Den österlichen Mehrwert im Blick. Группа авторов

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Den österlichen Mehrwert im Blick - Группа авторов Erfurter Theol. Schriften

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wieder auf ihren früheren Stand bringt, damit man sie „Stadt der Gerechtigkeit“ (1,26) nennen kann. Der Vers 1,27 schließlich bezieht Recht und Gerechtigkeit in eine mögliche zukünftige Erlösung ein: „Zion wird durch Recht erlöst, und ihre Umkehrenden durch Gerechtigkeit.“

      Damit ist ein wenig das Kapitel Jes 1 beschrieben, auf dessen Hintergrund die Schilderung der Völkerwallfahrt und Jesajas Appell an seine Adressaten in Jes 2,5 zu stehen kommen. Auf diesem Hintergrund werden an Jes 2,1–5 einige Aspekte sichtbarer. Diese lassen sich in vier Punkten bündeln.

      (1) Von Jes 1,1 bis Jes 2,5 wechseln die Perspektiven auf eine Weise, dass sich ein Kreis schließt. Sieht man von Randerscheinungen ab, so hat sich das erste Kapitel mit dem Binnenraum Israel befasst und ist auf diesen Binnenkreis konzentriert gewesen. Der erste Abschnitt des zweiten Kapitels weitet danach den Blickwinkel und nimmt die Völkerwelt, „alle Nationen“ (2,2), in den Gesichtskreis mit hinein. Nach dieser geweiteten Perspektive kehrt der Schlussvers des Abschnittes 2,5 wieder zum Binnenraum zurück. Ein wichtiger Effekt dieser Perspektivwechsel besteht darin, dass nun der Binnenraum Israel, das lebendige „Haus Jakob“, in eine Horizonterweiterung gebracht worden ist. Spricht Jesaja in 2,5 Israel auffordernd an, muss dieses Israel dabei die künftige Umtriebigkeit in der Völkerwelt mitbedenken.

      (2) Wenn der Vers Jes 2,5 an Israel appelliert, sich im „Licht JHWHs“ aufzuhalten, dann geht dieser Appell nicht einfach davon aus, dass Israel bei einem neutralen Nullpunkt anzufangen hat, als ob nichts gewesen wäre. Kapitel 1 hat gezeigt, dass sich Israel an einem Tiefpunkt befindet. Mit der Metaphorik des Verses 2,5 gesprochen, hält sich Israel noch wie in einer Finsternis auf, dem Gegenpol von Licht, und in keiner bloßen Grauzone. Schuld und Sünde, kultische Defizite und sozialethische Mängel haben Israel von seinem Gott JHWH entfernt und das Gottesvolk belastet. Israel steht vor einem langen Weg ins Licht, den es – wie Jes 1 darlegte – mit JHWHs Hilfe und orientiert am Maßstab Tora und an Recht und Gerechtigkeit beschreiten kann. Die beiden angesprochenen Wege, der der Völker und der Israels, sind einander ähnlich, aber sie sind auch voneinander unterschiedlich. In Zukunft wird die globale Völkerwelt sowohl eine örtliche als auch eine innere Bewegung vollziehen (2,2–4), aber der Binnenraum, das Haus Jakob, möge jetzt eine sehr weitgreifende innere Bewegung vollziehen (2,5).

      (3) Der Binnenkreis Israel weiß durch den geweiteten Gesichtskreis zur Genüge um die hoffnungsvollen und vielversprechenden Chancen für ein Zusammenleben in der Welt. Nationen und Völker werden in einen Friedenszustand eintreten können. Das Aussichtsreiche und Erfolgversprechende für das globale Miteinander werden dem Binnenkreis Israel wie ein Anreiz vor Augen gestellt, selber aktiv zu werden und sich zu bewegen. Was den wallfahrenden Völkern widerfahren soll, kann und darf Israel als anspornende Motivation aufgreifen. Der Gedanke bei der Motivation für den Binnenraum kann etwa so beschrieben werden: Handeln und leben wir als Haus Jakob derart, dass unsere eigene Gemeinschaft dem zukünftigen Friedenszustand und Glück unter den Völkern entspricht! – Falls aber diese Motivation nicht greift, könnte sich zumindest hypothetisch auch ein sehr düsteres Szenario einstellen, das nicht nur Israel, sondern auch die Völkerwelt betrifft:

      (4) Denn der Binnenkreis Israel ist in der literarischen Darstellung von Jes 1,1–2,5 alles andere als eine in seiner Existenz gesicherte Größe. Jes 1 hatte an Vernichtungen von Teilen Israels erinnern müssen. Die Gründe und Auslöser für die Vernichtungen herrschen aber immer noch im verschonten Rest-Israel vor. Falls dieses Rest-Israel weiterhin auf dem sündhaften Stand von Sodom und Gomorra verbleiben würde, droht dann diesem Israel nicht doch noch der Untergang (vgl. 1,20)? Im Falle eines solchen Untergangs könnten die Völker in Zukunft auch keinen bewohnten Zion und keine belebte Stadt Jerusalem mehr aufsuchen. Die kühne Zukunftsvision vom Frieden unter den Völkern hätte dann eine ihrer Grundlagen verloren. Eine Ermöglichung des Völkerfriedens am Zion und in Jerusalem wäre abhandengekommen. Damit ist beim Appell in Jes 2,5 ein weiterer Gedanke präsent. Das Israel am Zion und in Jerusalem, der Binnenkreis, ist vor die Aufgabe gestellt, durch eigenes Aktivwerden den zukünftigen globalen Frieden mit zu ermöglichen und nicht zu verhindern. Dieser weitere Gedanke beim Appell lässt sich in etwa auch so umschreiben: Werden wir als Haus Jakob zu einer Tora-konformen, zu einer gerechten Gesellschaft und dadurch überlebensfähig, damit sich dadurch der Frieden unter den Völkern realisieren kann!

      Die Gedanken in Jes 1,1–2,5 sind eingeflochten in eine richtungsweisende Theologie. JHWH hegt die Absicht, Zion-Jerusalem als Ausgangspunkt für einen weltweiten Frieden einzusetzen. Angesichts und aufgrund dieser göttlichen Absicht hat der Binnenraum Israel nicht allein an die eigenen Belange zu denken und nicht nur um sich selbst zu kreisen. Der Binnenraum muss auch die universellen Pläne seines Gottes mit den Völkern einbeziehen. Wenn Israel durch Toragehorsam seine Existenz schützt, bewahrt Israel zugleich seinem eigenen Gott die Möglichkeit, eine Stätte in der Welt zu haben, von der Tora ausgehen und an der ein Frieden unter den Völkern beginnen kann. Israel wird dann von JHWH eine der Chancen erhalten, mit der er Krieg und Zwist überwinden kann.

      Jes 1,1–2,5 stellt im umfangreichen Jesajabuch eine Art Ouvertüre dar. Die Ouvertüre lässt vieles anklingen, was dann im Buch weiter entfaltet wird. Einzelne Punkte, die für aufschlussreiche oder für überraschende Weiterführungen stehen, seien kurz angedeutet.

       Israel und die Völker

      „Tora“ als eines der Leitworte des Buches kommt im Kapitel 51 das letzte Mal vor. Das Leitwort steht auch hier im erhellenden Zusammenhang: Zion befand sich in einer desolaten Lage. Doch JHWH tröstet Zion und „ihre Trümmerstätten“, und er richtet Zions Umland neu her (Jes 51,3). Die Aufforderungen am Anfang des Buches, die Tora zu befolgen, münden u.a. in Kapitel 51 in einen Toragehorsam unter den Bewohnern am Zion. JHWH kann nun solche anreden, die sich als „Kenner der Gerechtigkeit“ und als „Volk mit meiner Tora im Herzen“ erweisen (51,7). Entsprechend verkündet JHWH das Ende von Not und die Beständigkeit seines Heils (51,7–8). Erhoffte der Buchanfang, dass die Tora die Völker erreichen wird, erfüllt sich solches u.a. auch hier. Denn innerhalb der Darstellung vermeldet JHWH seinem Volk: „ [...] Tora wird von mir ausgehen und mein Recht als Licht der Völker [...] Meine Gerechtigkeit ist nahe, mein Heil ist hinausgegangen, und meine Arme verschaffen den Völkern Recht“ (51,4–5). Standen in der Ouvertüre die Tora für Israel und die Tora für die Völker eher unverbunden nebeneinander, so sind nun beide einander näher gerückt. Der Toragehorsam im Inneren geht mit einer heilsamen Wirkung der Tora in der Völkerwelt einher.

      Höchst beachtlich ist nun, dass die Völker Israel in seiner Zusammensetzung verändern können: Das Jesajabuch setzt viele historische Veränderungen einfach voraus. In einer Phase gelangten ‚Israeliten’ außerhalb ihres Ursprungslandes. Sie weilen dann im Exil (Babylon) oder leben in einer Diaspora. Die Rückkehr dieser Israeliten zum Zion wird so im Buch zum Thema (vgl. Jes 48,20; 52,11–12; 55,12–13), zudem wird auch ein Zug der Völker zum Zion thematisiert, bei dem sie Nachfahren der Israeliten mitbringen (vgl. 60,5). Anscheinend passend zu diesem Hin und Her nimmt das Buch JHWH-Verehrer aus anderen Völkern in den Blick und problematisiert die Stellung dieser Verehrer im Gottesvolk Israel. Das Buch spiegelt dabei eine Auseinandersetzung im Inneren der Gemeinde Israels wider: Wer darf zur Gemeinde gehören und wer nicht? Die Auseinandersetzung spaltet die Gemeinde Israel. Eine entscheidende Gruppe im Buch Jesaja sieht die Mitgliedschaft von JHWH-Gläubigen aus den Völkern in der Gemeinde Israel als angemessen und richtig an, und die Gruppe kann sich auch auf Worte JHWHs berufen. Die Zulassung zur Gemeinde darf nicht davon abhängen, welche ethnische Herkunft jemand hat. Entscheidend sind zuerst das ethische Verhalten, die Beachtung des Sabbats, das Bekenntnis zu JHWH (vgl. 56,1–8) und die Abkehr von Fremdgottverehrungen (vgl. 66,17). Von JHWH her gilt, dass sein Tempel auf dem Zion „ein Haus des Gebetes für alle Völker genannt werden soll“ (56,7; vgl. 1Kön 8,41–43) und dass an dieser Stätte Fremde werden wohlgefällig opfern können. Das Finale des Buches unterstreicht diese Auffassung von einer offenen Israel-Gemeinde und schreibt sie buchintern fest: Hier gehen JHWHs Worte erneut auf einen gottgefälligen Kult und angemessenen Gottesdienst ein (Jes 66,20–23). „Alles Fleisch“ wird nach Jerusalem

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