Kirchliches Leben im Wandel der Zeiten. Группа авторов
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Die katholische Presse in Württemberg
„In keinem Land unternahmen die Katholiken halbherzigere Anstrengungen für das Wachstum ihrer Presse (zwischen 1865-1912 ‚nur‘ 87%).“75 Doch auch hier intensivierten sich ab den 1890er Jahren die Bemühungen. Bischof Keppler konnte dann 1913 insgesamt dreißig katholische Tageszeitungen nach Rom melden.76 Unter ihnen ragte das bereits 1848 gegründete „Deutsche Volksblatt“ in Stuttgart heraus, in dessen Verlag auch das „Katholische Sonntagsblatt“ erschien. Volksblatt und Sonntagsblatt konnten 1891 auf Landesebene eine Quasi-Monopolstellung erreichen, indem die AG Deutsches Volksblatt die ultramontanen „Donzdorfer“ Gegengründungen „[Anzeiger vom] Ipf“ und „Katholisches Wochenblatt“ aufkaufte.77 Auch bezüglich des Volksblattes wurde 1876 ein kurzer Richtungsstreit ausgefochten: Nachdem das Blatt in die Hand des katholischen Demokraten und späteren Zentrumsmannes Rudolf Probst (1817-1899) und seines Schwagers Karl von Streich (1826-1917) gekommen war, befürchtete Bischof Hefele eine zu große Annäherung an die demokratische Volkspartei, die damals in Württemberg von vielen Katholiken gewählt wurde.78 Ab 1877 lenkte der neue Schriftleiter Konrad Kümmel (1848-1936)79 das Blatt aber ganz im Sinne Hefeles wieder mehr in die Richtung der regierenden konservativen Landespartei. Nach Hefeles Tod konnte Kümmel dann durch das Volksblatt zur Gründung des Zentrums in Württemberg beitragen. Kümmel überließ dem schon oben genannten Joseph Eckard 1895 die Schriftleitung des Volksblattes, an der von 1896 bis 1903 auch Matthias Erzberger mitwirkte. Das Volksblatt war damit zum typischen Zentrumsblatt geworden. Kümmel widmete sich nun ganz dem Sonntagsblatt80, das zwar politisch auch eindeutig positioniert war, aber eher in mentalitätsgeschichtlicher Hinsicht interessant ist. Ähnlich wie die Haus- und Volkskalender81 wollte das Volksblatt durch erbauliche Erzählungen Unterhaltung und religiöse Bildung miteinander verbinden. Den Lesern wurde dabei indirekt oder direkt auch ein bestimmter Frömmigkeitsstil (gekennzeichnet durch Wallfahrten, Exerzitien, Herz-Jesu-Verehrung etc.) nahegebracht.82
Resümee
Insgesamt fällt auf, wie stark Keppler Rottenburg als Musterdiözese im Sinne des „konservativen Reformpapstes“ Pius X.83 darstellte; dieser verband theologische und kirchenpolitische Intransigenz mit einer formalen Modernisierung der Kirche im Sinne der pastoralen Intensivierung und Effizienzsteigerung. Unverkennbar bleiben aber auch die Reserven, die der Antimodernist Keppler dem römischen Integralismus gegenüber wahrte. Und auch insofern war das Bistum Rottenburg unter Keppler fest im mainstream des deutschen Katholizismus verankert worden.
1 K. Hausberger, Der Rottenburger Bischof Paul Wilhelm von Keppler (1898-1926) – ein Exponent des Antimodernismus im deutschen Episkopat, in: RJKG 21 (2002) 163-177; ders., Eine Denkschrift des Rottenburger Bischofs Paul Wilhelm von Keppler über den Reformkatholizismus aus dem Jahr 1903, in: RJKG 21 (2002) 321-340.
2 D. Burkard, / E. Gatz, / P. Kopf, Rottenburg, in: Gatz, E. (Hg.), Die Bistümer der deutschsprachigen Länder von der Säkularisation bis zur Gegenwart, Freiburg i. Br. 2005, 616-637; sowie noch immer A. Hagen, Geschichte der Diözese Rottenburg, 3 Bde., Stuttgart 1956-1960.
3 A. Hagen, Der Reformkatholizismus in der Diözese Rottenburg (1902-1920), Stuttgart 1962; M. Seckler, Theologie vor Gericht. Der Fall Wilhelm Koch – Ein Bericht (Contubernium 3), Tübingen 1972; J. Köhler, Heinrich Günters Legendenstudien. Ein Beitrag zur Erforschung historischer Methode, in: Schwaiger, G. (Hg.), Historische Kritik in der Theologie. Beiträge zu ihrer Geschichte (Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des Neunzehnten Jahrhunderts 32), Göttingen 1980, 307-337 (mit Bibliographie); R. Engelhart, „Wir schlugen unter Kämpfen und Opfern dem Neuen Bresche.“ Philipp Funk (1884-1937). Leben und Werk (Europäische Hochschulschriften III, 695), Frankfurt a. M. 1996; ders., Zwischen Rebellion und Gehorsam. Zur Entlassung des Diakons Josef Heilig aus dem Priesterseminar Rottenburg, Frankfurt a. M. 1997; G. Klapczynski, „Ab initio sic non erat!“ „Modernismus“ am Beispiel Hugo Koch (1869-1940), in: Wolf, H. / Schepers, J. (Hg.), „In wilder, zügelloser Jagd nach Neuem“. 100 Jahre Modernismus und Antimodernismus in der katholischen Kirche (Römische Inquisition und Indexkongregation 12), Paderborn u.a. 2009, 271-288.
4 Vgl. E. Rentschler, Paul Wilhelm von Keppler (1852-1926). Der sechste Bischof von Rottenburg im Urteil seiner Zeitgenossen, in: RJKG 12 (1993) 247-255.
5 D. Burkard, Neues Jahrhundert – neuer Klerus? Priesterbildung und -erziehung in der Diözese Rottenburg an der Wende zum 20. Jahrhundert, in: RJKG 21 (2002) 179-217, hier 213.
6 Diözesanarchiv Rottenburg (DAR), Q 5.1.1.
7 DAR, Q 5.1.1.
8 C. Arnold, Zwischen Zentrum und Peripherie – die Rottenburger Diözesanidentität (1919-1978), in: RJKG 24 (2005) 35-50.
9 H. Wolf, (Hg.), Zwischen Wahrheit und Gehorsam. Carl Joseph von Hefele (1809-1893), Ostfildern 1994.
10 D. Burkard, Kein Kulturkampf in Württemberg? Zur Problematik eines Klischees, in: RJKG 15 (1996) 81-98; H. Wolf, Württemberg als Modell für die Beilegung des Kulturkampfes in Preußen? in: RJKG 15 (1996) 65-79.
11 Zusammenfassend R. Reinhardt, Art. Hefele, in: Gatz, E. (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen