Reise um den Mond. Jules Verne

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Reise um den Mond - Jules Verne

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abzeichnet, als dies bei der Mondscheibe der Fall ist, weil die Intensität des Scheines im Verhältnis zur Leuchtkraft der beiden Gestirne steht. Des Weiteren ist anzumerken, dass die krumme Linie der Erdsichel viel weiter abgezeichnet zu sein scheint als beim Mond, was lediglich auf die Wirkung der Strahlung zurückzuführen ist.

      Während die Reisenden das dichte Dunkel des Raums zu durchdringen suchten, entfaltete sich vor ihren Blicken ein funkelnder Strauß von Sternschnuppen. Hunderte von Boliden, die beim Eintritt in die Atmosphäre verglühten, durchzogen das Dunkel mit Lichtstreifen und beleuchteten den aschfarbenen Teil des Mondes mit feurigem Schimmer. Die Erde befand sich damals in ihrer Sonnennähe und im Dezember ist die Erscheinung der Sternschnuppen so gut zu beobachten, dass die Astronomen deren 24.000 während einer Stunde zählten. Aber Michel Ardan, der wissenschaftliche Beurteilungen für gering erachtete, gab lieber dem Glauben Raum, dass die Erde mit ihren glänzendsten Kunstfeuern die Abfahrt ihrer drei Kinder feiere.

      Kurz: Dies war alles, was sie von dem im Dunkeln verschwundenen Erdball sahen, als einem untergeordneten Stern in der Sonnenwelt, der den großen Planeten wie ein bloßer Morgen- oder Abendstern unter- oder aufgeht: ein nicht mehr zu erkennender Punkt im Raum. Die Erdkugel war nur noch eine verschwindende Sichel, auf der sie alles, was ihnen lieb und teuer war, zurückgelassen hatten.

      Die drei Freunde schauten einander noch lange sprachlos, aber im Herzen einig, an, während sich das Projektil in unverändert abnehmender Geschwindigkeit entfernte. Hierauf befiel die drei Freunde ein unbedingtes Schlafbedürfnis. Sowohl aufgrund der Erschöpfung des Körpers und des Geistes, als auch aufgrund der Überreizung durch die in den letzten Stunden auf der Erde verbrachten Stunden, musste unvermeidlich eine Reaktion erfolgen.

      »Nun«, sagte Michel, »da man doch schlafen muss, so wollen wir schlafen.«

      Und auf ihre Polster ausgestreckt versanken die drei bald in einen tiefen Schlaf. Aber sie waren noch nicht eine Viertelstunde eingeschlummert, als sich Barbicane plötzlich aufrichtete und mit laut tönender Stimme seinen Gefährten zurief:

      »Gefunden!«

      »Was hast du gefunden?«, fragte Michel Ardan von seinem Lager aufspringend.

      »Den Grund, weshalb wir den Knall der Kanone nicht gehört haben!«

      »Und der ist... ?«, fragte Nicholl.

      »Weil unser Projektil schneller als der Schall des Tones war!«

      DRITTES KAPITEL Man richtet sich ein

      N

      ach dieser merkwürdigen, aber gewiss richtigen Erklärung versanken die drei Freunde wieder in tiefen Schlummer. Wo hätten sie auch einen stilleren Ort, eine friedlichere Umgebung finden können? Auf der Erde haben die Häuser in den Städten, die Hütten auf dem Lande alle Erschütterungen zu erdulden, welche die Oberfläche derselben treffen. Auf dem Meere hat das von den Wogen umher geschaukelte Schiff Wellenbrecher um Wellenbrecher standzuhalten. In der Luft schwankt der Ballon unablässig in den Luftschichten. Nur dieses Projektil im absolut leeren Raum gewährte seinen Bewohnern in absoluter Stille die absolute Ruhe. Daher würde auch der Schlaf der drei waghalsigen Reisenden vielleicht unendlich lange angedauert haben, wenn sie nicht gegen sieben Uhr am 2. Dezember, also acht Stunden nach ihrer Abfahrt, durch ein unerwartetes Geräusch geweckt worden wären. Ein ganz eigentümliches Bellen ließ sich vernehmen.

      »Die Hunde! Das sind unsere Hunde!«, rief Michel Ardan und sprang unverzüglich auf.

      »Sie haben Hunger«, sagte Nicholl.

      »Wahrhaftig! Wir haben sie vergessen!«, versetzte Michel.

      »Wo sind sie?«, fragte Barbicane.

      Man suchte und fand eines der Tiere unter dem Diwan kauernd. Verstört und von dem Rückstoß zermartert war es bis zu diesem Moment, als ihm mit der Pein des Hungers die Stimme wiederkehrte, in diesem Winkel geblieben. Es war die liebenswürdige Diana. Noch ziemlich verdutzt kroch sie – nicht ohne sich bitten zu lassen – aus ihrem Winkel hervor. Doch Michel Ardan sprach mit zärtlichen Worten zu ihr.

      »Komm, Diana!«, sagte er. »Komm, mein Kind! Dein Geschick wird in den Annalen der Hundezüchtung Epoche machen! Die Heiden hätten dich dem Gott Anubis zur Lebensgefährtin gegeben und die Christen dem heiligen Rochus zur Freundin! Du verdienst vom König der Unterwelt in Erz gegossen zu werden, wie jener, den Jupiter der schönen Europa für einen Kuss hingab. Du wirst berühmter werden als die Helden zu Montargis und auf dem St. Bernhard! In die Weltenräume geschleudert wirst du vielleicht zur Stammmutter der Selenitenhunde! Dort oben wirst du vielleicht Toussenels Ausspruch rechtfertigen: ›Im Anfang schuf Gott den Menschen, und da er ihn so schwach sah, gab er ihm zum Gefährten den Hund!‹ Komm, Diana, komm her!«

      Diana, geschmeichelt oder auch nicht, kam langsam herbei und jammerte kläglich.

      »Gut!«, sagte Barbicane. »Hier ist Eva, aber wo ist Adam?«

      »Adam!«, erwiderte Michel. »Adam kann nicht weit sein! Irgendwo ist er! Man muss rufen! Trabant! Hier! Trabant!«

      Aber Trabant kam nicht zum Vorschein. Diana jammerte weiter. Man überzeugte sich jedoch, dass sie nicht verwundet war, und gab ihr zur Beruhigung einen leckeren Brocken. Trabant schien gar nicht mehr vorhanden zu sein. Man musste lange suchen, bis man ihn endlich in einem der oberen Fächer des Projektils fand, wohin ihn der Rückstoß in kaum zu erklärender Weise mit Gewalt geschleudert hatte. Das arme Tier war arg beschädigt. Es befand sich in einem jämmerlichen Zustand. Man hob es behutsam herunter. Es hatte sich an der Decke den Kopf angeschlagen und schien schwerlich durchzukommen. Man ließ es sich bequem auf einem Kissen ausstrecken. Da ließ es einen Seufzer hören.

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      »Wir pflegen dich«, sagte Michel. »Wir sind für dein Leben verantwortlich. Ich würde lieber einen Arm verlieren als eine Pfote meines armen Trabanten!« Mit diesen Worten reichte er dem Patienten einige Schluck Wasser, welches dieser gierig schlürfte.

      Hierauf beobachteten die Reisenden aufmerksam die Erde und den Mond. Die Erde zeigte sich nur noch als düster beleuchtete Scheibe mit einer noch schmaleren Sichel am Rande als abends zuvor; doch war ihre Größe im Vergleich mit der des Mondes, der mehr und mehr in vollständiger Kreisform auftauchte, noch enorm.

      »Wahrhaftig!«, sagte Michel Ardan. »Es tut mir ernsthaft Leid, dass wir nicht abreisten, als die Erde in vollem Licht war, d.h., als sie in Opposition zur Sonne stand.«

      »Weshalb?«, fragte Nicholl.

      »Weil wir unser Festland und die Meere in einer anderen Beleuchtung gesehen hätten. Die Erde im Glanz der darauf fallenden Sonnenstrahlen, die Meere in düsterer, so wie man sie auf manchen Landkarten darstellt! Ich hätte gerne die Erdpole gesehen, die den Blicken der Menschen bislang noch verborgen geblieben sind!«

      »Allerdings«, erwiderte Barbicane. »Allein, wenn die Erde in vollem Licht erschien, musste es Neumond sein, d.h., der Mond war durch die Sonnenbestrahlung nicht sichtbar. Nun ist es aber doch besser das Ziel, wohin wir gelangen wollen, ins Auge zu fassen, als den Punkt, von dem aus wir unsere Reise begannen.«

      »Sie haben Recht, Barbicane!«, erwiderte Kapitän Nicholl. »Wenn wir auf dem Mond angekommen sind, werden wir in den langen Mondnächten im Übrigen noch Zeit genug haben, die Erde, auf der es von unseresgleichen nur so wimmelt, andächtig zu beschauen!«

      »Unseresgleichen!«,

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