Tatort Oberbayern. Jürgen Ahrens

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Tatort Oberbayern - Jürgen Ahrens

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auf Katharinas legere Kleidung, dann auf den Schrank, in dem sie »Termin«-Klamotten ihrer Freundin aufbewahrte. »Bevor du zu Adelhofer gehst, solltest du noch mal bei mir vorbeischauen.« Katharina nickte brav und ging, um sich durch Birgits Bergwinter-Recherchen zu arbeiten.

      Punkt 15 Uhr stand sie perfekt gekleidet vor beautiful Roberts Assistentin. Birgit hatte sie in eine hippe, enganliegende dunkelblaue Jeans, ein hellblaues Shirt und eine braune Lederjacke gesteckt. Die Locken waren zu einer schicken Frisur hochgesteckt. Katharina konnte also dem blondierten und mit Sicherheit nicht nur an einem Körperteil mit Botox behandelten Geschöpf, das sie feindselig musterte, entspannt gegenübertreten. Sie hätte den Ablauf des Gesprächs vorhersagen können, so oft hatte sie diesen Typ Frau in Vorzimmern angetroffen. Diese hier hatte tief in die Schminkschatulle gegriffen, die durchscheinende weiße Bluse war eine Nummer zu klein und die oberen Knöpfe standen so weit offen, dass sie bei jedem Vorbeugen freizügige Einblicke gewährte. Nachdem Katharina auf ihren Termin mit Adelhofer hingewiesen hatte, kam wie auf Kommando: »Herr Adelhofer ist heute leider den ganzen Tag nicht zu sprechen.«

      Katharina spulte routiniert die Antwort ab: »Ach wirklich? Das ist schade. Es ist wohl etwas Ernstes dazwischengekommen. Ich hätte doch auf seinen Vorschlag eingehen sollen, dass wir uns auf ein Glas Wein treffen. Aber ich wollte einem viel beschäftigten Mann nicht seine wenige freie Zeit rauben.«

      Verblüffung und Unverständnis zeichneten sich im Gesicht des Vorzimmerdrachens ab – was allerdings wegen der unterspritzten Gesichtsteile seltsam anmutete.

      »Dann gehe ich, auf Wiedersehen. Falls Sie ihn sprechen sollten, sagen Sie ihm, ich melde mich später.«

      Botoxine hatte ihre Fassung wiedererlangt und schnauzte: »Ich habe doch deutlich gesagt, dass Herr Adelhofer den ganzen Tag nicht zu erreichen ist. Daher hilft es auch nichts, wenn Sie sich nachher noch mal melden.«

      Katharina lächelte nachsichtig: »Oh, entschuldigen Sie bitte, ich habe mich nicht klar ausgedrückt. Sagen Sie ihm, ich melde mich nachher auf seinem privaten Handy, dann muss ich Sie nicht ein weiteres Mal belästigen. Das ist bestimmt unangenehm für Sie, wenn Herr Adelhofer Sie nicht über Termine unterrichtet, die er vereinbart. Ich überlasse Sie wieder Ihren Aufgaben, vergessen Sie mich einfach. Ich kann Herrn Adelhofer nachher ja sagen, dass man so nicht mit seiner Assistentin umgehen kann.« Katharina zwinkerte der Blondie verschwörerisch zu.

      In diesem Moment klingelte ihr Handy. Robert Adelhofer! »Hallo, meine schöne Lieblingsjournalistin, sind Sie in meinem Büro?«

      »Sagen wir besser, vor Ihrem Büro«, präzisierte Katharina.

      »Oh, verstehe, dann befindet sich vor Ihnen das unüberwindliche Hindernis Frau Perlmaier, das tut mir leid. Ich habe vergessen, ihr unseren Termin mitzuteilen. Sie soll Sie in mein Büro lassen, ich bin in fünf Minuten da.«

      »Das sagen Sie ihr besser selbst.« Mit diesen Worten reichte Katharina ihr Handy an Frau Vorzimmer-Perlmaier weiter. Fasziniert beobachtete sie, dass die Dame an jedem Finger der rechten Hand einen, manchmal sogar zwei Ringe trug.

      »Mach ich, Chef. Allein? Echt? Wie Sie meinen.« Perli gab das Smartphone an Katharina zurück. Beleidigt zeigte sie auf die schicke Plexiglastür hinter sich und sagte kurz: »Sie sollen auf ihn warten. Wollen Sie einen Kaffee?«

      »Oh, danke, dass Sie so freundlich fragen, aber nein, lieber nicht. Ich hatte heute schon genug Kaffee.«

      Katharina strahlte Frau Perlmaier an und ging an ihr vorbei in Robert Adelhofers riesiges Büro. Darin: ein überdimensionaler halbrunder Schreibtisch, darauf ein iPad. An den Wänden unzählige Fotos von Adelhofer – in der Sendung, mit Fans, in Talk-Runden, mit seinen Eltern, vor dem Adelhofer-Hof und natürlich ein riesiges Bild vom Cover seines Buches. Die diversen Fotos mit seinem Bruder waren alle mit einem schwarzen Trauerband versehen. Bilder von Robert in den Bergen gab es keine.

      Zu einer Lounge in Grau gehörte ein bemerkenswerter Tisch: Der Fuß war die Nachbildung eines Berges, auf dem Gipfel war eine dicke Glasplatte aufgeschraubt. Ein Alpentisch für den Alpenneurotiker? Interessant, befand Katharina und ging zu dem Fenster, aus dem Adelhofer von seinem Schreibtisch aus schauen konnte. Das Gebäude, in dem er seine Produktionsfirma hatte, befand sich im zwölften Stock eines Hochhauses in der Nähe des Stachus – beste Münchner Lage. Vom Fenster schaute man Richtung Norden über die Fußgängerzone, die Feldherrenhalle bis zur Erlöserkirche an der Münchner Freiheit.

      Während Katharina überlegte, in der Lounge auf Adelhofer zu warten, piepte das iPad auf seinem Schreibtisch. Ohne groß zu überlegen, ging sie an den Tisch und nach einem Klick konnte sie lesen: »Wie du siehst, habe ich deinen privaten E-Mail Account. Ich empfehle dir dringend, dich an die Vereinbarungen zu halten.«

      Keine Unterschrift und auch die E-Mail-Adresse gab keinen Hinweis auf den Absender: [email protected]. Katharina schoss schnell ein Handy-Foto und schickte es an Birgit. Dann ging sie Richtung Lounge und setzte sich auf einen der Sessel. Kurz darauf öffnete sich die Tür. Adelhofer kam herein. Hinter ihm warf Botoxine noch mal einen giftigen Blick Richtung Katharina.

      »Hallo, liebe Frau Langenfels, wie schön. Warum haben Sie keinen Kaffee?«

      »Ich wollte keinen, danke, Herr Adelhofer.« Katharina erwiderte Adelhofers Händedruck, der fest und selbstsicher war. Er setzte sich ihr gegenüber und schaute ihr so eindringlich in die Augen, dass Katharina froh war, den Sessel gewählt zu haben.

      »Toller Tisch.« Katharina deutete auf den verglasten Berg. Kurzes Zucken in Roberts Gesicht.

      »Finden Sie? Na ja, das war ein Geschenk meines Teams nach meiner ersten ›Krise‹-Sendung. Symbolisch nach dem Motto: ›Du hast den Berg erklommen.‹« Adelhofer schaute sie prüfend an. »Sie fragen sich bestimmt, wie das zu meiner Phobie, was Berge betrifft, passt: Auf den muss ich nicht rauf, der steht nur rum.«

      »Nein, deswegen habe ich nicht gefragt. Ich fand eher das Design interessant. Und zu Ihrem Lebensthema passt der Tisch in jedem Fall. Welcher Berg ist es? Ich kenne mich da nicht gut aus.«

      Robert Adelhofer grinste. »Müssen Sie auch nicht. Ich kann Sie beruhigen, diesen Berg gibt es nicht, ein Phantom quasi.«

      Katharina lächelte.

      »Los geht’s, Frau Langenfels. Fragen Sie, fragen Sie nach Herzenslust, was Ihnen hilft für eine gute Story.« Adelhofer sah wie aus dem Ei gepellt aus, trug ein teures rot-weiß kariertes Hemd, dazu edle, lässig wirkende graue Designerjeans und an Haferlschuhe erinnernde Halbschuhe, vermutlich handgemacht. Botoxperli im Vorzimmer war bestimmt ganz wild auf ihren Robert.

      »Danke, dass Sie sich noch mal die Zeit nehmen. Ich würde gern ein bisschen mit Ihnen über Ihre Kindheit sprechen, über Sie und Ihren Bruder, Ihre Liebe zu den Bergen und wie es zu der Idee mit dem Bergwinter kam.«

      »Kein Problem, Frau Langenfels. Vom Lukas erzähle ich besonders gern, weil er so ein lieber Kerl war. Und das sag ich nicht bloß, weil er tot ist. Wir waren nicht nur Brüder, sondern die besten Freunde, wir haben alles zusammen gemacht. Am liebsten sind wir in die Berge, im Sommer, im Winter, Hauptsache in die Berge. Als wir noch klein waren mit der ganzen Familie, und später nur noch wir zwei. Ich glaube, es gibt keinen Berg im Chiemgau, auf dem wir nicht oben waren, und in Bayern nur wenige. Nachdem wir selbst Auto fahren durften, hat sich unser Radius natürlich vergrößert, wir sind mal übers Wochenende weg, mal für eine ganze Woche. Mit Übernachtung auf Hütten oder einfach im Schlafsack unterm Sternenhimmel – ganz romantisch, verstehen Sie, Frau Langenfels?« Er zwinkerte Katharina verschwörerisch zu.

      »Und

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