Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung. Bernd Schmid

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Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung - Bernd Schmid

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erwachsene Organisation als sehr aufeinander bezogen erlebt mit der ihr eigenen Fähigkeit, auch ohne beraterische Unterstützung sorgfältige Passungsprozesse zu gestalten. Innerhalb von drei Jahren hat nur eine der 40 Führungskräfte die Organisation aus familiären Gründen verlassen (Umzug). Dadurch, dass in der intensiven Szenarioarbeit sowohl Erfolgs- als auch mögliche Crashszenarien vorweggenommen wurden, sind wesentliche Beziehungsthemen enttabuisiert und ansprechbar geworden. Für den Prozessleiter bedeutete der Neubesetzungsprozess eine enorme persönliche Ausbildung als Führungskraft und Regisseur.

       2. Auf dem Weg zu einer Verantwortungskultur

      Verantwortung in der Führungskraft-Mitarbeiter-Beziehung und – auf organisationaler Ebene, als Verantwortungskultur – spielen in Zeiten gesteigerter Komplexität und Unüberschaubarkeit eine zentrale Rolle. Oft wird »Verantwortung« im Unternehmen ganz einfach vorausgesetzt und daher nur zu selten bewusst reflektiert und gestaltet. Hierzu definieren wir zentrale Dimensionen und Prozesse von Verantwortung und beschreiben Ansatzpunkte zur Entwicklung einer Verantwortungskultur.

       2.1 Das Verantwortungssystem

      Die zunehmenden Anforderungen an die Ausrichtung und das Zusammenspiel von Prozessen erfordern heute eine wesentlich intensivere wechselseitige Abstimmung zwischen den handelnden Personen und der Organisation. Die Qualität dieses Zusammenwirkens kann dabei immer weniger allein strukturell durch Zuständigkeiten definiert werden, sondern muss situativ immer wieder neu hergestellt werden. Die dafür notwendigen Klärungen können Verantwortungsdialog genannt werden und finden in einem Verantwortungssystem statt.

       2.1.1 Dimensionen im Verantwortungssystem

      Wir unterscheiden vier Dimensionen eines Verantwortungssystems

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       Abb. 4: Vier Dimensionen eines Verantwortungssystems

      Im Kern von »Ver-Antwort-ung« steht der Begriff »Antwort«. Verantworten heißt, dass Personen bezogen auf ihre jeweiligen Funktionen

      • antworten wollen: Das ist eine Frage der Werteorientierung.

      Will jemand die mit einer Funktion verbundene Verantwortung wahrnehmen? Passt die Rolle und die damit verbundene Verantwortung zu seinem Wertempfinden, zu seinen zentralen Gestaltungsinteressen?

      • antworten können: Das ist eine Frage der Befähigung durch Qualifikation.

      Verfügt eine Person über passende Qualifikationen, um die erforderlichen Antworten geben zu können? Beherrscht sie die Funktion? Versteht sie den Kontext?

      • antworten dürfen: Dies ist eine Frage der Befähigung durch Ausstattung.

      Ist die Funktion mit für die erwarteten Antworten notwendigen Gestaltungsmitteln ausgestattet? Stehen den Verantwortlichen Befugnisse und erforderliche Ressourcen zur Verfügung? Sind sie durch Mächtige autorisiert und mit geeigneten Machtmitteln ausgestattet?

      • antworten müssen: Dies ist eine Frage der Zuständigkeit.

      Auf welche Fragen muss der Funktionsträger wem gegenüber Antwort geben? Sind ihm Antworten freigestellt? Bei welchen Mängeln wem gegenüber werden von wem Konsequenzen gezogen?

      Antworten wollen und können sind mit der Person verbunden. Identität und Kernkompetenzen der Personen spielen hierbei eine entscheidende Rolle.

      image 1. Passung von Person und Organisation

      image 1.2 Herausforderungen in Passungsprozessen

      Antworten dürfen und müssen beziehen sich hingegen eher auf die Organisation. Die Funktion als Teil der Konstruktion der Organisation (Kernprozesse, Rollen, Verantwortung) muss mit der erforderlichen Ausstattung verbunden sein, und die Organisation muss das Ausfüllen der Zuständigkeit auch einfordern (Führung).

      image 8.1.2.1 Hoheitsmacht

      Alle vier Verantwortungsdimensionen müssen aufeinander bezogen und abgestimmt werden.

      Mit der Darstellung der vier Dimensionen eines Verantwortungssystems und der Bedeutung der sorgfältigen Klärung und Abstimmung postulieren wir kein neues unrealistisches Idealbild. In Wirklichkeit werden wir es immer mit Situationen zu tun haben, in denen Verantwortung eines Funktionsträgers nicht in allen vier Dimensionen optimiert werden kann. So kann es durchaus möglich sein, dass jemandem ein Teil der erforderlichen Qualifikationen fehlt. Systemisch gesehen ist es nicht wichtig, dass alle Anforderungen 100-prozentig durch den Funktionsinhaber erfüllt werden, sondern dass in diesem Fall z.B. fehlende Qualifikationen anderswo im System aktiviert und sinnvoll im entsprechenden Verantwortungssystem integriert werden. Auch kann es vorkommen, dass ein Funktionsträger nicht mit der erforderlichen Autorisierung ausgestattet werden kann. Auch dann kann ein funktionierendes Verantwortungssystem gestaltet werden, indem der autorisierte Verantwortungsträger in relevante Prozesse eingebunden wird.

      image 1.2.2 Kooperationssystem im Passungsprozess

      2.1.2 Verantwortung als komplementäres, aufeinander bezogenes Gesamtsystem

      Die vorhergehenden Überlegungen machen deutlich, dass Verantwortung nicht nur bezogen auf die einzelnen Personen und ihre Funktionen betrachtet werden darf, sondern als komplementäres, aufeinander bezogenes Gesamtsystem verstanden und gestaltet werden muss. Nahtlose Prozesse erfordern ein System von sich ergänzenden und aufeinander bezogenen Verantwortungen (SCHMID/CASPARI 1997b).

      Wir unterscheiden deshalb zwischen einer

      • Verantwortung für... z.B. eine bestimmte Funktion mit entsprechenden Aufgaben und Leistungen. Diese Verantwortung impliziert auch formelle Zuständigkeiten, bei deren Vernachlässigung eine Person arbeitsrechtliche Probleme bekommen kann.

      • Verantwortung bezogen auf ... ein bestimmtes Zusammenwirken mit (internen und externen) »Kunden« und »Lieferanten« in den Wertschöpfungs- und Führungsprozessen. Die »Verantwortung bezogen auf« erfordert auch die Entwicklung und Pflege einer unternehmerischen Ethik und eine (Selbst-) Verpflichtung auf Komplementarität und Integrierbarkeit des eigenen Tuns.

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      Abb. 5: Komplementäre Verantwortung

       2.1.3 Ebenen von Verantwortung

      Im Weiteren ist es sinnvoll, folgende zwei Ebenen von Verantwortung zu unterscheiden:

      • Verantwortung bezüglich der Aufgaben: Ein Funktionsträger trägt Verantwortung für ein bestimmtes Set von Aufgaben, die es schlüssig wahrzunehmen

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