Geldsack. Martin Arz

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Geldsack - Martin Arz

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hielt Pfeffer die Zigaretten hin.

      »Nein. Tim verlässt mich endgültig, wenn ich schon wieder mit dem Rauchen anfange.«

      Gerda Pettenkofer lachte trocken. »Verstehe, Pantoffelheld. Sagt er das nicht jedes Mal? Haben wir dich heute früh am Sportprogramm gehindert, oder was?«

      »Nein.« Pfeffer schmunzelte. Er hatte sein tägliches Sportprogramm längst hinter sich gebracht, als der Anruf kam, dass mitten im Gärtnerplatzviertel Arbeit auf ihn warten würde. »Nichts gegen dich, werte Gerda, aber ich mag es einfach nicht, wenn jemand von meinem Glas oder Becher trinkt. Das müssen wir jetzt aber nicht weiter vertiefen, Hase.«

      »Geht mir ja eigentlich auch so.« Sie zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls beneide ich dich nicht um den Klienten von heute. Die Kundschaft hier wird sicher not amused darüber sein, dass ihr Palast schon wieder in die Negativschlagzeilen kommt.« Sie deutete zum Hochhaus hinauf, in dessen Glasfassade sich die Morgensonne brach.

      Max Pfeffer ließ seinen Blick schweifen. Rechts von ihm erhob sich der gläserne Wohnturm, zu dem der Garten gehörte, in dem sie standen. Geradeaus grenzten dreistöckige Neubauten daran und rechts versperrte ein grün gestrichener, hoher Bauzaun die Sicht zu der angrenzenden Baustelle. Hier wurden weitere Eigentumswohnungen hochgezogen. Hinter Pfeffer stand ein klotizges Bürogebäude, dessen Architekten offensichtlich Legofans gewesen sein mussten.

      »Kommt unser Klient denn aus dem Palast?«, fragte er.

      »Deine Assistenz ist schon im Anmarsch und kann dir das sicher beantworten.« Die Rechtsmedizinerin wies auf Hauptkommissarin Annabella Hemberger, die sich den beiden näherte. Sie trug einen weißen Ganzkörperoverall, wie alle hinter der Absperrung. In der Hand schwenkte sie einen durchsichtigen Plastikbeutel mit einer Geldbörse.

      »Morgen, Chef«, sagte Hauptkommissarin Hemberger fröhlich und strahlte über das ganze Gesicht. Ihr blonder Kurzhaarschnitt leuchtete in der Sonne.

      »Ich frage mich allerdings ernsthaft«, sagte Gerda Pettenkofer und musterte die Kriminalbeamtin mit zusammengekniffenen Augen, »ob deine Assistenz nicht ein schwerwiegendes Drogenproblem hat.«

      Das fröhliche Lächeln von Annabella Hemberger fror ein, während sie leicht verwirrt zwischen den beiden hin- und hersah.

      »Irgendwoher muss ja diese penetrante Fröhlichkeit kommen, Frau Scholz«, seufzte die Medizinerin erklärend.

      »Die Hormone«, erklärte Max Pfeffer. »Und die Frau Scholz heißt ja längst Hemberger. Wir waren auf der Hochzeit, Gerdahase. Alzheimer?«

      »Oh.« Gerda Pettenkofer begriff und begann ebenfalls zu strahlen. »Wieder schwanger? Na, Mensch, gratuliere, Bella. Glückwunsch!«

      »Danke«, antwortete die Hauptkommissarin selig grinsend. »Weiß es erst seit gestern. Wir freuen uns schon ganz narrisch …«

      »Mädels, bitte«, unterbrach Pfeffer. »Bleiben wir einen Moment noch beim Thema.«

      »Klar, Chef.« Bella Hemberger hielt ihm den Plastikbeutel hin. »Er trug sein Portemonnaie mit sich. Es scheint nichts zu fehlen. Zumindest sind ungefähr dreihundert Euro in bar drin, diverse Kreditkarten und sogar sein Personalausweis. Unser Toter ist ein gewisser Guido Zumboldt, einundvierzig Jahre alt. Wohnte hier im Haus. Dann haben wir hier noch einen Autoschlüssel, sein Smartphone und eine Abholbenachrichtigung vom Zoll.«

      »Und wie ist er gestorben?«

      »Jemand hat ihm mit Gewalt einen riesengroßen Diamanten in den Kopf gerammt«, sagte Gerda Pettenkofer lakonisch und nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette.

      »Einen Diamanten?«, fragte Pfeffer ungläubig.

      »Na ja, so was ähnliches. Es ist ein großes geschliffenes Ding, das ihm im Schädel steckt. Richtig in den Hinterkopf hineingedrückt. Könnte ein Kristall sein oder auch einfach Glas. Wenn ich ihn bei mir auf dem Seziertisch habe, hol ich das Ding raus und lass es dir zukommen. So wie er aussieht, ist er noch nicht sehr lange tot. Tatzeit so zwischen fünf Uhr dreißig und sechs Uhr dreißig. Ihm fehlen außerdem zwei Finger der linken Hand.«

      »Die hat ihm der Gärtner beim Rasentrimmen abgeschnitten«, ergänzte die Hauptkommissarin. Sie deutete zu dem Kollegen von der Spurensicherung, der eben den Rasentrimmer in eine Plastiktüte packte. »So hat er überhaupt die Leiche gefunden, der Gärtner. Die Hand des Toten hat wohl ein wenig aus der Hecke geragt und der Rasentrimmer … zack … Heißt Lorenz Stockmair. Steht da drüben.« Sie deutete auf den Gärtner, der etwas abseits mit gesenktem Kopf auf einem niedrigen Mäuerchen saß. Neben ihm stand breitbeinig ein bulliger Glatzkopf in schwarzem Anzug und mit Knopf im Ohr, der hektisch an seiner Zigarette zog.

      »Morgen, Chef.« Kommissar Erdal Yusufoglu gesellte sich zur Gruppe. »Wird wohl kein allzu schwieriger Fall werden«, sagte er voller Elan.

      »Und warum?«, fragte Pfeffer.

      Yusufoglu deutete auf den Kellereingang und dann auf die Hausecken. »Kameraüberwacht. Überall Kameras. Kein Wunder bei dem Bau hier, oder? Wir müssen nur die Bilder auswerten. Glück im Unglück.«

      »Das Glück ist ein flüchtiges Reh«, sagte Pfeffer.

      »Du liest Kalendersprüche, Maxl?«, fragte Gerda Pettenkofer sarkastisch.

      »Nein, ich zitiere sie nur.« Alle lachten.

      »Okay, Erdal, du kümmerst dich gleich mal um das Sicherheitssystem hier im Haus. Schau, dass du die zuständigen Leute zackig herbekommst. Bella, du hakst mal nach, warum immer noch kein Staatsanwalt hier vor Ort ist, und ich widme mich mal unserem Gärtner.«

      »Was ist denn da unten so spannend?«, rief Douglas von Nolting vom Badezimmer aus seiner Frau zu.

      »Hmmm, keine Ahnung.« Bibi von Nolting lehnte an der Glasscheibe und verrenkte den Kopf, um besser hinunter in den Garten sehen zu können. »Viel Polizei. Sie scheinen irgendwas im Garten zu suchen.« Sie nippte von ihrem frischen Sellerie-Karotten-Ingwer-Smoothie, den sie sich gemacht hatte. Sie hatte Durst. Trinken war wichtig, hatte ihr ihre Ernährungsberaterin eingebläut. Gerade wenn sie wieder einmal Kreislaufprobleme bekommen sollte. So wie heute Morgen. Bibi betrachtete ihre linke Hand. Wie schön schlank und zart sie war. Sie mochte ihre Hände. Sie schrak mit einem Kiekser zusammen, als ihr Mann sie kurz an der Schulter berührte. Sie hatte ihn nicht kommen hören.

      Douglas von Nolting rubbelte sich mit einem Handtuch die Haare trocken. Ein weiteres Handtuch hatte er sich um die Hüfte geschlungen. Sein schwabbeliger Männerbusen wackelte mit jeder Rubbelbewegung. Bibi mochte ihren Mann. Irgendwie. Aber sie mochte seinen Schwabbelkörper nicht. Einer der Gründe, warum zwischen ihnen schon seit Langem nichts mehr lief. Douglas presste kurz sein Gesicht gegen die Scheibe und schaute hinunter.

      »Nicht, Schatz«, tadelte Bibi ihren Mann. »Danuta kommt erst morgen zum Fensterputzen!«

      »Dann putz du halt mal«, knurrte er. Er nahm seiner Frau das Glas aus der Hand und roch daran. Er schleuderte es quer durch den Raum, es zerschellte an der Kücheninsel. Orange-grünliche Spritzer verteilten sich im Umkreis.

      »Nicht!«, rief Bibi. »Der Warhol! Wenn du den jetzt versaut hast!«

      »Der Warhol! Scheiß auf den Warhol. Glaubst du, ich merke das nicht«, giftete er seine Frau an. Ihr Unterkiefer bebte. »Fang bloß nicht wieder zu heulen an! Es ist noch nicht mal acht Uhr und Madame knallt sich Wodka in die Gemüsebrühe.«

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