Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung. Bernd Schmid

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Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung - Bernd Schmid

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Dilemmata: Ein bei Dienstleistungsunternehmen häufiges Beispiel kann darin bestehen, dass der Unternehmer im Vorfeld Leistungen verkauft oder verspricht, die von den Leistenden konkret nicht oder so nicht erbracht werden können. Wenn dann der Unternehmer nicht neu in Kontraktklärungen gehen möchte, aber auch keine Verantwortung für die Unmöglichkeit des Gelingens übernehmen will, kann dies dilemmahafte Züge annehmen (SCHMID/MESSMER 2004a). Insbesondere dann, wenn Prozesse schon so weit und kostenträchtig vorangeschritten sind, dass aufrichtige Klärung die bisherigen Mängel aufdecken würde. Man will sich »durchstrampeln«, anstatt loszulassen und die Fehlinvestitionen abzuschreiben. Als Folge werden die Verluste immer größer und die Energie im System ist zunehmend damit gebunden, sich Verantwortung (i.S.v. Haftung) nicht zuschreiben lassen zu müssen.

      • Taktische Verantwortungsvermeidung: Manchmal wird Verantwortungsunklarheit von Anfang an gefördert, um sich Hintertüren offen zu halten, anstatt frühzeitig einen Risiko- und Verantwortungsdialog auch bezüglich des Unabwägbaren zu führen. Angesichts der Undurchschaubarkeit von Prozessen kann auch von symbiotischem Verhalten gesprochen werden, wenn wir von anderen Sicherheit verlangen, wo keine gegeben ist, und wir gleichzeitig nicht entscheiden, was wir angesichts fehlender Sicherheit überhaupt verantworten können.

      Diese »pointierten« Bilder sollen niemandem böswilliges Fehlverhalten unterstellen. Symbiotische Verhaltensweisen sind angesichts wachsender, nicht bewältigter Komplexität nur allzu verständlich, aber eben schädlich und/oder entwicklungshemmend, weshalb einer Kultur des Verantwortungsdialoges eminente Bedeutung zukommt.

       2.2.3 Formen von symbiotischen Einladungen

      Wir unterscheiden vier Formen der Einladung zu dysfunktionalen Symbiosen. Es sind unterschiedliche Formen der Nicht-Übernahme einer Verantwortung, die alle die Wirkung haben, dass andere in unangemessene Verantwortungen gedrängt werden (siehe Abb. 6).

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      Abb. 6: Formen von symbiotischen Einladungen

       2.3 Der Verantwortungsdialog

      Angesichts der beschriebenen Zusammenhänge wird plausibel, dass Verantwortungsklärung einen komplexen Vorgang darstellt. Für die sorgfältige und wirksame Gestaltung der Verantwortungsbeziehungen in einem Verantwortungssystem ist ein Verantwortungsdialog erforderlich, welcher weniger als einzelner Akt, sondern als kontinuierlicher Prozess der Entwicklung einer Gesprächskultur rund um Verantwortung verstanden werden sollte.

      Wir unterscheiden zwei Ausgangspunkte für den Verantwortungsdialog (siehe dazu 2.3.3).

      • Präventive Pflege des Verantwortungssystems

      • Situative Korrektur von Verantwortungsstörungen durch Konfrontation

      2.3.1 Präventive Pflege des Verantwortungssystems

      Verantwortung zu übernehmen ist eigentlich ein natürliches Verhalten aller Menschen, unter der Voraussetzung, dass alles zusammenpasst. Wenn – wie in den aktuellen Veränderungsprozessen in Organisationen – gewohnte Ordnungen sich auflösen und sich neue herausbilden, ist es jedoch sinnvoll, davon auszugehen, dass Verantwortungen zunächst nicht mehr zueinander passen.

      Präventive Pflege bedeutet dann beispielsweise:

      • Schlüsselfiguren der Unternehmenskultur verpflichten sich und andere zu einem aktiven und engagierten Umgang mit Verantwortung bis hin zur Konfrontation. Fehler beim Lernen bezüglich Verantwortungskultur sind erlaubt. Lernen wird am besten durch vorbildhaftes Verhalten gefördert.

      • Entsprechende »Routinen« des Verantwortungsdialogs werden entwickelt und bei Veränderungen (Neueinstellungen, Prozessveränderungen, Beauftragungen etc.) aktiviert. Verantwortlichkeiten werden sorgfältig abgestimmt, sowohl bezogen auf die Schlüssigkeit des Verantwortungssystems in den vier Dimensionen als auch bezogen auf Komplementarität und Integrierbarkeit der Verantwortlichkeiten im Gesamtsystem.

      • Beispielhafte beraterische Interventionen können den Beteiligten helfen, die Verantwortungsdimension in Veränderungsprozessen zum Thema zu machen.

      • In Workshops können sich Einzelne mit ihrem Verständnis von Verantwortungskultur sowie Kompetenzen bezüglich des Verantwortungsdialogs auseinander setzen. Dem Erlernen von Kommunikationsfiguren des Verantwortungsdialogs sowie rollen- und kontextgemäßen Konfrontationen symbiotischer Verhaltensweisen kommt hier besondere Bedeutung zu.

      2.3.2 Korrektur von Verantwortungsstörungen durch Konfrontation

      Damit Verantwortungsstörungen und Symbiosen korrigiert werden können, müssen diese deutlich konfrontiert werden. Unter Konfrontation verstehen wir dabei keine Form des Kampfes, sondern ein von Interesse, Respekt und oft auch Mut getragenes Benennen von persönlichen Wahrnehmungen, um einen konstruktiven Umgang mit Unterschiedlichkeiten zu finden. Unterschiedliche Wirklichkeiten sollen einander gegenübergestellt und dabei wechselseitige Erwartungen und Verantwortungen herausgearbeitet werden, damit eine kraftvolle Gemeinschaft und ein effektives Zusammenspiel entstehen kann (siehe auch den Selbstcheck in 2.4.3).

       2.3.3 Einladungen in Verantwortung

      Einem Ansatz aus der Transaktionsanalyse folgend (SCHIFF u.a. 1975) können folgende Logiken im Umgang mit symbiotischen Einladungen beschrieben werden:

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      Abb. 7: Einladungen in Verantwortung

      2.4 Konfrontation von Verantwortungsstörungen

      2.4.1 Vorgesetzte gegenüber ihren Mitarbeitern

      Ein Vorgesetzter kann einen sich fehlanpassenden Mitarbeiter oft wirksam in verantwortliches Handeln einladen, indem er ihm eindeutige Anweisungen gibt und ihm klare Erwartungen mitteilt.

      Hindernisse:

      • Manchmal verweigern die Vorgesetzten selbst die angemessene Formulierung ihrer Erwartungen, weil solche fehlen (Qualifikation) oder sie glauben, ein autonomer und kompetenter Mitarbeiter müsse selbst wissen, was erwartet wird (Werteorientierung).

      • Oft ist in der Leitungsfunktion nicht genügend Kapazität für die Führungsarbeit vorgesehen (Ausstattung) oder sie kann ohne negative Konsequenzen vernachlässigt werden (Zuständigkeit).

      • Manchmal wird Klarheit vermieden, um für die Folgen der Anweisung nicht verantwortlich gemacht werden zu können.

      • Das Opfer von unguten Beziehungsmanövern kann durchaus auch der Vorgesetzte werden. Beispiele dafür: Der Mitarbeiter setzt die Anweisungen nur oberflächlich um, aber der Geist der Sache wird nicht bedient; der Mitarbeiter berücksichtigt Umstände, die das Vorhaben beeinträchtigen, nicht flexibel und informiert den Vorgesetzten nicht; der Mitarbeiter bestätigt sich und anderen, dass er Recht hatte, gegen eine Sache zu sein; er muss sich nicht eines Besseren belehren lassen.

      Die Kompetenz, solche Manöver bei sich selbst und anderen

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