evaluiert (E-Book). Lars Balzer

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evaluiert (E-Book) - Lars Balzer

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aufbauend Theorien aufzustellen bzw. zu testen sowie auf möglichst unterschiedliche Personengruppen, Zeitpunkte, Situationen und geografische Räume zu verallgemeinern. Grundlagenforschung kann praktisch nützlich sein, aber ihre Nutzung ist zufällig und ungeplant: «Basic research may be useful, but its use is accidental and unplanned» (Vedung, 2004, S.118).

      Bei Evaluationen geht es hingegen selten um Theoriebildung. Es geht ihnen primär, wie auch Ansätzen der anwendungsbezogenen Forschung, um instrumentellen Nutzen für bestimmte Stakeholder in einem konkreten Kontext (vgl. Beywl, Künzli, Messmer & Streit, 2015). Das durch Informationen gesicherte Handeln in der Praxis steht im Vordergrund. Die Ergebnisse sollen binnen kurzer Frist handlungsrelevant und verwertbar sein:

       «Zur Evaluation wird empirische Wissenschaft […] durch ein spezifisches Erkenntnis- und Verwertungsinteresse»

      (Kromrey, 2001, S.112).

      Generalisierbarkeit von Ergebnissen spielt bei Evaluationen selten eine Rolle, denn Nutzen soll für konkrete Maßnahmen oder Programme erzielt werden. Evaluation kann analog zur Erwachsenenpädagogik als «Handlungswissenschaft» bezeichnet werden.

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      SCHLÜSSELAUSSAGE

      Forschung im Bereich Bildung will möglichst verallgemeinerbare Erkenntnisse über Lernendentypen, Mechanismen des Lernens, Zusammenhänge von Bildungsinstitutionen, Lernarrangements und Lernmethoden, Strategien der Bildungsfinanzierung etc. erzielen, will diese auf Theorien und Begriffssysteme abstützen und gesicherte verallgemeinerte Erkenntnis in der wissenschaftlichen Gemeinschaft der Bildungsforschenden vorantreiben.

      Bildungsevaluation will für konkrete, raumzeitlich meist begrenzte Bildungsprogramme, -studiengänge oder -kurse bestimmter Bildungsanbieter oder -träger und auf deren Informationsbedarfe zeitgenau abgestimmte Daten, Schlussfolgerungen und Bewertungen bereitstellen, sodass jene Akteure Grundsatzentscheidungen treffen, Rechenschaft ablegen oder Optimierungsschritte einleiten können.

      Im zweiten Fall ist präzise vorausgedacht, wozu und wann sowie über welche Kommunikationskanäle und Schnittstellen die Ergebnisse der Evaluation genutzt werden sollen: Leviton und Hughes (1981, S.528) nennen diese Art der vorgesehenen Nutzung «instrumentell». Auf die damit verbundenen Evaluationszwecke wird später ausführlich eingegangen (Kapitel 6.1).

      Evaluation am Beispiel des Bildungsbereiches ist die Sammlung und Nutzung von Informationen, um über ein Bildungsprogramm Entscheidungen zu treffen, wie einer der Pioniere der Bildungsevaluation schreibt:

       «[…] collection and use of information to make decisions about an educational program»

      (Cronbach, 1963, S.672).

      Dass die Nutzung von Evaluationsergebnissen zwar theoretisch gefordert, aber praktisch nicht immer vollzogen wird, unterstreicht Patton, indem er der allgemeinen Programmevaluation ein Konzept gegenüberstellt, welches einen vorgesehenen Evaluationsnutzen für vorgesehene Nutzende zugrunde legt:

       «Utilization-focused program evaluation (as opposed to program evaluation in general) is evaluation done for and with specific, intended primary users for specific, intended uses»

      (Patton, 2008, S.37).

      Auf welcher Basis? – Die Evaluationskriterien

      Das nachfolgende Zitat von Weiss, die zu den herausragenden Evaluationstheoretikerinnen des letzten Jahrhunderts zählt, betont die Wichtigkeit des Bewertens auf Basis von Bewertungskriterien. Sie definiert Evaluation als eine systematische Bewertung der Durchführung und/oder der Resultate eines Programms oder einer Politik auf der Basis einer Reihe von expliziten oder impliziten Normen – und dies als Mittel zur Förderung der Verbesserung des Programms oder der Politik:

       «Evaluation is the systematic assessment of the operation and/or the outcomes of a program or policy, compared to a set of explicit or implicit standards, as a means of contributing to the improvement of the program or policy»

      (Weiss, 1998a, S.4).

      Indem Evaluation als nicht direkt zu einer Bewertung führend, sondern zunächst als die Identifikation, Klärung und Anwendung von belastbaren Kriterien definiert wird, um daraufhin den Wert (Güte und Tauglichkeit) eines Gegenstandes in Bezug auf diese Kriterien zu bestimmen, werden die Bewertungskriterien stark betont:

       «[…] we define evaluation as the identification, clarification, and application of defensible criteria to determine an evaluations object’s value (worth and merit) in relation to these criteria»

      (Fitzpatrick, Sanders & Worthen, 2012, S.7).

      Stufflebeam und Coryn definieren Evaluation als einen systematischen Prozess der Bestimmung, Beschaffung, Berichterstattung und Nutzung von beschreibenden und bewertenden Informationen. Dabei benennen sie die sieben Kriteriendimensionen Güte, Tauglichkeit, Integrität (Rechtschaffenheit/Redlichkeit), Umsetzbarkeit, Sicherheit, Bedeutsamkeit und/oder Gerechtigkeit, auf deren Basis die Beschreibung und Bewertung des Evaluationsgegenstandes erfolgt:

       «[…] evaluation is the systematic process of delineating, obtaining, reporting and applying descriptive and judgemental information about some object’s merit, worth, probity, feasibility, safety, significance and/or equity»

      (Stufflebeam & Coryn, 2014, S.12).

      Evaluation als Wissenschaft!

      Patton argumentiert, dass Evaluation als Wissenschaft angesehen werden kann. Das Ziel von Wissenschaft sei es zu verstehen und zu erklären, wie die Welt funktioniert. Die Besonderheit der Evaluation bestehe darin, klären zu wollen, wie und wie gut Programme, Maßnahmen oder Interventionen funktionieren, die Veränderungen – zu ergänzen wäre: Stabilisierungen – auslösen sollen. Der Evaluation als Wissenschaft liegt eine systematische Vorgehensweise zur Bestimmung von Güte, Wert, Tauglichkeit, Nutzen und Bedeutsamkeit des Evaluationsgegenstandes zugrunde, die sich an wissenschaftliche Normen hält, zu denen die Anwendung von Logik, die Verwendung transparenter Methoden, die Überprüfung der Ergebnisse und die Bereitstellung von Belegen und expliziten Begründungen gehören, um vernunftgemäße Interpretation, Bewertung und Beurteilung zu unterstützen.

       «Evaluation science is systematic inquiry into how, and how well, interventions aimed at changing the world work. Evaluation science involves systematic inquiry into the merit, worth, utility, and significance of whatever is being evaluated by adhering to scientific norms that include employing logic, using transparent methods, subjecting findings to review, and providing evidence and explicit rationales to support reason-based interpretation, valuing, and judgment»

      (Patton, 2018a, S. 187).

      Im Vergleich von Evaluation und Forschung ergibt sich darüber hinaus ein für die Praxis höchst relevanter, geradezu dramatischer Punkt: «Grundlagenforschung darf sich ‹irren›. Damit ist gemeint: Hypothesen, die als Ausgangspunkt gewählt werden, dürfen sich im Verlauf der Forschung als falsch erweisen. […] Deren informationsreiches Scheitern ist nicht selten der Startpunkt für grundlegende Erkenntnisse, die eine neue Forschungslinie begründen» (Kromrey, 2003, S.98).

      Eine solche, die Fehlbarkeit preisende Haltung gefährdet hingegen Legitimität und Akzeptanz von Evaluation:

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