evangelischer Konfession waren, konnten sie wegen der Verweigerung der päpstlichen Bestätigung lediglich als Administratoren fungieren. Ein neues Ziel wolfenbüttelscher Bistumspolitik wurde das benachbarte Hochstift Halberstadt.18 Dieses gehörte zusammen mit dem Erzstift Magdeburg seit Beginn des 16. Jahrhunderts zur Herrschaftssphäre der Hohenzollern, die beginnend mit Kardinal Albrecht von Brandenburg (1513-1545)19 nacheinander nicht weniger als vier Administratoren stellten. Bereits unter Albrecht, der mit Halberstadt und Magdeburg auch das Erzstift Mainz in seiner Hand vereinigte, drang die Reformation in das Fürstbistum ein und fand einen festen Rückhalt an den Landständen, während sich der Katholizismus vornehmlich im Domkapitel, in den mit diesem verbundenen Stiftskapiteln und einer Reihe von Klöstern hielt. Nach dem Tod des evangelischen Administrators Sigismund von Brandenburg 1566 gab das Domkapitel, das zu diesem Zeitpunkt noch zur Hälfte katholisch war, dem langjährigen Drängen Heinrichs d. J. nach und postulierte im Oktober dessen zweijährigen Enkel Heinrich Julius (geb. 1564)20 zum Bischof. Dabei setzten die katholischen Domherren auf die eindeutig katholische Haltung Heinrichs d. J., während die evangelischen Kapitulare von einem Dynastiewechsel die Sicherung der Selbständigkeit des Hochstiftes erwarteten. Hinzu kam, dass man sich finanzielle und politische Vorteile aus der Wahl eines Kindes erhoffte. An die Postulation knüpfte man die Bedingungen, dass Heinrich Julius katholisch erzogen und dem Domkapitel für zwölf Jahre die Landesregierung überlassen werde. Da die erste Bedingung nicht erfüllt wurde, erhielt Heinrich Julius nie die päpstliche Konfirmation. Seine rechtlich unsichere Stellung war ein Grund für die betont kaiserfreundliche Politik der Wolfenbütteler. Dadurch gelang es Herzog Julius, die von Papst Gregor XIII. 1575 vom Kapitel geforderte Neuwahl abzuwenden. Während der Minderjährigkeit Heinrich Julius‘ übernahm sein Vater die Vormundschaft im Hinblick auf dessen Rechte als „Electus“. Julius respektierte zwar bezüglich der Regierung des Hochstiftes die Abmachungen mit dem Domkapitel, baute aber die Kontrolle über die bischöflichen Tafelgüter aus und schuf wichtige Voraussetzungen für eine enge Bindung des Hochstiftes an das Fürstentum Wolfenbüttel. Diese Politik setzte Heinrich Julius nach seinem Regierungsantritt 1578 fort.21
Der kaiserliche Auftrag zur Administration des Hochstiftes forderte von Heinrich Julius, sich um die päpstliche Admission zu bemühen. Um diese zu erreichen, empfing er zusammen mit seinen Brüdern Philipp Sigismund und Joachim Karl (geb. 1573; 1591-1593 Dompropst in Straßburg) am 27. November 1578 im Benediktinerkloster Huysburg bei Halberstadt von Abt Johann von Iburg die niederen Weihen, was einen Sturm der Entrüstung unter den evangelischen Reichsständen auslöste.22 Um diesen Protest abzuschwächen, ließ Herzog Julius seinen Sohn einige Tage darauf in der Wolfenbütteler Hofkirche das Abendmahl unter beiderlei Gestalt nehmen. Auch weigerte sich Heinrich Julius nach seiner feierlichen Einführung als gewählter Bischof in Halberstadt an der Dankmesse im Dom teilzunehmen.
Hinsichtlich der Religionsfrage förderte Heinrich Julius das Fortschreiten der Reformation, sah aber von einem radikalen Vorgehen ab, so dass sich während seiner Regierungszeit der konfessionelle Schwebezustand fortsetzte und katholische Restbestände erhalten blieben. Diese musste er in einer Kapitulation vom 30. Mai 1584, die wegen seiner beabsichtigten Eheschließung notwendig wurde, erneut garantieren. Auch die entsprechend dem Beschluss des Landtages von Wegeleben (1587) durchgeführte Kirchenvisitation und die offizielle Einführung der lutherischen Lehre durch das Mandat vom 23. Februar 1591 bewirkten wegen des energischen Widerstandes der katholischen Minderheit im Domkapitel nicht die vollständige Auslöschung des alten Glaubens im Stift. Heinrich Julius‘ Aufenthalt am Kaiserhof in Prag und seine wachsende Toleranz trugen in der Folgezeit zur Sicherung und zum Erstarken der katholischen Restbestände bei.
Auch nach Heinrich Julius‘ Tod blieb das Hochstift Halberstadt dem wolfenbüttelschen Einfluss ausgesetzt. Das Domkapitel postulierte nacheinander drei seiner Söhne zu Administratoren23: 1613 den jüngsten, erst vierjährigen Heinrich Karl, der bereits 1615 starb. Ihm folgte Rudolf, der im Alter von 13 Jahren 1616 verschied. Am 6./16. August 1616 wurde Christian, der „tolle Herzog“, gewählt, der im Hochstift vor allem eine Versorgungsbasis für seine militärischen Aktionen sah. Seine rücksichtslose Heerführerschaft diskreditierte die wolfenbüttelsche Herrschaft, öffnete nach seiner Resignation am 18. Juli 1624 das Hochstift dem kaiserlichen Einfluss und führte 1628 zur Postulation Erzherzog Leopold Wilhelms.
Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel
Philipp Sigismund24 stand zeit seines Lebens im Schatten seines künstlerisch begabten und auch politisch erfolgreicheren älteren Bruders, Heinrich Julius. Er wurde am 1. Juli 1568 auf Schloss Hessen geboren und verbrachte seine Kindheit in Wolfenbüttel, Liebenburg und Schöningen, bevor er 1582 mit dem Studium in Helmstedt begann und sich dann von November 1583 bis Januar 1586 am Hof seiner mit Herzog Ernst Ludwig von Pommern-Wolgast verheirateten Schwester Sophie Hedwig aufhielt. Philipp Sigismund wurde früh mit Pfründen versorgt; dazu gehörten Domkanonikate in Köln (1579), Bremen (1582) und Magdeburg (1588) und die Dompropstei in Halberstadt, die er 1588 mit Hilfe seines Bruders, des Administrators Heinrich Julius, erhielt. Bewerbungen um die Bischofsstühle von Bremen und Minden scheiterten; dagegen hatte er in Verden und Osnabrück Erfolg, erlangte aber wegen seines evangelischen Bekenntnisses nie die päpstliche Konfirmation und die kaiserliche Regalienverleihung.
Unter Administrator Eberhard von Holle hatte sich im Hochstift Verden die Reformation vollständig durchgesetzt.25 Das rein protestantische Kapitel postulierte Philipp Sigismund nach erheblichen finanziellen Zuwendungen