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Bilderwechsel - Группа авторов Fuldaer Hochschulschriften

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Dörfern die Entwicklung mancher Jugendlicher behindere und es auch deswegen zu Abwanderungen in die Stadt komme. Ich gebe diese Anregung gern weiter, wenngleich ich der Meinung bin, dass die Brisanz der sozialen Kontrolle auf dem Lande gegenüber den 1950er und 1960er Jahren stark abgenommen hat.

      f) Zu wenig Integration von Aussiedlern und Zugewanderten

      Die Integration von Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion und anderen Zugewanderten aus dem Ausland hat zwar hier und dort Fortschritte gemacht, dennoch sind nach wie vor große Defizite zu beobachten. Sprechen Sie mit Vereinsvorständen, hören Sie von vielfach vergeblichen Bemühungen um die Integration von Jugendlichen in die Vereine. Sehen Sie das oft distanzierte Verhalten der Zugezogenen auf den dörflichen Festen. Gegenseitige Vorbehalte und Ängste prägen nach wie vor das Miteinander. Meist fehlt die Motivation, aufeinander zuzugehen. Oft ist der Wille da, aber offenbar scheint die Kraft zu fehlen, sich wirklich einander zu nähern.

      g) Zu wenig Netzwerke bzw. Kommunikation zwischen Vereinen, Bürgern und Behörden

      Der Informationsaustausch und der Dialog zwischen Vereinen, Bürgern und Behörden haben deutliche Schwächen. Vereine fühlen sich z. B. angesichts ihrer Aufgabenfülle und mancher Sorgen von den Bürgermeistern, Ortsvorstehern, Gemeinderäten sowie der Kommunalverwaltung vernachlässigt, obwohl diese ja eigentlich ein offenes Ohr für die Vereine haben. So lautete ein verzweifelter Hilferuf eines Sportfunktionärs in einer ländlichen Großgemeinde: „Herr Bürgermeister, übernehmen Sie die 1200 Kinder und Jugendlichen, die Woche für Woche von uns in den Sportvereinen trainiert und betreut werden.“ Bisher nicht engagierte Bürger würden sich vielleicht zu einer Mitarbeit motivieren lassen, aber es fehlen ihnen die richtigen Informationen und Ansprachen. Manche Aufgaben eines Dorfes, die sozusagen „zwischen“ den klassischen Aufgaben der verschiedenen Vereine liegen, z. B. die Leerstandsproblematik oder die Integration von Aussiedlern, werden zu wenig wahrgenommen bzw. konkret angegangen.

      3. Konkrete Handlungsfelder eines Fitnessprogramms für die Zukunft

      In die folgenden konkreten Handlungsfelder sind sowohl Analysen der verschiedenen Wissenschaften als auch Erfahrungen und Modellprojekte aus der Praxis eingeflossen, die im ganzen Bundesgebiet derzeit bekannt sind und diskutiert werden. Darüber hinaus habe ich in den letzten Monaten zahlreiche einschlägige Gespräche mit Vertretern aus der Wirtschaft, aus Kommunen und Vereinen geführt. Eine Zusammenfassung in zehn Punkten muss natürlich manches weglassen, andererseits sind viele Punkte miteinander verknüpft. Natürlich offenbart sich bei einer so komplexen ökonomisch-kulturell-sozialen Thematik – mit einem Blick in die Zukunft – auch meine persönliche Sicht. Bitte betrachten Sie daher meine Empfehlungen nicht als das Dogma eines unfehlbaren Wissenschaftlers, sondern als Angebot zum Nachdenken und zum Dialog! Manche der folgenden Handlungsempfehlungen sind im Übrigen längst angegangen worden.

      a) Revitalisierung der Ortskerne

      Die bauliche, infrastrukturelle und soziale Revitalisierung der Ortskerne halte ich für eine der wichtigsten, wenn nicht für die wichtigste Aufgabe der Kommunalpolitik und der Fachpolitiken. Das Thema ist aktuell und brisant; aber auch die Wahrnehmungsschwäche. Kollegen aus dem Baden-Württembergischen Ministerium für den ländlichen Raum berichten von ihren ersten Gesprächen mit den Bürgermeistern: „Wir haben keinen Leerstand“ war die erste Reaktion. Aber letztlich betrug der Leerstand überall zwischen 20 und 35 Prozent. Mehrere Bundesländer haben inzwischen ihre Förderprogramme komplett umgestrickt auf Leerstandserfassungen und Umnutzungskonzepte und -maßnahmen, z. B. Baden-Württemberg, Saarland, Hessen, Bayern, Thüringen. Zwei Ziele will man mit der Fokussierung auf die Ortskerne erreichen: Man will die identitätsstiftende Mitte stärken und damit dem Verfall der Baukultur und der Versorgungseinrichtungen begegnen; zum anderen will man einen Beitrag zur Eindämmung des Landschaftsverbrauchs an den Rändern leisten. Das Land Baden-Württemberg nimmt derzeit viel Geld in die Hand für Leerstandserhebungen, dann aber vor allem für Beratung und Hilfestellung der Eigentümer der leer stehenden Immobilien. Hier können wir eine ganze Menge lernen. Die ersten Erfolge in den 13 Modellgemeinden sind bereits sichtbar. So sind in dem kleinen Dorf Creglingen-Münster binnen 5 Jahren 24 Maßnahmen verwirklicht worden mit bereits positiver Wirkung auf die Einwohner- und Kinderzahlen.

      b) Ökonomische Stabilisierung

      Es geht hier vor allem um eine ökonomische Stabilisierung des Vorhandenen in der ganzen Region, besonders aber auch in den gegenwärtig strukturschwächeren und „peripheren“ Orten und Gemeinden. Ein Bündel von Handlungsfeldern ist zu empfehlen:

      – Einmal sollte die Wertschöpfung der vorhandenen Ressourcen verbessert werden: Holz und Wasser als Energielieferanten und Rohstoffe, guter Boden für Ackerbau, Viehzucht und Energiepflanzen.

      – Aufträge der öffentlichen Hand sollte man in der Region belassen.

      – Bürokratieabbau seitens der Kommunen, der Kammern, der Genehmigungs- und Förderungsbehörden sollte energisch angegangen werden.

      – Man sollte eine vorausschauende Gewerbeflächenpolitik betreiben!

      – Von größter Bedeutung sind die sogenannten „weichen“ Faktoren wie: ein wirtschaftsfreundliches Klima schaffen, z. B. durch regelmäßige Besuche von Bürgermeistern, Ortsvorstehern sowie Verwaltungsbeamten in den Betrieben, Kontakte mit Schulen. Gut für die Kontaktpflege und Imagestärkung sind auch die Regionalmessen.

      c) Infrastruktur sichern, eventuell „vorhalten“ oder ausbauen

      Hier geht es im Wesentlichen um die Sicherung eines immer noch hohen Standards der Infrastruktur. Im Einzelnen findet sich ein weites Feld an Aufgaben:

      – Das sogenannte „Vorhalteprinzip“ ist gerade im neuen Landesentwicklungsprogramm Bayerns aufgenommen worden. Ziel ist es, Versorgungseinrichtungen wie z. B. Schulen oder Kindergärten zu halten, auch wenn diese nicht mehr voll ausgelastet sein sollten.

      – Neue Formen der flexiblen Versorgung sind zu finden, z. B. Zusammenschlüsse von Schulen und Kindergärten, um lokale Standorte zu halten: Schulverbund statt Schließung lautet das positive Motto.

      – Alle Arten der privaten Trägerschaft von Infrastruktureinrichtungen, z. B. in Vereinen, Stiftungen oder privaten Diensten, sind zu unterstützen.

      – Der ÖPNV sollte möglichst auf dem derzeit hohen Standard gehalten werden.

      – Modellprojekte wie Nachbarschaftsladen, MarktTreff oder KOMM IN, die öffentliche und private Dienstleistungen in Dörfern anbieten, sollten gefördert werden!

      d) Lebendigkeit und Wirksamkeit der dörflichen Vereine sichern und fördern

      Die hohe Vereinsdichte und die große Akzeptanz der Vereine sind ein ganz wesentlicher Bestandteil der ländlichen Lebenskultur. Hier werden in kaum messbaren Dimensionen – ehrenamtlich – vielfältige Leistungen der Ausbildung und Betreuung, z. B. im sportlichen oder musikalischen Bereich, erbracht und außerdem mannigfache Integrationsleistungen, die noch schwerer zu gewichten sind.

      Aber es gibt derzeit auch viele Unsicherheiten und Frust in den Vereinen und Verbänden, die Bürgern und Politikern teilweise nicht bekannt sind, die aber zu Erosionen führen können. So lassen sich immer schwerer Mitarbeiter gewinnen bzw. über Jahre halten. Andererseits steigen die Anforderungen sowohl hinsichtlich der Betreuung als auch der Breite der Angebote. Früher gab es

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