Den österlichen Mehrwert im Blick. Группа авторов

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Den österlichen Mehrwert im Blick - Группа авторов Erfurter Theol. Schriften

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als ein ausgleichendes Element in den Versammlungen und Kommissionen empfunden wurden. Wir haben die Mitte stark gemacht.“ (Seifert 2000, 105) Unsere Mitarbeit vollzog sich vor allem in der Arbeitsgruppe „Theologische Grundlegung“. Innerhalb der evangelischen Kirche gab es Tendenzen, den christlichen Glauben mit einem „ursprünglich idealen Verständnis von Sozialismus“ zu verknüpfen, gleichsam einen dritten Weg unter Distanz zum real existierenden Sozialismus zu beschreiten. Dieses Anliegen vertrat besonders Propst Heino Falcke, der sehr nachdrücklich das Ziel verfolgte, die DDR-Gesellschaft umzugestalten. Dadurch zog er sich den Hass der Kommunisten zu. (Seifert 2000, 107f) Ich selbst vertrat die Ansicht, unterstützt von Lothar Ullrich, dass der real existierende Sozialismus in der DDR nicht reform- und verbesserungsfähig sei, denn sein dem Christentum im innersten Kern widersprechendes Menschenbild sollte nach Ansicht der Kommunisten keinesfalls preisgegeben werden.

      Unsere Bischöfe nahmen alle zwölf Beschlüsse der Ökumenischen Versammlung einhellig und ohne Widerspruch an. Eine ausführliche Beurteilung dieses Ereignisses habe ich in einem anderen Zusammenhang zu geben versucht. (Seifert 1999, 103–111) Widerstand gegen die Ökumenische Versammlung war nur bei wenigen Christen in der DDR festzustellen, hingegen aber bei engen Mitarbeitern der Berliner Bischofskonferenz. Sie lehnten die Ökumenische Versammlung bis über das Ende der DDR hinaus entschieden ab. Man scheute in diesem Kreise auch nicht vor einer Herabsetzung meiner Person vor dem Staatssekretär für Kirchenfragen zurück. Es fiel die vom Staatssekretariat dokumentierte Formulierung, die Ökumenische Versammlung wie auch meine Person hätten „Phantastereien“ verbreitet und die Bischöfe stünden nicht hinter mir. Man grenzte mich damit aus unserer Kirche aus. Solches Verhalten eines Mitbruders hat bei mir bis heute Wunden hinterlassen.

      Ein anderes Erlebnis am Rande: In der Nacht zum 1. Mai 1989, nach dem feierlichen Abschluss der Ökumenischen Versammlung in der Dresdener Kreuzkirche, stellte bei der Heimfahrt ein Tankwart fest, dass die Benzinleitung an meinem Wartburg angesägt war. Zufall?

       Besondere persönliche Erfahrungen

      Veranstaltungen: Mitglieder unseres Kollegiums wurden häufig als Einzeldelegierte aus unserer Kirche zu internationalen Veranstaltungen entsandt. Ich selbst denke hier zunächst an das „Internationale Wissenschaftliche Kolloquium“ vom 8. bis 10. Oktober 1986 in Budapest zurück. Es wurde veranstaltet vom Päpstlichen Sekretariat für die Nichtglaubenden und der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Von katholischer Seite nahmen teil die Kardinäle König und Poupard (als neuer Präsident) und Theologen aus acht europäischen Ländern. Die marxistische Seite hatte Vertreter aus neun europäischen Ländern und aus Kuba delegiert. Es ist als das „größte und bedeutendste Dialogtreffen zwischen Vertretern der katholischen Kirche und des Kommunismus in die Geschichte eingegangen“. (Christen und Marxisten 1991, 317) Dort bin ich, der zum Konsultor des Päpstlichen Sekretariates berufen worden war, zum ersten Mal zwei marxistischen Philosophieprofessoren aus der DDR begegnet. Zwischen unserer Theologischen Fakultät und den philosophischen Lehrstühlen der Universitäten, die ja nur von Kommunisten besetzt waren, gab es zu keiner Zeit irgendeinen Kontakt. Alle Vorträge dieses Dialogtreffens sind u.a. vom Bennoverlag dokumentiert worden (Christen und Marxisten 1991, 317–374). Ich durfte einen Vortrag halten über das Thema „Zusammenleben und Kooperation von Christen und Marxisten in der Gesellschaft“. (Feiereis 1991, 357–371)

      In der DDR erregte dieses Treffen große Aufmerksamkeit. In katholischen und evangelischen Kirchen, z.B. in Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig, Erfurt und anderswo fand ich bei Vorträgen volle Kirchen vor. Die Christen spürten, dass die alten Verhältnisse in der Gesellschaft keine Zukunft mehr besaßen. Sie schöpften z.T. Hoffnung, dass ihre Situation sich im Alltag verbessern könnte und auch müsste.

      Ein zweites Kolloquium verdient ebenfalls Erwähnung: Es fand vom 18. bis 21. Oktober 1989 zwischen dem Vatikan, unter der Leitung von Kardinal Poupard, und dem „Sowjetischen Komitee für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ in einem kleinen Kreis in der Nähe von Straßburg, statt. Zu diesem „Komitee“ gehörten u.a. der Chefredakteur der Zeitschrift „Kommunist“ und der Direktor des „Atheismus-Instituts beim Zentralkomitee der KPdSU“. Ziel dieses Treffens war die Vorbereitung des ersten Besuches von Gorbatschow bei Papst Johannes Paul II., der dann auch am 1.12.1989 stattgefunden hat. Ich erinnere mich, dass unsere sowjetischen Partner in der Nacht vom 18.10. zum 19.10. äußerst aufgeregt waren und ständig mit Moskau telefonierten. Der Grund: Honecker war an diesem Tag gestürzt worden. Auch vor diesem Gremium durfte ich, als einziger deutscher Theologe, ein Referat halten, das den Titel trug: „Das gemeinsame europäische Haus.“ (Feiereis 1990, 41–47)

      Das Vertrauen unserer Bischöfe hat mich, der nicht gern im Rampenlicht stand, zu diesen wichtigen Veranstaltungen entsandt. Ich erlebte unmittelbar den Beginn des bald einsetzenden großen politischen Erdbebens, das kurz danach unsere Welt veränderte.

      Große Verantwortung wurde mir auch in anderen Bereichen übertragen. Ich wurde für fünf Jahre zum kirchlichen Hilfswerk Renovabis delegiert, wo ich bei der ersten Tagung das Einleitungsreferat halten durfte. Ich habe ferner manche Einweihungsrede gehalten, so bei der Eröffnung der Edith-Stein-Schule Erfurt 1992 oder anlässlich der Gründung der Katholischen Fachhochschule Berlin 1991. Das in dieser Weise bezeugte Vertrauen wurde auch in gleicher Weise allen meinen damaligen Kollegen entgegengebracht.

      Spannungen: Auch in unserer kleinen Kirche blieb es nicht aus, dass es Unterschiede der Ansichten und auch Auseinandersetzungen gab. Das äußerte sich besonders im Jahr 1989 als es um die Frage ging, ob sich auch unsere Kirche den Problemen der Gesellschaft mehr öffnen sollte. Sie hat es schließlich auch getan, wie die Hirtenbriefe und Predigten jenes Herbstes dokumentieren, darunter besonders auch die unvergessliche Predigt von Bischof Wanke anlässlich der Herbstwallfahrt in Erfurt am 17. September 1989. Meinungsverschiedenheiten zwischen Bischöfen und Theologen wurden nicht verleugnet, aber fair ausgetragen und nie nachgetragen.

      Mir persönlich bleibt schmerzlich in Erinnerung, dass einige meiner Publikationen, die bereits im Westen Deutschlands (Herderkorrespondenz), aber auch in Italien und in der Slowakei erschienen waren (darunter u.a. mein Budapester Vortrag), nicht nur vom Staat, sondern auch von kirchlichen Dienststellen von vornherein für den Druck abgelehnt worden sind. Man unternahm nicht einmal den Versuch, die staatliche Genehmigung für eine Veröffentlichung einzuholen. Die Begründung lautete, die Zeit sei dafür noch nicht reif. (Jahrbuch 1991, 15, vgl. 307–371)

      Begegnungen: Unsere Bischöfe pflegten ein ständiges, oft freundschaftliches Verhältnis zu den Mitgliedern unserer Professorenkonferenz. Sie zogen uns heran bei der Abfassung von gesellschaftlich relevanten Hirtenbriefen (besonders über Erziehung, über Frieden u.a.) Unvergesslich in Erinnerung bleibt mir Bischof Hugo Aufderbeck, dem die Situation der Christen bei uns ein Herzensanliegen war. Er suchte stets unsere Mitarbeit in der Seelsorge. Auf seinem Sterbebett rief er uns Priester zu sich und bat um die Zelebration der hl. Messe und um das gemeinsame Gebet.

      Kardinal Meisner, mit welchem ich einmal einen größeren Disput hatte, der aber fair beigelegt wurde, zog mich heran zu einem wichtigen Dienst anlässlich des Katholikentreffens in Dresden am 12. Juli 1987. Dort sprach er auch das Wort, das in die Geschichte eingegangen ist: „Die Kirche, die Christen in unserem Land möchten ihre Begabungen und Fähigkeiten in unsere Gesellschaft einbringen, ohne dabei einem anderen Stern folgen zu sollen als dem von Bethlehem.“

      Natürlich stand und steht unsere Erfurter Fakultät in einer besonderen und engen Beziehung zu unserem Jubilar Bischof Wanke. Er ist nicht nur unser Ortsbischof und Kanzler der Fakultät, er war ja ehemals auch Professor in unserem Kollegium. Seine freundliche, gewinnende Art, seine für die gesamte deutsche Kirche richtungweisenden pastoralen Anstöße sind hochgeschätzt und geachtet. Er verfolgt wachen Geistes die Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft. Er ist stets Theologe und Seelsorger zugleich geblieben. Das Vertrauen, das er den Menschen allgemein und unserem Kollegium besonders entgegengebracht hat, trug von Anfang an reiche Frucht und wird seiner Person gegenüber in Dankbarkeit erwidert.

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