Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten. Группа авторов
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten - Группа авторов страница 53
![Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten - Группа авторов Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten - Группа авторов Erfurter Theologische Studien](/cover_pre983180.jpg)
Dass im Erzbischöflichen Palais in München inzwischen ein „etwas anderer Wind“ wehte, musste Huber ebenso im Herbst des gleichen Jahres erfahren, als Steichele ihm durch Generalvikar Dr. Michael Rampf26 mitteilen ließ, er wünsche, dass er „mit der Nuntiatur keine Beziehungen mehr unterhalte, weil ein guter Freund ihm bedeutet habe, daß das von mehreren Seiten übel vermerkt werde. Es schicke sich für den Sekretär des Erzbischofs nicht, daß er so viel mit dem Nuntius verkehre, wie auch der Erzbischof den Sekretär des Nuntius nicht so oft bei sich sehen wollte“27. Damit hatte Huber allerdings kein Problem, wie er seinem früheren Rektor postwendend zu verstehen gab: „Ich für meine Person bin darüber froh, weil ich eine große Plage weniger habe.“ Warum der seiner Ansicht nach durchaus über „gute Eigenschaften“28 verfügende Oberhirte ihm seinen Wunsch jedoch „auf einem Umwege“ habe kundtun lassen, konnte der Sekretär nicht nachvollziehen. Jedenfalls nahm er sich „die Freiheit“, „die Sache zur Sprache zu bringen“ und Steichele „über den Ursprung u. die Ungefährlichkeit“ seiner Beziehungen aufzuklären29.
Eine Besserung im Miteinander zwischen dem Erzbischof und seinem engsten Mitarbeiter trat hierdurch allerdings nicht ein – im Gegenteil. Fünf Monate später sah sich Huber zu folgenden mehr als deutlichen Äußerungen verlasst: „Die Verhältnisse unter dem neuen Erzbischof haben mir, wenn ich ihn auch Anfangs in Schutz genommen habe u. Alles möglichst gut zu interpretiren suchte, doch nie recht gefallen u. werden mir jetzt fast von Tag zu Tag unerquicklicher. ... Was meine Person insbesonders betrifft, so könnte ich zwar tuta conscientia nicht sagen, daß er positives Mißtrauen gegen mich hat; aber das Vertrauen wie unter Gregor scheint mir nicht vorhanden zu sein; überhaupt nicht jenes, wie es zwischen Bischof u. Sekretär nach meiner Ansicht herrschen soll; hiefür liegen auch positive Fakta vor, die ich mir nur sehr schwer anders erklären kann; ich komme mir mehr als nothwendiges Uebel vor. Manches wird allerdings auch auf Rechnung der Naturanlage zu setzen sein, ob aber Alles? Ob und wodurch ich zu diesem Verhältniß vielleicht Anlaß gegeben habe, weiß ich nicht. Aber das weiß ich, daß ich gerade wegen der Lage der Dinge Alles sorgfältig vermieden habe, was mich in seinen Augen als ‚jesuitischen Heißsporn’ hätte erscheinen lassen können; daß ich ihn nach außen hin immer in Schutz genommen habe, weil ich das im Interesse der Sache für Gewissenspflicht hielt u. noch halte; daß ich Unberufenen nie etwas anvertraute, was ihn hätte compromittiren können. Wenn dessen ungeachtet bei der Geschwätzigkeit der Leute, bei den manchmal cursirenden ungünstigen Gerüchten u. bei dem Mangel an vollem Vertrauen von Seite des Clerus (der von Anfang an bestanden u. bisher eher gesteigert als vermindert wurde) auch angebliche Äußerungen von mir colportirt u. ihm hinterbracht wurden, so kann ich das nicht hindern, weiß auch nicht, ob es wirklich der Fall war. Sollte ich vielleicht als Germaniker bei ihm ipso facto zur massa damnata gehören oder ihm ein ‚hunc cave’ beigebracht worden sein, so werde ich deßhalb meinen Grundsätzen doch nie untreu werden. Uebrigens seufzt auch der HH. Gen.Vicar unter analogen Verhältnissen, von den andern Domherrn gar nicht zu sprechen.“30
Noch heftiger fiel Hubers Kritik an Steicheles bisheriger Amtsführung aus: „Für die Diöcese u. ihre Bedürfnisse fast kein Interesse; dem Diöcesanclerus gegenüber große Kälte, verhältnißmäßig wenig Zugänglichkeit u. nicht großes Vertrauen von Seite des Clerus; herzliches Entgegenkommen mit Niemand, auch nicht mit dem Capitel; durch die That sich kundgebendes Vertrauen zu Niemand, selbst nicht zum HH. Generalvicar im wünschenswerthen Maß; Intimität mit Leuten, die zum Erzbischof in fast keiner Beziehung stehen oder nicht des besten Rufes sich erfreuen; anhaltende Vorliebe für Schwaben; im Ordinariat Augsburg Alles gut, hier fast Alles reformbedürftig; nach oben große Furcht u. Besorgniß anzustoßen; mit Lutz Intimität u. ängstliches Vermeiden Alles dessen, was das bisherige Wohlwollen u. gute Einvernehmen untergraben könnte; dem Lutz zu Liebe Aufgeben des bisherigen Pastoralblattes (weil es manchmal geharnischte Artikel brachte) u. an dessen Stelle ein ‚Amtsblatt’31, von welchem ich der unglückliche u. streng beaufsichtigte Redacteur bin. Das ist so ziemlich die Situation im Allgemeinen. Sie werden es mir nicht verargen, wenn ich mich da nicht heimlich fühle.“32
In Anbetracht dessen überlegte sich der Erzbischöfliche Sekretär damals ernsthaft, ob er nicht seinen Posten räumen und sich um eine Pfarrei bewerben solle, was ihm aber angesichts der Tatsache, dass ein „passender Ersatz“ für ihn derzeit nicht leicht zu finden sei, als problematisch erschien. Denn der Oberhirte war Hubers Worten zufolge „in den Functionen sehr unbeholfen; hat mit dem Studium der schwierigern u. längeren sicher noch keine Zeit verloren, sondern verließ sich ganz auf d. Secretär. Andere Functionen, z. B. Pfarrvisitationen, bei denen man Vieles gründlich u. genau wissen muß, hat er noch nicht vorgenommen, auch noch nicht studirt u. von Haus aus scheint die diesbezügliche Wissenschaft nicht sonderlich hervorragend zu sein. Kommt ein neuer Sekretär, so weiß keiner etwas. Das ist sicher weder für ihn noch für die Sache vortheilhaft. Um ferner die absolut nothwendige courtoisie gegen den Hof u. dgl. nicht zu verletzen, muß man immer erinnern, da hievon weder Kenntniß noch Gefühl vorhanden ist. Ein neuer Sekretär wird hierin auch nicht behilflich sein können, u. folglich der R[everendissi]mus in diesem Punkte noch mehr ausgerichtet werden, als es ohnehin schon geschieht“.33
Deshalb blieb Huber auf ausdrücklichen Wunsch des Erzbischofs weiterhin dessen Sekretär – mit den „bekannten Schmerzen“, wie er Mitte Mai 1881 seinem früheren, inzwischen nicht mehr mit der Leitung des Germanikums betrauten, sondern als Konsultor diverser römischer Kongregationen tätigen Rektor kundtat34. Die Folge war, dass sich Ende des nächsten Jahres zwischen Steichele und ihm eine „Scene abspielte, die sehr ernst hätte werden können“, letztlich aber „große Wirkungen“ zeitigte35. Was war geschehen? Unmittelbar vor Beginn einer am 18. Dezember 1882 in der Erzbischöflichen Hauskapelle stattfindenden Ordination „überraschte“ der Oberhirte Huber mit der Anordnung, er müsse „in Zukunft bei allen Funktionen Handschuhe tragen, um die Mitra beim Aufsetzen und Abnehmen mehr zu schonen“, worauf dieser „opponirte“, „Handschuhe bei Funktionen gebühren sich einzig für den Bischof, u. ein Cäremoniar mit Handschuhen sei wie David in der Rüstung des Goliath“. Gleichwohl hatte der Sekretär sich zu fügen, allerdings fand er an der ganzen Angelegenheit rasch noch einen „anderen Hacken“, vor dem seiner Ansicht nach „alle persönlichen Überzeugungen zurücktreten“ mussten.
„Ich glaube Ihnen schon einmal mitgetheilt zu haben“, schrieb er wenig später an Steinhuber, „daß dem R[everendisi]mus die fama eines tenax rerum nach München vorausging. Dieser Ruf wurde von bösen Zungen in ergiebigster Weise gegen den R[everendiss]mus ausgebeutet, genährt u. gesteigert, u. ich muß leider sagen, daß manche Handlungsweisen schmähsüchtigen Zungen neue Nahrung zuführen konnten. Als