Den österlichen Mehrwert im Blick. Группа авторов

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Den österlichen Mehrwert im Blick - Группа авторов Erfurter Theol. Schriften

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Jesajas auszugehen: JHWH wird für den künftigen globalen Zustand (sein Licht) zuvor das bereitstellen, was den Völkern ermöglicht (Tora und sein Wort), den Zustand zu erreichen, und was von den Völkern auch ergriffen wird (gehorsames Befolgen). Für Jesaja sind einerseits der Frieden und das Licht JHWHs und andererseits die Tora, das Wort JHWHs und deren Akzeptanz und aktive Umsetzung wie zwei Seiten einer Medaille zu sehen. Jesaja betrachtet dieselbe Medaille, nur ihre Kopfseite hat eine andere Prägung als die Zahlseite. Was bedeutet das nun für Jesajas Appell an seine Adressaten? Jesaja fordert seine Hörer auf, sich vom Toragehorsam der Völker und dem damit verbundenen Bewirken des Friedens so motivieren zu lassen, dass solche Wirkung oder eine ähnliche Wirkung zugleich der Status sind, in den sie sich versetzen mögen und in dem sie sich bewegen und aufhalten können: „Lasst uns gehen im Licht JHWHs!“ (2,5). Jesajas Adressaten sollen sich so verhalten und leben, wie es dem kommenden Weltfrieden entspricht.

      Kommt man vom ersten Kapitel des Prophetenbuches her, so wird deutlich, dass Jesaja bei seinen Adressaten in Jes 2,5 eine eigene, breitere Kenntnis der Tora und des JHWH-Wortes voraussetzt und ein tieferes Wissen darüber, was deren gehorsames Befolgen bewirken kann. Kenntnis und Wissen der Adressaten sind jedenfalls umfangreicher, als ihnen aus den Andeutungen Jesajas in 2,1–5 hervorgehen kann. Jesaja geht davon aus, dass die Adressaten seine Einlassungen in 2,1–5 auf bereits Gehörtes beziehen. So ist jetzt diesem Gehörten und damit Kapitel 1 nachzugehen, um dann dessen Inhalte genauer auf den Appell Jesajas in 2,5 beziehen zu können.

       Israel angesichts der Völker

      Die Völker werden künftig von JHWH durch die Tora und sein Wort belehrt werden. Ein vergleichbares Belehren von Jesajas Israel, des „Hauses Jakob“, hat bereits in Kapitel 1 stattgefunden.

      Kapitel 1 bettet dieses Belehren Israels in einen dramatischen Zusammenhang ein. Das Belehren Israels durch JHWH war überaus notwendig geworden. Denn Israel hatte sich auf Irrwegen befunden und war dabei in sein eigenes Verderben gerannt. Bevor ab Jes 1,10 die „Anführer“ und das „Volk“ Israel darüber unterrichtet werden, was JHWH wirklich gefällt, wird im Kapitel 1 hervorgekehrt, in welcher heillosen, verlustreichen Lage und belasteten Situation sich Israel vorfand.

      JHWH selbst musste über sein Volk klagen und es anklagen (Jes 1,2–3). „Himmel“ und „Erde“ wurden dabei als Zeugen angerufen, um das Ausmaß des Beklagenswerten anzudeuten. JHWH hatte sich zwar Israel auf eine Art und Weise zugewandt, wie Eltern es zu tun pflegen, wenn sie ihre Kinder mühe- und hingebungsvoll großziehen. Doch trotz seines Einsatzes musste JHWH feststellen, dass sein Volk ihm gegenüber abtrünnig geworden und nicht zur Einsicht gekommen war. Dem literarischen Propheten Jesaja kommt es dann zu, in einem Weheruf die Folgen zu schildern, die sich aus Israels schuldhaftem und sündigen Verhalten ergeben hatten (1,4–9). Ein schweres Gericht war über das Volk und Land ergangen und hatte diese tief gebeugt. Das Strafgericht hatte zu weitreichenden Vernichtungen unter Israel geführt. Nur ein kleiner Rest Israels, die „Tochter Zion“, war übrig geblieben. Jesaja macht deutlich, dass sich dieser Rest von „Israel“ allein einem göttlichen Verschonen verdankt. Schuld und Sündhaftigkeit hätten auch dazu führen können, dass Israel ein unwiderruflicher Untergang ereilt und es ausgelöscht wird – wie einst „Sodom“ und „Gomorra“ (vgl. Gen 19,25.28). Doch zu solcher Auslöschung kam es nicht. JHWH hat davon abgesehen und den Rest erhalten. Jesaja deutet mit einem „Wir“ an, dass seine Adressaten und er selbst nur aufgrund der göttlichen Verschonung existieren: „Hätte JHWH Zebaot nicht einen kleinen Rest übrig gelassen, wie Sodom wären wir geworden, Gomorra wären wir gleich“ (Jes 1,9).

      Beim Ton der Anklage bleibt es, wenn dann die Belehrung Israels erfolgt. Der Prophet redet in Jes 1,10 anscheinend zu den Bewohnern Jerusalems, sozusagen zum Rest Israels. Dieser Rest war zwar gerade einem Geschick entgangen, wie es ehedem Sodom und Gomorra ereilt hatte. Doch in puncto Schuld und Sündhaftigkeit sieht Jesaja sein Israel immer noch auf derselben Stufe wie die einstigen Bewohner von Sodom und Gomorra stehen. Jesaja redet deshalb seinen Hörerkreis in Israel mit den Worten an: „Anführer von Sodom [...] Volk von Gomorra!“ Mit diesem provozierenden und schockierenden Tonfall streicht Jesaja erneut die Dringlichkeit der Belehrung heraus. Israel befand sich – noch – in der Gefahrenzone, in der ihm Untergang und Auslöschung drohen. So lenkt Jesaja mit einem Höraufruf die Konzentration auf die Lehrinhalte, durch die Israel aus der Gefahr herauskommen wird, falls es diese Inhalte auch beachtet und beherzigt. Die Lehrinhalte benennt Jesaja mit zwei Begriffen, die er später ebenso bei seiner Schilderung der Völkerwallfahrt einsetzen wird (2,3) und die dort chiastisch gewendet, also in umgekehrter Reihenfolge auftauchen: „Wort JHWHs“ und „Tora (unseres Gottes)“ (1,10). Lesende werden sich so in 2,3 leicht daran zurückerinnern können, dass vor der Tora für die Völker zuerst dem gefährdeten Israel eine Tora JHWHs mitgeteilt wurde. Die Lesenden werden diese erste Tora für Israel auch bei Jesajas Appell in 2,5 mitdenken können, mit dem der Prophet Israel, das „Haus Jakob“, auffordert, sich im „Licht JHWHs“ zu bewegen. Dem gefährdeten Israel hat Jesaja jedenfalls in 1,10 zugerufen: „Hört das Wort JHWHs, Anführer Sodoms! Horcht auf die Tora unseres Gottes, Volk von Gomorra!“

      Nach diesem Aufruf kommt Jesaja, der Prophet und berufene Rufer (vgl. Jes 6), seinem göttlichen Botendienst nach und unterbreitet Israel die Tora in Form einer belehrenden Rede JHWHs: Jes 1,11–17. Die Gottesrede wendet sich als Erstes Israels Kult, dessen Gottesdienst und dessen religiöser Praxis zu und übt daran heftige Kritik (1,11–15). Die Kritik geht auf göttlicher Seite mit weitreichenden Konsequenzen einher. Diese Konsequenzen reichen von JHWHs Erklärung, keinen Gefallen an Israels Opferdarbringungen zu haben (1,11), bis zu JHWHs Ansage, Israels Gebete nicht erhören zu wollen (1,15). Andere Prophetenbücher verwenden ebenso diesen Topos einer so genanten „Kultkritik“. Der Topos lehnt keineswegs jeglichen Kult und alles liturgische Agieren ab. Wohl aber entlarvt der Topos Haltungen und Verhaltensweisen in Israel, die mit einer aufrichtigen religiösen Hinwendung zu JHWH unvereinbar sind. Das alltägliche Verhalten und der soziale Umgang untereinander müssen in Israel dem Wollen und den Anliegen JHWHs entsprechen. Nur so wird Israel kultisch und religiös JHWH begegnen können. Andernfalls wird die Begegnung unmöglich. U.a. ein Detail deutet die gegenwärtige Unmöglichkeit zur Begegnung mit JHWH an. In Israel opferte man mit „Händen“ (1,12) und betete mit ausgebreiteten „Handflächen“ (1,15), doch die „Hände“ waren voller Bluttaten (1,15). Opfer und Gebete konnten die Bluttaten, die Gewaltausübungen am Nächsten (vgl. Gen 4), nicht verschleiern, und JHWH musste sich so von Israel abwenden. Folgerichtig unterbreitet deshalb die Tora am Schluss, was JHWH von Israel einfordert und was Israel tun soll (Jes 1,16–17). Bezeichnend sind die beiden letzten Forderungen. Israel hat „Waise“ und „Witwe“ bei Rechtsangelegenheiten aktiv zu unterstützen. Waise und Witwe stehen in der Antike und Bibel beispielhaft für die Kreise der Wehrlosen und Schutzbedürftigen. Damit schlägt die Tora einen Bogen, der von der Kultkritik bis zu den göttlichen Sozialforderungen reicht.

      Die Tora stellt Israel vor die Entscheidung. Das macht die folgende Gottesrede deutlich (Jes 1,18–20). Diese Rede ahmt einen Rechtsstreit vor Gericht nach. JHWH setzt sich wie in einem Rechtsstreit mit Israel als seinem Gegenüber auseinander. JHWH zeigt sich bereit, auch die schwersten Vergehen in Israel zu vergeben (1,18). Die göttliche Bereitschaft zur Vergebung gestattet Israel aber keineswegs, dass es sich bequem zurücklehnen kann. Die Tora hat soeben Israel kundgemacht, was JHWH wirklich gefällt. Nun macht JHWH klar, dass Israel auf die Anliegen in der Tora reagieren muss. Diese Reaktion wird die Weichen stellen, wie sich Israels Zukunft und Geschick gestalten werden. Macht sich Israel willig und gehorsam die göttlichen Anliegen zueigen, wird es ein glückliches Leben im Land führen (1,19). Falls nicht, kommt ein gewaltsames Sterben auf Israel zu (1,20).

      Eines ist noch zu den sozialethischen Ansprüchen JHWHs an Israel zu sagen. Diese Ansprüche werden in Kapitel 1 insbesondere mit den Begriffen „Recht“ (Jes 1,17) und „Gerechtigkeit“ benannt. Israels Geschick ist an das Ausüben von Recht und Gerechtigkeit gebunden. Literarische Pendelschläge machen das deutlich: Der Vers 1,21 muss eine Totenklage anstimmen; denn in Jerusalem waren zwar früher Recht und Gerechtigkeit vorhanden gewesen, beide Größen sind aber momentan

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