Den österlichen Mehrwert im Blick. Группа авторов

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Den österlichen Mehrwert im Blick - Группа авторов Erfurter Theol. Schriften

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wohl aber in Zion-Jerusalem zu finden sein wird und dort als Geschenk entgegen genommen werden kann.

      Das attraktive, anziehende Zion-Jerusalem mit JHWHs Wohnung in der Welt wird noch vor der Ankunft der Völker eine erste, einstweilen noch provisorische Einigung unter ihnen herbeiführen. Jesaja gibt die künftigen Worte der Völker wieder und zitiert sie. Sie werden sich gemeinsam in vereinter Rede bekunden können. Zuerst werden sie sich auf eine Absicht geeinigt haben, und zwar auf ihre gemeinsame Wallfahrt: „Kommt doch, lasst uns hinaufziehen zum Berg JHWHs, zum Haus des Gottes Jakobs“ (Jes 2,3). JHWH wird für die Völker zugleich der Gott von Israels Erzvater Jakob sein. So werden die Völker auch etwas von der Geschichte JHWHs mit Israel mitbekommen haben und damit davon, wie sich JHWH über die Zeiten hin anhand von Jakob-Israel in der Welt kundgemacht hat. Die Völker werden erahnen, wer als der eine und einzige Gott im Tempel auf dem aufgesuchten Zion präsent ist. Aufgrund des Erahnten werden die Völker von JHWH Orientierung erwarten, und sie werden sich daran auch halten wollen. Denn in ihren Worten sind sie davon überzeugt, von JHWH unterwiesen zu werden, und sie erklären zudem gemeinsam ihre Bereitschaft, seiner Unterweisung zu folgen: „Er lehre uns von seinen Wegen, und wir wollen gehen auf seinen Pfaden (2,3).“ Mit der für die Bibel typischen Wegmetaphorik wird hier ein Verhalten angesprochen, welches im göttlichen Belehren vorgezeichnet und dann in lernbereiter Folgsamkeit der Völker vollzogen werden wird.

      Danach übernimmt wieder Jesaja das Wort. Dem Strömen, Gehen und Hinaufziehen der Völker zum „Berg des Herrn“ stellt er eine Gegenbewegung gegenüber: „Ja, von Zion geht Weisung aus und das Wort JHWHs von Jerusalem (Jes 2,3).“ Von zentraler Bedeutung ist der Begriff „Weisung“, hebräisch „Tora“, der kurz zuvor vorbereitet wurde durch das wurzelgleiche Verb „lehren“. Zwölfmal taucht der Begriff „Tora“ im Buch Jesaja auf (von Jes 1,10 bis 51,7) und damit vielleicht nicht rein zufällig in einer biblisch bedeutsamen Anzahl. Steht hier in Jes 2 die Tora in Parallele zum „Wort JHWHs“, dürfte Jesaja an keine feststehenden Tora-Gebote denken, sondern an eine durch das aktuelle Wort Gottes neu unterbreitete Tora. Jedenfalls wird die Tora den Völkern nicht verborgen bleiben, sondern die Tora wird sich aktiv den Völkern zuwenden.

      Jesaja entfaltet keine konkreten Inhalte des JHWH-Wortes, dafür aber den Zweck, wozu das göttliche Wort ergeht. Der Zweck besteht keineswegs darin, dass JHWH zum Strafgericht über die Völker anhebt. Er wird nicht „über“ dieses oder jenes Volk richten. Vielmehr wird JHWH „zwischen“ den Völkern richten. JHWH wird sich ihres Zusammenlebens und Miteinanders annehmen, für gerechte Rechtssprechung eintreten und auf diese Weise unter ihnen Schlichtung bewirken: „Er wird richten zwischen den Nationen und zwischen vielen Völkern schlichten (Jes 2,4).“

      Wird JHWH so die Angelegenheiten der Völker auf gerechte Weise entschieden haben, kommt es sodann unter den Völkern zu einem erstaunlichen Selbstlauf. Jesaja wendet sich mit poetisch dichten Worten diesem Selbstlauf zu, und dabei folgt nun die Formulierung, deren eindrückliche Wirkungsgeschichte im 20. Jahrhundert eingangs skizziert wurde: „Schwerter zu Pflugscharen“. Die Völker werden – so darf man meinen – wieder nach Hause reisen und dort eine so genannte „Rüstungskonversion“ vernehmen. Die teuren Materialien für Waffen und ihre aufwendigen Herstellungen hatten schon in der Antike wertvolle Ressourcen der Völker gebunden, die ihnen so für andere Entwicklungen und vielleicht sogar auch für soziale Aufgaben fehlten. Der Sinn des Verses 2,4 würde verkannt werden, wenn man ihn nur als romantische Idylle abtut. Der Vers befasst sich vielmehr mit dem, worauf kollektive Energien mit weitreichenden sozial-gesellschaftlichen und politischen Folgen ausgerichtet sein können. Was die Völker an Bodenschätzen in der Welt vorfinden und was ihnen an Potentialen selber zueigen ist, wird nicht mehr für Abschreckungen vergeudet oder für Eroberungen und Vernichtungen eingesetzt werden („Schwerter“, „Lanzen“), sondern wird der Ernährung dienen und das tägliche Arbeiten erleichtern dürfen („Pflugscharen“, „Winzermesser“). Doch damit nicht genug. Mit den abhandengekommenen Waffen wird auch selbstredend das Lernen und Einüben ihrer Anwendungen verschwinden: „Und sie werden ferner nicht mehr den Krieg erlernen (Jes 2,4).“ Der Prophet Jesaja rechnet somit mit einem Pazifismus, der in Zukunft möglich werden kann.

      Die Grundlagen für diese kühne und hoffnungsvolle Aussicht im Jesajabuch sind zu beachten. Keine rein innerweltlichen Bestrebungen werden die neue und allseits friedliche Lage herbeiführen können. Menschliche Bemühungen allein werden das in Aussicht Gestellte nicht herbeizwingen können. Zuerst werden mittels der Tora und durch JHWH selbst Recht geschaffen und Schlichtungen herbeigeführt werden müssen, bevor die Konversionen der Rüstungsgüter erfolgen und die alten Gewohnheiten, das Kriegshandwerk zu lernen, enden. Beide, JHWH und auch seine Tora, werden Initiatoren jenes manifesten Friedens sein, in dem sich erst die Waffen und das Kriegshandwerk erübrigen werden. Die Völkerwelt wird keinen Frieden „machen“, sondern einen solchen geschenkt bekommen. Die Völker werden friedlich agieren, nachdem sie „von oben“ her und ohne Gewalteinwirkung befriedet worden sind.

      Der Abschnitt endet auf eine beachtenswerte Weise und gelangt im Vers 2,5 an sein Ziel. Jesaja hat in diesem Schlussvers immer noch das Wort. Doch Jesaja ändert in diesem Vers seine Sprechrichtung. Dabei wechselt er von einer Zeitdimension in eine andere. Bei Letzterem, dem Zeitwechsel, sei begonnen. Der literarische Jesaja blickte bisher im Abschnitt in die Zukunft und besprach das, was eintreten kann. Nun wendet sich Jesaja der Gegenwart zu, in der er agiert und in welcher er redet. Jesaja spricht dabei erstmals im Abschnitt seine Adressaten, seine Hörer, an – und damit letztlich auch die Leser des Buches. Dabei stellt sich Jesaja sofort auf die Seite seiner Adressaten und reiht sich ihnen ein, wenn er ein Wir, ein „uns“ aufblitzen lässt. Jesaja geht es letztlich um die eigene Gegenwart und die seiner Adressaten.

      Der Prophet zieht aus dem zukünftigen Verhalten der Völker die Konsequenzen für sein Hier und Heute. Dabei greift er in seiner Wortwahl, mit der er sich seinen Adressaten zuwendet, bezeichnenderweise auch die Sprechweise unter den Völkern auf: „Haus Jakob, kommt doch! Wir wollen gehen im Licht JHWHs! (Jes 2,5).“ Hat Jesaja soeben noch die künftige Aufmunterung unter den Völkern zur Wallfahrt auf den Berg JHWHs zitiert – „Kommt doch (2,3)!“ –, so macht er daraus einen Appell an sich selbst und an seine Klientel: „Kommt doch! (2,5).“ Hat Jesaja kurz zuvor die Bereitschaft der herbeikommenden Völker wiedergegeben, den Pfaden JHWHs zu folgen: „Wir wollen gehen (2,3)“, so appliziert er jetzt Vergleichbares auf seine Gemeinschaft und auf das, was sie tun solle: „Wir wollen gehen (2,5).“

      Aufschlussreich ist in Jes 2,5 zudem, dass Jesaja den Eigennamen „Jakob“ aufgreift. Die Völker nennen ihr Ziel, den Tempel auf dem Zion, „Haus des Gottes Jakobs“ (2,3). Wie erwähnt, deuten die Völker damit an, wer auch für sie die Gottheit im Heiligtum aufgrund der bekannt gewordenen Geschichte ist. Jesaja spricht nun seine Adressaten als lebendiges „Haus Jakob“ (2,5) an. Die von den Völkern gesuchte Gottheit ist jene, welche mit den Adressaten vor Ort eine gemeinsame Vergangenheit teilt. JHWH hatte sich in der Welt bekundet und dies u.a. auch zugunsten derer getan, die unter dem Signalwort „Jakob“ firmieren. Die so Benannten leben aufgrund von Gottes Handeln auf dem Berg und in Jerusalem. Die künftige Hinwendung der Völker zum „Gott Jakobs“ betrifft – so Jesaja – seine jetzigen Adressaten als „Haus Jakobs“.

      Jesaja erzeugt so im letzten Vers einen Nachklang zum erwarteten Gespräch unter den Völkern. Jesaja lässt zwar verhalten, aber doch gut vernehmbar das lokale Ziel der Völker, ihre religiöse Ausrichtung und ihre ethisch-religiöse Lernbereitschaft nachhallen. Jesaja spielt aber nicht nur mit dem „Echo“ auf die Intentionen der Völker an. Vielmehr spornt er mit dem Appell seine Adressaten dazu an, dass die Vorhaben und Ziele der Völker hier und jetzt „nachhaltige“ Wirkungen in den eigenen Reihen hervorrufen. Die Adressaten werden von ihm dazu gedrängt, sich gegenwärtig „im Licht JHWHs“ aufzuhalten und zu bewegen.

      Bezieht sich Jesaja mit dem „Licht JHWHs“ auf seine eigene Rede kurz zuvor, als er von der „Tora“ und vom „Wort JHWHs“ gesprochen hat (2,3)? Von solch einem Bezug kann man wohl ausgehen. Jesajas Bezugnahme impliziert allerdings einen nicht näher entfalteten Gedankenschritt. Wenn die Tora und

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