4K und digitale Kompetenzen (E-Book). Manfred Pfiffner
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Es sind nicht nur einzelne Unternehmen, wie zum Beispiel die Druckerei Monoprint, die sich dem digitalen Wandel stellen müssen, sondern auch ganze Branchen, wie beispielsweise der Einzelhandel. Die Veränderungen machen sich schon heute in den Verkaufsformen, im Kundenkontakt und in der Logistik bemerkbar. Neue und innovative Konzepte sind gefragt und diese Herausforderungen machen auch vor der Ausbildung des Verkaufspersonals nicht halt, die ebenfalls neu ausgerichtet werden muss. Das Reformprojekt «verkauf 2022+» unter der Leitung von «Bildung Detailhandel Schweiz» (BDS) beschäftigt sich genau mit dieser Thematik.
2.3.2 UNIVERSITÄTSTEAM
Das Team einer mittelgroßen Universität, bestehend aus zwei älteren Professoren, einer jüngeren Professorin und zwei Lehrstuhlassistenten, wollte seine Ideen nicht nur wissenschaftlich verarbeiten, sondern auch kommerziell vermarkten. Alle waren begeistert in das Projekt eingestiegen, trotzdem wollte es mit dem Start nicht so recht funktionieren. Aus diesem Grund entschlossen sie sich, die Leistungsfähigkeit ihres Teams mithilfe der Culture Map zu analysieren. Der Kulturcheck des Teams ergab, dass die Farben Gelb, Aqua und Grün in großem Maße überwogen. Der gelbe Elan der Wissenschaftler war die Grundlage ihres Vorhabens. Innerhalb von mehreren Monaten hatten sie eine große Menge an Daten gesammelt und in einer Datenbank zusammengestellt, was für potenzielle Kundinnen und Kunden wichtig sein könnte. Ihr gelber Wissensdurst schöpfte sich aus der aquafarbenen Mission: Das Team war überzeugt, dass von seinem Projekt nicht nur andere Unternehmen profitieren würden, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten und damit unzählige Studierende. Das grüne Hexagon ergab sich aus den vielen und breit geführten Diskussionen in wochenendlangen Workshops. Bei hervorragender Stimmung wurden die Themen aus allen erdenklichen Perspektiven betrachtet.
Das Kulturmuster führte dem Team vor Augen, dass es ihnen an einem orangen und roten Standbein mangelte, um am Markt erfolgreich Fuß fassen zu können. Ihre theoretisch fundierten Konzepte konnten ohne orangen Pragmatismus und rote Entschlossenheit praktisch nicht umgesetzt werden, denn dazu hätten sie ihre Aktivitäten priorisieren und langwierige Diskussionen unterbrechen müssen. Das wenig vorhandene Blau und Violett war verantwortlich dafür, dass die Teilprojekte statt realisiert immer wieder aufs Neue hinterfragt wurden.
Das Team änderte folglich seine Arbeitsweise: Anstatt im ganzen Team an allen Aufgaben zu arbeiten, wurden diese aufgeteilt und ein Teammitglied übernahm die Verantwortung für ein gewisses Aufgabenpaket. Die Workshops am Wochenende fanden nur noch zweimal im Jahr statt und wurden durch Abstimmungskonferenzen ersetzt, an denen verbindliche Ziele festgelegt wurden. Das Zeitmanagement wurde bewusst knapp bemessen, damit die Gefahr ausufernder Diskussionen gebannt werden konnte.
Dem Universitätsteam wurde bewusst, dass die neue Arbeitsweise nicht mehr so gemütlich war wie die alte, denn die Entscheidungen des Teams genügten nicht mehr immer den gewohnt hohen wissenschaftlichen Ansprüchen. Im Gegenzug etablierte sich damit letztlich eine Teamkultur, die dem Projekt zu einer erfolgreichen Umsetzung verhalf (vgl. ebd., S. 178–180).
2.3.3 KULTURWANDEL IN DER BERUFSBILDUNG
Wie die Verantwortlichen der beiden geschilderten Organisationen erkannte auch der Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung der Pädagogischen Hochschule Zürich, Christoph Städeli, dass die Studiengänge der Abteilung nach rund zehn Jahren inhaltlich neu ausgerichtet werden mussten, um den Megatrends und den damit verbundenen Kompetenzen für das 21. Jahrhundert gerecht zu werden. Saskia Sterel, Dozentin Fachdidaktik, und Manfred Pfiffner, Inhaber der Professur Berufspädagogik, sollten ein neues Konzept entwickeln. Die beiden orientierten sich an der Frage, die die National Education Association (NEA) aufgeworfen hatte: «All educators want to help their students succeed in life. What was considered a good education 50 years ago, however, is no longer enough for success in college, career, and citizenship in the 21st century» (NEA 2012 S. 3). Die aus der Befragung der NEA hervorgehenden 4K – Kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation (vgl. ebd.) –, die in Kapitel 3 ausführlich erklärt werden, erwiesen sich als richtungsweisend, um die Studiengänge neu zu formieren. Da die einzelnen Module der Studiengänge bisher nicht groß miteinander verzahnt waren, sollte das Studium künftig verstärkt eine Einheit bilden. Also wurden die Curricula überarbeitet und die berufskundlichen Studiengänge «Berufskundlicher Unterricht» (BK), «Information, Kommunikation und Administration» (IKA) und «Unterrichten an höheren Fachschulen» (HF) und der Studiengang «Allgemeinbildender Unterricht» (ABU) zusammengelegt. Damit sollte die fachübergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden. Die Entwicklerin und der Entwickler des 4K-Modells sind der festen Überzeugung, dass Berufsfachschullehrpersonen, die fächerübergreifendes und fächerverbindendes Lernen ermöglichen, ihre Lernenden auf den Umgang mit vielschichtigen Herausforderungen in Beruf, Gesellschaft und Privatleben vorbereiten. Dann stellte sich konkret die Frage, wie sich die 4K für die Studierenden im Studium manifestieren sollen. Denn ähnlich, wie die von Sagmeister (2016) formulierte verborgene Ebene der Kultur unter der Wasseroberfläche galt es für die 4K «über der Wasseroberfläche» konkrete Lerngefäße zu schaffen, in denen kritisch gedacht und Probleme gelöst, kommuniziert, kooperiert sowie kreativ-innovativ gearbeitet werden kann.
Es folgt eine kurze Erläuterung des 4K-Modells, das die Pädagogische Hochschule Zürich seit 2018 mit Erfolg umsetzt.
2.4 BEDARF FÜR AUSBILDUNGSINSTITUTIONEN
Die Pädagogische Hochschule Zürich hat das 4K-Modell zum Studienmodell der Ausbildungsgänge der Lehrpersonen sämtlicher Berufsbildungsstufen gemacht. An diesem Modell orientieren sich die Lehr- und Lernprozesse in den fachdidaktischen Modulen, die (neben den fachwissenschaftlichen Modulen) einen von zwei wöchentlichen Studientagen umfassen. Das Modell ist vor allem darauf ausgerichtet, dass die Studierenden mehr Selbstverantwortung für ihre eigene Ausbildung übernehmen. Auch hier kann wieder auf Sagmeister (2016) Bezug genommen werden: Er stellt fest, dass eines der erfolgreichsten und beliebtesten Managementkonzepte das Management by Objectives and Self-Control (MbO)[2] ist. Danach werden Unternehmensziele auf die Verantwortungsträger heruntergebrochen, damit jedes Mitglied des Unternehmens etwas zum gemeinsamen Ziel beitragen kann. Der erste Teil dieses Konzeptes wird in der Regel umgesetzt, indem Zielvorgaben top-down formuliert werden. Der zweite Teil geht leider häufig vergessen: das Führen mit Zielen im Kontext der Selbststeuerung von leistungsbereiten und motivierten Mitarbeitenden. Die Menschen in einer Organisation sollen nicht nur Ziele haben, sie sollen die Möglichkeit erhalten, diese eigenständig umzusetzen (vgl. ebd., S. 192). Auch die Ziele der Ausbildung angehender Lehrpersonen der Berufsbildung sind vorgegeben: Es sind elf Handlungsfelder, wobei für jedes Feld Kompetenzen definiert wurden. Die Umsetzung erfolgt über weite Strecken selbstorganisiert und selbstgesteuert, denn Lernen ist ohne Selbstorganisation und Selbststeuerung undenkbar (vgl. Sterel, Pfiffner & Caduff 2018, S. 160; Caduff & Pfiffner 2016).
Die Studierenden der Studiengänge ABU und Berufskunde arbeiten fast immer zusammen – sie hören Inputreferate, bilden Lerntandems oder treffen sich in Koping-Gruppen (Kommunikative Praxisbewältigung in Gruppen). Auf diese Weise werden Kooperation und Kommunikation in der fächerübergreifenden Arbeit unterstützt. Der hohe Anteil an selbstorganisiertem und selbstgesteuertem Lernen fördert und verlangt Kreativität und Innovation, während Reflexionsphasen kritisches Denken und Problemlösen anregen. So dokumentieren die Studierenden ihren Lernweg, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse des Studiums in einem E-Portfolio. Dessen Ausgangspunkt bildet eine Standortbestimmung zu Beginn des Studiums und jeweils zu Semesteranfang. Auf dieser Grundlage setzen die Studierenden zusammen mit den Dozierenden und den Praktikumslehrpersonen individuelle Schwerpunkte. Auf diese Weise wird berücksichtigt, dass die Studierenden über unterschiedliche Voraussetzungen verfügen: Während die einen praktisch keine oder wenig Unterrichtserfahrung haben, können andere auf mehrere Jahre Berufstätigkeit